Lauschangriff - Im Visier der Feinde
so lange Kriegsgebiet war, nicht entziehen. Es war ein Ort, an dem niemand in seiner Wachsamkeit jemals nachließ, ein Ort, an den man nur aus einem einzigen Grund kam: zum Kämpfen.
So würde auch er, Mackenzie Bedford, irgendwann in der nicht allzu fernen Zukunft bewaffneten Stammeskriegern gegenüberstehen, die nicht lange fackelten, wenn sie jemandem die Kehle aufschlitzen oder ihn erschießen konnten.
Er sah die abgestellten Kampfflugzeuge und Chinook-Hubschrauber, er sah den Verwaltungsblock, wo auch die Mitarbeiter der Abteilung für Aufklärung, Planung und Überwachung untergebracht waren. Dort würde man ihm ein Quartier zuweisen, als wäre er nicht ein alter Veteran mit unzähligen Freunden auf dem Stützpunkt, sondern ein General auf Besuch.
Aber Mack kannte die Regeln. Er durfte sich nirgends blicken lassen. Je weniger man von ihm wusste, umso besser. Im Unterschied zu den anderen war er jedoch lediglich aufgrund einer Vermutung hier: Er nahm an, dass Ibrahim Sharif und Yousaf Mohammed nach Hause zurückkehrten, so, wie es die Paschtunen immer machten, wenn sie dem uralten Ruf ihrer Stammesangehörigen folgten und die grünen Bergpässe überquerten, um sich mit den 2000 Jahre alten Paschtunen-Gemeinschaften in den vergessenen Dörfern zu vereinen, wo ihre Freunde und Verwandten lebten.
Sie hatten so vieles mit den Ureinwohnern Amerikas gemeinsam, waren wie diese ausgezeichnete Fährtenleser, verstanden es hervorragend, mit Tieren umzugehen, waren äußerst geschicktin der Handhabung jeder erdenklichen Waffe und bewegten sich nahezu lautlos durch die Berge.
Mack hatte sich bei seiner Ausbildung zum SEAL-Scharfschützen immer einiges darauf eingebildet, so gut wie lautlos in Stellung zu gehen. Aber seine weichen, federnden Schritte klangen in den Ohren dieser Leute hier wahrscheinlich wie das Getöse eines Schnellzugs. Er und seine Männer bewegten sich leise, aber bei Weitem nicht so leise wie die einheimischen Bergbewohner – das durfte er nie vergessen, wenn er hier am Leben bleiben wollte.
Acht Stunden nach dem Start in Ramstein setzte die C-17 in Bagram auf. Ein Navy-Stabswagen erwartete ihn vor der Maschine und brachte ihn zu dem Block, in dem er untergebracht war. Dort wurde er vom befehlshabenden Offizier des Stützpunkts, den er aus seiner Zeit bei den SEALs noch kannte, begrüßt und in sein Quartier eingewiesen.
»Mack«, sagte er, »du kannst, wenn du willst, mit mir und dem Stab jederzeit das Essen einnehmen. Aber keiner nimmt es dir übel, wenn du für dich sein willst. Ich bin über deinen Einsatz nicht unterrichtet, ich weiß nur, dass er streng geheim ist und ich den Befehl habe, dir jede erdenkliche Unterstützung zuteilwerden zu lassen, seien es Waffen, Ausrüstung, Kommunikation oder Transport. Du kannst dich darauf verlassen.«
Mack schüttelte ihm die Hand. »Danke, Eric, ich weiß es zu schätzen.«
»Übrigens«, sagte der Offizier grinsend, »natürlich habe ich mir so meine Gedanken gemacht, warum du hier bist. Soweit ich weiß, hast du bei jedem Einsatz bislang immer hervorragende Arbeit geleistet. Trotzdem ist mir schleierhaft, warum du meinst, du wärst in diesen gottverdammten Bergen auf der richtigen Spur.«
»Ich gehe eben davon aus, dass zwei Mörder zu Mami nach Hause kommen«, erwiderte Mack.
Ibrahim und Yousaf kauften sich auf dem Flughafen in Lahore eine zwei Tage alte Ausgabe von USA Today , und auf Seite sieben fanden sie einen kurzen Artikel unter der Überschrift:
Kanadische Polizei irritiert
über das Verschwinden
zweier mutmaßlicher Mörder
Halifax. Donnerstag. Die Royal Canadian Mounted Police hat die Fahndung nach den beiden Männern eingestellt, die wegen Mordes an dem Bankmanager Jed Ridley aus Bangor gesucht wurden.
Die beiden vermutlich aus dem Nahen Osten stammenden Tatverdächtigen nahmen anscheinend die Fähre von Bar Harbor, wo Mr. Ridleys Leichnam in seinem in einem Waldstück versteckten Wagen aufgefunden wurde.
Die kanadischen Beamten gingen mehrere Tage davon aus, dass sich die beiden Männer in Nova Scotia aufhielten und versuchen würden, auf einem Schiff die Insel zu verlassen. Ein Pressesprecher teilte gestern Abend mit, man gehe nun davon aus, dass die Tatverdächtigen die Halbinsel bereits verlassen hätten, noch bevor die Suche nach ihnen überhaupt begonnen hatte.
Ibrahim fühlte sich durch den Zeitungsartikel extrem geschmeichelt. Er hatte den Großen Satan überlistet. Beim ersten Mal hatte er verloren, beim zweiten Mal
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