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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Unterhaltung, Idee oder Verhandlung im Wohnzimmer vor sich gehen mochte, immer zu gleicher Zeit eine ähnliche über den gleichen Gegenstand in der Küche Statt fand.
    Um dies zu ermöglichen wurde, wenn eine außerordentliche Botschaft oder ein Brief im Wohnzimmer abgegeben, – oder ein Gespräch auf so lange unterbrochen wurde, bis der Diener das Zimmer verlassen hatte, – oder man eine Wolke der Unzufriedenheit auf der Stirne meines Vaters oder meiner Mutter hängen sah; – kurz, wenn man glaubte, dass irgend etwas los sei, das zu erfahren oder zu erlauschen verlohnte; – wurde die Türe alle Mal nicht fest geschlossen, sondern eine kleine Spalte gelassen – wie dies eben jetzt der Fall ist; – was man unter dem Vorwand der knarrenden Türangel (und dies war vielleicht einer der vielen Gründe, warum diese nie gemacht wurde) unschwer bewirken konnte. Hierdurch wurde in all jenen Fällen ein Durchgang belassen, nicht gerade so groß wie der der Dardanellen, aber doch weit genug, um diesen Nebenhandel so fortzuführen, dass mein Vater der Mühe überhoben wurde, sein Haus selbst zu regieren. Meine Mutter benutzte in diesem Augenblick die Gelegenheit. Obadiah hatte dasselbe getan, sobald er den Brief, der die Nachricht vom Tode meines Bruders enthielt, auf den Tisch gelegt hatte, so dass, ehe noch mein Vater seine Bestürzung überwunden und seine Rede begonnen hatte, – Trim sich bereits auf die Beine gemacht hatte, um seine Gefühle über den Gegenstand auszusprechen.
    Ein eifriger Beobachter der Natur würde, wenn er das ganze Vermögen Hiob's besessen hätte – (obschon die sogenannten eifrigen Beobachter selten einen Groschen besitzen) – gewiss gerne die Hälfte darum gegeben haben, wenn er zwei durch Natur und Erziehung einander so entgegengesetzte Redner, wie Korporal Trim und mein Vater waren, an dem gleichen Sarg hätte reden hören können.
    Mein Vater, – ein Mann von großer Belesenheit, – schlagfertigem Gedächtnis, – der an jedem Finger einen Cato, einen Seneca, einen Epictet hatte –
    Und der Korporal, – der nichts in seinem Gedächtnisse hatte – dessen einzige Lektüre in seiner Musterrolle bestand – und der keine grösseren Namen als eben die der Musterrolle an den Fingern hatte –
    Der Eine, durch Gleichnis und Anspielung von Periode zu Periode vorschreitend und dabei (wie Männer von Geist und Phantasie tun) die Einbildungskraft seiner Zuhörer durch seine Gemälde und Bilder unterhaltend und vergnügend –
    Der Andere ohne Witz oder Antithese, ohne Pointe oder Abschweifung nach rechts oder links; sondern die Bilder auf der einen, die Gemälde auf der anderen Seite lassend, gerade auf das Herz lossteuernd, wie ihn eben die Natur leitete – O Trim! ich wollte du hättest einen besseren Biographen gefunden! – Ich wollte dein Biograph besäße ein Paar bessere Hosen! – O ihr Kritiker, kann euch denn gar nichts rühren!
     
    125. Kapitel
    Der junge Herr in London ist gestorben, sagte Obadiah.
    Der erste Gedanke, den Obadiah's Ausruf in Susanna's Kopf hervorrief, war ein schon zwei Mal gewalkter grünseidener Schlafrock meiner Mutter. – Locke dürfte wohl ein Kapitel über die Zuvorkommenheiten der Sprache schreiben. – Dann müssen wir Alle trauern, sagte Susanna. – Aber wohl gemerkt, obschon Susanna selbst das Wort »trauern« aussprach, – verfehlte es doch vollständig seine Bedeutung, es vermochte keine grau oder schwarz gefärbte Idee in ihr zu erwecken: – Alles war grün. – Der grünseidene Schlafrock hing noch immer da.
    O das ist der Tod meiner armen Herrin, rief Susanna. – Jetzt ging die ganze Garderobe meiner Mutter vorüber. Welch' ein Reichtum! Da kam ihr rotes Damastkleid, – ihr schwarzgelbes, ihr weiß- und gelbgestreiftes, – ihr braunes Taffetkleid, – ihre geklöppelten Spitzen, ihr Nachtzeug, ihre bequemen Unterröcke. – Nicht ein Fetzen blieb zurück. – Nein, nein! rief Susanna, sie wird nie wieder vom Boden aufsehen!
    Wir hatten eine dicke närrische Spülmagd; – ich glaube, mein Vater hielt sie nur, weil sie so dumm war; – sie hatte das ganze Spätjahr hindurch an der Wassersucht gelitten. – Er ist tot, sprach Obadiah – er ist wahrhaftig tot! – Ich nicht, sagte die alberne Spülmagd.
    Traurige Neuigkeiten, Trim! rief Susanna und wischte sich die Augen, als Trim in die Küche trat; – Master Bobby ist gestorben und »begraben«! – Das Leichenbegängnis war eine Erfindung von Susanna; – wir werden jetzt Alle trauern

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