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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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alle anderen herabsieht, die weniger Frömmigkeit heucheln – wenn sie vielleicht auch zehn Mal rechtschaffener sind als er.
    Auch dies ist ein schweres Übel unter der Sonne, und ich glaube, es gibt kaum einen missverstandeneren Glaubenssatz, der zu seiner Zeit mehr Unheil angerichtet hat. Als allgemeinen Beweis hierfür prüfen wir einmal die Geschichte der römisch-katholischen Kirche; – (Nun, was wollen Sie denn da herausbringen? rief Dr. Slop) – betrachten wir all die Szenen der Grausamkeit, des Mords, der Gewalttat, des Blutvergießens – (Daran war nur die eigene Halsstarrigkeit der Leute Schuld! schrie Dr. Slop) – welche durch eine Religion, die sich nicht streng in den Grenzen der Sittlichkeit hielt, geheiligt wurden.
    In wie vielen Reichen dieser Welt – (Hiebei fuhr Trim mit der rechten Hand von dem Blatt hinaus soweit er den Arm strecken konnte und wieder herein, und machte so fort bis zum Schluss des Paragraphen.)
    In wie vielen Reichen dieser Welt hat das abenteuernde Schwert der Kreuzfahrer, dieser missleiteten fahrenden Heiligen weder Alter noch Verdienst, weder Geschlecht noch Stand verschont? und da sie unter der Fahne einer Religion fochten, die sie von Recht und Menschlichkeit dispensierte, zeigten sie auch keine; unbarmherzig traten sie auf beiden herum, hörten weder auf das Geschrei der Unglücklichen noch fühlten sie Mitleid mit ihrem Elend.
    (Ich war in mancher Schlacht, Euer Gnaden, sagte Trim mit einem schweren Seufzer, aber niemals in einer so traurigen: – ich hätte keinen Schuss gegen solche arme Teufel tun können, – und wenn man mich dafür zum General gemacht hätte. – Was verstehen Sie von der Sache? fragte Dr. Slop und blickte Trim mit etwas mehr Verachtung an, als das ehrliche Herz des Korporals verdiente. – Was wissen Sie von der Schlacht, Freund, von der Sie da reden? – Ich weiß, erwiderte Trim, dass ich niemals einem Mann den Pardon verweigerte, der darum bat: – ehe ich aber auf ein Weib oder Kind anlegte, fuhr Trim fort, wollte ich doch lieber mein Leben tausend Mal verlieren. – Da hast du eine Krone, Trim, vertrinke sie heute Abend mit Obadiah, sagte mein Onkel Toby, ich will dem Obadiah auch eine geben. – Gott segne Euer Gnaden, sagte Trim, ich wollte lieber, die armen Weiber und Kinder hätten das Geld. – Du bist ein braver Bursche, sagte mein Onkel Toby. – Mein Vater nickte mit dem Kopf, als wollte er sagen: – Das ist er auch! –
    Aber Trim, sagte mein Vater, mache dass du jetzt fertig wirst, – ich sehe, du hast noch eine oder zwei Seiten.
    Korporal Trim las weiter:)
    Wenn das Zeugnis vergangener Jahrhunderte in dieser Sache nicht genügt, – so darf man ja nur hinsehen. wie die Anhänger dieser Religion täglich Gott durch Handlungen zu dienen und zu ehren wähnen, welche für sie selbst eine Schande und ein Schimpf sind.
    Um uns hiervon zu überzeugen, treten wir einen Augenblick in die Kerker der Inquisition (Gott steh meinem armen Bruder Tom bei!). Hier sitzt die Religion mit der Barmherzigkeit und dem Recht in Ketten zu ihren Füßen auf einem schwarzen Richterstuhl, der auf Folter- und Marterwerkzeugen ruht. – Horch! – Horch dieses jämmerliche Stöhnen! – (Hier wurde Trims Gesicht aschgrau) – Seht hier den Unglückseligen, der den Schrei ausgestoßen hat (Tränen begannen ihm die Wange herabzuträufeln) – eben hat man ihn herangeschleppt, damit er die Nöten eines Scheinverhörs durchmache und all die Qualen leide, die ein wohl durchdachtes System der Grausamkeit ersonnen hat – (der Teufel hole sie Alle, rief Trim, der jetzt wieder blutrot im Gesicht wurde) – Seht nun, wie das hilflose Opfer seinen Peinigern überliefert wird – seht diesen von Kummer und Kerkerhaft verwüsteten Leib (O das ist mein Bruder, rief der arme Trim in höchster Leidenschaft, ließ die Predigt fallen und schlug die Hände zusammen – ja so geht's dem armen Tom! – Das Herz meines Vaters und meines Onkels Toby empfanden das grösste Mitleid mit dem Schmerz des armen Menschen, Slop selbst zeigte einige Teilnahme. – Aber Trim, sagte mein Vater, das ist ja keine Geschichte – du liesest ja nur eine Predigt; komm, fang den Satz noch einmal an.) Seht nun wie das hilflose Opfer seinen Peinigern überliefert wird, seht diesen von Kummer und Kerkerhaft verwüsteten Leib, wie jeder Nerv, jede Muskel bebt.
    Seht, wie sich jetzt jene schreckliche Maschine bewegt (Lieber wollte ich in die Mündung einer Kanone schauen, sagte Trim stampfend)

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