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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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erzählen hören; – und der Andere ließ kaum einen Tag vorübergehen, ohne eine Anspielung darauf zu machen.
    Um Gottes willen, pflegte dann mein Onkel Toby zu rufen, – und um meinetwillen, und um unsrer Aller willen, lieber Bruder Shandy – so lass doch diese Geschichte von unserer Tante bei ihrer Asche ruhen. – Wie kannst du – wie kannst du nur so wenig Gefühl und Rücksicht für den guten Namen unserer Familie haben? – Was ist der gute Name einer Familie gegen eine Hypothese? pflegte mein Vater zu erwidern. – Ja, wenn du damit kommst – was ist das Leben einer Familie? – Das Leben einer Familie! – sagte dann mein Onkel Toby, warf sich in seinen Lehnstuhl zurück und erhob seine Hände, seine Augen und ein Bein gen Himmel. – Ja das Leben, fuhr dann mein Vater fort und hielt seinen Satz aufrecht.
    Wie viel tausend Leben werden alljährlich für eine Hypothese weggeworfen (wenigstens in allen zivilisierten Ländern) – und als gewöhnliche Luft betrachtet. – Nach meiner einfachen Beurteilung der Dinge, erwiderte dann mein Onkel Toby – ist jeder Fall der Art reiner Mord, begehe ihn wer will. – Da irrst du dich, pflegte mein Vater zu erwidern; – denn in Foro Scientiae gibt es keinen Mord – sondern nur Todschlag, Bruder.
    Mein Onkel Toby pflegte diesem Ausspruch keinen andern Beweisgrund entgegen zu stellen, als dass er ein halb Dutzend Takte des Lillabullero pfiff. – Dies war nämlich der gewöhnliche Kanal, in welchem sich seine Leidenschaften Luft machten, wenn ihn irgend etwas alterierte oder in Staunen setzte; besonders aber wenn Etwas behauptet wurde, was er für höchst abgeschmackt hielt.
    Da nicht Einer unserer Schriftsteller über Logik, nicht Einer der Kommentatoren derselben, so weit ich weiß, es für angezeigt gehalten hat, dieser besonderen Beweisart einen Namen zu geben – so nehme ich mir hier die Freiheit es selbst zu tun, und zwar aus zwei Gründen; erstens damit derselbe, um alle Verwirrung bei Wortgefechten zu vermeiden, ein für alle Mal von jeder anderen Beweisart so vollständig geschieden dastehe – wie das Argumentum ad Verekundiam, ex Absurdo, ex Fortiori, oder irgend ein anderes Argument; – und zweitens, damit wenn mein Haupt zur Ruhe gelegt ist, meine Kindeskinder sagen können, der Kopf ihres gelehrten Großvaters habe sich mit ebensoviel wichtigen Dingen beschäftigt als der anderer Leute; – er habe einen Namen erfunden, – und ihn in edelmütiger Weise dem Schatz der Ars Logika überlassen, als einer der unwiderleglichsten Beweise der ganzen Wissenschaft; und wenn der Zweck eines Wortstreits eher darin besteht, den Gegner zum Schweigen zu bringen als ihn zu überzeugen – so können sie wenn sie wollen, noch hinzufügen – zugleich als einen der besten Beweise.
    Ich verordne und befehle daher hiermit aufs bündigste, dass dieser Beweis künftig unter dem Namen und Titel Argumentum Fistulatorium und unter keinem andern bekannt und bezeichnet sein solle; – dass er auf gleicher Rangstufe mit dem Argumentum Baculinum und dem Argumentum ad Crumenam stehen und künftig hin für ewige Zeiten in dem gleichen Kapitel abgehandelt werden solle.
    Was das Argumentum Tripodium betrifft, welches nur von der Frau gegen den Mann benützt wird; – sowie das Argumentum ad Rem, welches im Gegenteil nur von dem Mann gegen die Frau zur Anwendung kommt; – so sollen, da diese zwei wahrlich für eine Vorlesung genug sind – und da überdies der eine dieser Beweise, die beste Antwort auf den andern ist – sie gleichfalls abgesondert und in einem besonderen Placit abgehandelt werden.
     
    22. Kapitel
    Der gelehrte Bischof Hall, ich meine den berühmten Dr. Joseph Hall, der unter der Regierung des Königs Jacob I. Bischof von Exeter war, sagt uns in einer seiner Dekaden, am Schluss seiner Göttlichen Kunst der Betrachtung, die in London im Jahre 1610 bei John Beal in der Aldersgatestraße gedruckt wurde: »dass es etwas ganz Nichtswürdiges von einem Mann sei, wenn er sich selbst lobe« – und ich bin in der Tat der Ansicht, dass es so ist.
    Und doch wenn andererseits Etwas auf eine meisterhafte Art durchgeführt worden ist, und wahrscheinlich sonst nicht ans Licht gekommen wäre; – so halte ich es für ebenso nichtswürdig, wenn ein Mann die Ehre dieser Tat verlieren und aus der Welt gehen sollte, mit dem Gedanken, dass es in seinem Kopfe verfaulen solle.
    In dieser Lage bin ich nun gerade.
    Denn in dieser langen Abschweifung, zu der ich ganz zufällig

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