Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
müssen, sagte Susanna.
    Ich will nicht hoffen, sagte Trim. – Sie wollen nicht hoffen? rief Susanna alles Ernstes. – Das Trauern wollte Trim nicht so leicht in den Kopf wie Susanna. – Ich hoffe, sprach Trim in erklärender Weise, ich hoffe zu Gott, dass die Nachricht nicht richtig ist. – Ich hörte den Brief mit eigenen Ohren vorlesen, erwiderte Obadiah, jetzt werden wir eine Höllenarbeit mit dem Ausstocken des Ochsenmoors bekommen. – O er ist tot, sagte Susanna. – So wahr ich lebe, rief die Spülmagd. – Ich beklage ihn von ganzem Herzen, von ganzer Seele, sagte Trim und stieß einen Seufzer aus, der arme Mensch! – Der arme Junge! – Der arme Herr! Letzte Pfingsten hat er noch gelebt! sagte der Kutscher. – Um Pfingsten! Ach! rief Trim, streckte den rechten Arm aus und nahm sofort dieselbe Stellung an, in der er die Rede vorgelesen hatte, – was ist Pfingsten, Jonatan (so hieß der Kutscher), oder Fastnacht oder irgend eine Zeit dagegen? Stehen wir jetzt nicht hier? fuhr der Korporal fort und stieß das Ende seines Stockes senkrecht auf den Boden, um einen Begriff von Gesundheit und Festigkeit zu geben, – und sind wir nicht (dabei ließ er seinen Hut auf den Boden fallen) dahin, in einem Nu! – Das war wirklich ungemein schlagend! – Susanna brach in einen Strom von Tränen aus. – Wir sind ja nicht von Holz noch von Stein. – Auch Jonatan, Obadiah und das Küchenmädchen zerflossen. – Selbst die alberne dicke Spülmagd, die eben einen Fischkessel auf den Knien reinigte, war ergriffen. – Das ganze Küchenpersonal drängte sich um den Korporal.
    Da ich nun ganz klar einsehe, dass die Erhaltung unserer Verfassung in Kirche und Staat, – vielleicht sogar die Erhaltung der ganzen Welt, – oder was das Gleiche ist, die richtige Verteilung und Ausgleichung ihres Besitztums und ihrer Macht künftig in hohem Grade von dem richtigen Verständnis dieses Kunstgriffs des Korporals abhängt, – so bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit: – Sie sollen dafür zehn Seiten lang, die Sie aus jedem andern Teil des Werks entnehmen können, süß schlafen dürfen.
    Ich sagte: Wir sind nicht von Holz noch von Stein; – sehr gut. Ich hätte hinzufügen können, wir sind auch keine Engel, – ich wollte, wir wären welche – vielmehr Menschen mit Körpern und von unserer Einbildungskraft beherrscht, – und dass ein gewaltiges Stück heimlicher Schmauserei zwischen dieser und unsern sieben Sinnen, besonders einigen derselben besteht, muss ich zu meiner Schande gestehen. Hier will ich nur anführen, dass von allen Sinnen das Auge (vom Tastsinn leugne ich es entschieden, so sehr die meisten unserer Barbati dafür sind, wie ich wohl weiß) im schnellsten Verkehr mit der Seele steht, – auf die Phantasie einen schärferen Schlag führt – und dort einen unaussprechlicheren Eindruck hinterlässt, als Worte tun – oder bisweilen loswerden können.
    Ich habe etwas abgeschweift; – das tut nichts, es ist gesund – wir kehren nun wieder zu Trims Hut und dessen Sterblichkeit zurück. – Stehen wir jetzt nicht hier, – und im Nu sind wir dahin! – An dem Satz selbst war eigentlich nichts; es war eine jener Binsenwahrheiten, die wir alle Tage hören; und wenn sich Trim nicht mehr auf seinen Hut als auf seinen Kopf verlassen hätte, – so hätte er nichts daraus machen können.
    Stehen wir jetzt nicht hier, fuhr der Korporal fort, und sind wir nicht – hier ließ er seinen Hut schwer zur Erde fallen und machte eine kleine Pause ehe er weiter sprach, – dahin, in einem Nu? – Der Hut fiel so dumpf, als ob in den Kopf desselben ein großes Stück Lehm eingedrückt gewesen wäre. – Nichts vermochte die Idee der Sterblichkeit, deren Typus und Vorläufer er war, energischer auszudrücken; – die Hand schien unter ihm nur so wegzugleiten, – er fiel wie tot; – das Auge des Korporals starrte ihm nach, als ob's ein Leichnam wäre; – und Susanna brach in einen Strom von Tränen aus.
    Nun gibt es aber 10,000, und 10,000 Mal 10,000 Wege (denn Stoff und Bewegung sind unendlich) wie man einen Hut auf den Boden fallen lassen kann, ohne irgend eine Wirkung zu machen. Er konnte ihn in jeder menschenmöglichen – oder der möglichst besten Richtung schleudern, werfen, fliegen, fahren. hingleiten und fallen lassen; – er konnte ihn plumpsen lassen wie eine Gans, – wie einen jungen Hund – wie einen Esel; – oder er selbst konnte beim oder nach dem Fallen wie ein Dummkopf aussehen, – wie ein Pinsel – wie ein

Weitere Kostenlose Bücher