Lauschangriff - Im Visier der Feinde: Thriller (German Edition)
Und er wusste, wo immer Ibrahim und Yousaf waren, würde es auch Wachen geben. Vor allem aber wusste er, worauf es unter solchen Umständen ankam: Tempo und Überraschung, dazu vielleicht noch Einschüchterung. So erreichte man als Navy-SEAL sein Ziel.
Mack mied den Fußpfad und hielt nach einigen Felsen oberhalb der Häuser Ausschau, die er schon sechs Jahre zuvor als Deckung benutzt hatte. Als er jedoch das Nachtsichtgerät darauf richtete, erstarrte er. Denn dort saß ein Stammeskrieger mit einer AK-47 in den Händen, offensichtlich die Wache der letzten Nachtschicht. Der Krieger sah in Richtung Dorf und schien sich mit einer zweiten Person zu unterhalten. Dann hatte Mack auch den anderen im Blickfeld. Dieser zweite Wachmann starrte durch ein großes russisches Fernglas den Hang hinauf, genau dorthin, wo Mack im hohen Gras kauerte.
»Scheiße«, flüsterte Mack. »Sie haben mich gesehen.« Seine Gedanken rasten. Im Moment hieß es noch zwei gegen einen. Aber wenn die beiden Alarm schlugen, hatte er es möglicherweise mit zehn Gegnern zu tun.
Alles schien in Zeitlupe abzulaufen, als die beiden Wachen sich trennten, den Hang hinaufstiegen und sich ihm von zwei Seiten näherten. Im Westen sprach man von einer Zangenbewegung, Zulu-Krieger bezeichneten sie als »die Hörner des Büffels«.Das war alles nichts Neues, als Gegenmittel gab es nur eines: Einer der beiden Typen musste erledigt werden, und das schnell. Dazu musste Mack seine Position verraten, aber das war es ihm wert.
Noch immer hatte er die erste Wache, Ahmed Azzan, im Visier. Der andere war wie vom Erdboden verschluckt. Mithilfe des Nachtsichtgeräts setzte er Ahmed eine Kugel genau zwischen die Augen; der Wachmann war auf der Stelle tot.
So, wo zum Teufel ist der andere Dreckskerl? Lautlos sackte Ahmed zu Boden, und Mack ging davon aus, dass der andere, der irgendwo durch das Gras robben musste, von allem nichts mitbekommen hatte. Zwei Minuten lang, die sich wie eine Stunde anfühlten, lag Mack nur da und ließ den Blick über das Gelände schweifen.
Plötzlich griff Gholan Azzan an. Er hatte sich lautlos nach oben gearbeitet und befand sich nun im Rücken des ehemaligen SEAL. Er wusste nicht, ob Mack allein war oder zu einem Team gehörte, aber in der Hand hielt er einen Krummdolch.
Er kam den Hang herab, seine weichen Sandalen gaben keinen Laut von sich, in der rechten Hand blitzte der Krummdolch, im Herzen loderte Mordlust.
Mack hatte von ihm noch immer nichts mitbekommen, erst als sich der Pathane mit erhobenem Arm vom Boden abstieß, um sich auf seinen Gegner zu stürzen, war ein dumpfer Laut zu hören. Aus dem Augenwinkel nahm Mack hinter sich eine Bewegung wahr, so weit wie möglich rollte er sich nach links und streckte in der klassischen Abwehrhaltung der SEALs die Arme vor sich.
Gholan Azzan versuchte sich noch im Sprung zu drehen, versuchte die Richtung zu ändern und stach mit dem Krummdolch zu, verfehlte aber Macks Kehle. Die Schneide kratzte lediglich Macks linken Oberarm.
In diesem Moment hatte Mack den Angreifer bereits gepackt, eine Faust umklammerte dessen Vollbart, während er ihm mitder anderen Hand den rechten Arm nach hinten riss und ihn aus dem Schultergelenk kugelte.
Azzan schrie auf. Mack konnte es nicht verhindern. Er sprang auf und trat Azzan mit aller Gewalt gegen das Kinn. Dem Pathanen wurde – als wäre er von einem Güterzug erfasst worden – der Kopf zurückgerissen und der Hals gebrochen.
Der Leichnam zuckte noch, als Mack beschloss, seinen Angriff auf der Stelle fortzusetzen. Er packte sein Sturmgewehr und rannte nach links zu den Häusern, schlitterte und rutschte den Hang hinab hin zur Straße und zum Dorfeingang.
Die meisten Bewohner schliefen noch. Eine bessere Gelegenheit gab es nicht; er konnte sich hier verstecken, sich die beste Position suchen und angreifen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen war. Außerdem wusste er, wo Ibrahim wohnte. Im weichen Dämmerlicht sah er über die Straße zu dem Haus, wo er den Terroristen einst gezwungen hatte, ihm die Höhle mit dem TNT zu zeigen.
Er versuchte sich zu orientieren, versuchte sich exakt daran zu erinnern, wo er schon einmal gewesen war. Alles kam ihm vertraut vor, auf fremde Weise vertraut. Er konnte nirgends die Regentonne entdecken. Und er bemerkte auch nicht das verkniffene Grinsen von Musa Amin, der auf dem Flachdach des Hauses hinter einer Wladimirow KPW-14,5 kauerte, einem schweren Maschinengewehr, das vor vielen Jahren von den Mudschaheddin
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