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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Stockes.

    Sie wuchtete sich in mein Büro wie ein Nilpferdmädchen und sagte: »Da wären wir endlich. Hoffentlich haben wir Sie nicht warten lassen.« Und ohne weitere Umschweife fügte sie hinzu: »Mr. Kirkpatrick — Miß D’Arcy Evans.«
    »Guten Tag«, sagte ich höflich.
    »Guten Tag«, sagte er höflich.
    Ich hatte den Eindruck, daß er mich auf Anhieb nicht ausstehen konnte.
    Miß Ponsonby fuhr fort: »Ich brauche mich hier gar nicht weiter aufzuhalten, Miß Evans. Ich habe Mr. Kirkpatrick erklärt, daß Sie die Abteilung leiten, solange Mrs. Snell unpäßlich ist, und ich werde es jetzt Ihnen überlassen, ihm im einzelnen zu erklären, wie die Abteilung arbeitet. Ich bin sicher, daß Sie beide glänzend miteinander auskommen werden.« Damit bedachte sie mich mit einem reizenden Lächeln und schob sich zur Tür, »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie fertig sind, Miß Evans? Ich muß Mr. Kirkpatrick noch mit Miß Kramer von Modehüten und mit Mrs. Downley von Miederwaren bekannt machen.«
    »Gewiß«, antwortete ich.
    Kirkpatrick öffnete ihr die Tür; sie dankte ihm, warf mir einen seltsamen Blick zu und ging, recht bedrückt aussehend, hinaus.
    »Möchten Sie die Tür geschlossen haben?« fragte Kirkpatrick.
    »Ja, bitte. Dann werden wir nicht gestört.«
    Er schloß die Tür mit einem Knall.
    »Bitte, setzen Sie sich doch«, forderte ich ihn auf. Er tat es wortlos. Er hatte kurzgeschnittenes, rotes Haar, eine rötliche Haut, rote Augenbrauen und einen kleinen, stachligen Schnurrbart, ebenfalls rot. Typen dieser Farbe sind eigentlich immer entsetzlich unbeherrscht und launenhaft. Nun, wenn schon, Etagenchefs sind schließlich nur Etagenchefs. Ich muß ihnen — in Grenzen versteht sich — mit Respekt begegnen, doch einschüchtern lasse ich mich von ihnen nicht.
    Er sagte: »Nun, Miß Evans, sagen Sie mir mal in Ihren eigenen Worten, was so besonders ist an der Abteilung Brautausstattungen?«
    Seine Frage und die Art, wie er sie stellte, verstimmten mich. Ehe ich antwortete, versuchte ich, das nicht deutlich werden zu lassen. »Mr. Kirkpatrick, Sie müssen sich vor Augen halten, daß wir hier nicht Röcke oder Blusen verkaufen. Auch nicht Strümpfe oder Handtaschen. Wir verkaufen Brautausstattungen. «
    »Sollen Sie nicht am Jahresende einen Gewinn aufzuweisen haben wie alle anderen Abteilungen auch?«
    Wir hatten am Jahresende einen beachtlichen Gewinn vorzuzeigen, doch darüber wollte ich jetzt nicht sprechen. Ich fuhr fort: »Wir sind in mancher Beziehung ein Dienstleistungsbetrieb. Wenn ein Mädchen in den Brautsalon kommt, um ihr Brautkleid nebst Zubehör zu bestellen, ist sie für gewöhnlich gefühlsmäßig stark angespannt. Sie ist nervös. Sie weiß nicht genau, was sie will. Sie kauft ja auch keinen Pullover für kühles Wetter; sie kauft ein Kleid, in dem sie durch die Kirche schreiten und zur Trauung vor dem Altar stehen wird. Was sie betrifft, ist das der wichtigste Tag und das wichtigste Ereignis ihres Lebens. Und es ist unsere Aufgabe, ihr dabei behilflich zu sein und uns darum zu kümmern, daß alles stimmt — bis in die kleinste Kleinigkeit.«
    Meine Rede machte offenbar keinen Eindruck auf ihn. »Und meine Aufgabe ist es, darauf zu sehen, daß diese Abteilung, wie jede andere dieser Etage, ordentlich läuft. Ferner bin ich dafür verantwortlich, daß die Verkäuferinnen hier arbeiten, wie es sich gehört.«
    »Die Damen, die bei uns arbeiten, werden nicht Verkäuferinnen genannt«, sagte ich. »Sie heißen Kundenberaterinnen, und wir begegnen ihnen mit größter Hochachtung.«
    Er lächelte. »Komischer alter Zopf, wie?— Miß Evans, ich würde mir gern Ihre Zeitlisten ansehen.«
    Schweigend stand ich auf, ging in das Zimmer der Beraterinnen und brachte ihm die Listen.
    »Nein, ich möchte gern Ihre Bücher sehen.«
    Ich zeigte ihm die verschiedenen Bücher und erklärte kurz das System, nach dem sie geführt wurden.
    »Und jetzt möchte ich die übrige Abteilung sehen.«
    Zuerst führte ich ihn in den Aufenthaltsraum der Beraterinnen. Keine von ihnen war da, wahrscheinlich waren sie alle mit Bräuten beschäftigt; nur unsere zwei Absteckerinnen saßen da und schwatzten. Sie würdigten Kirkpatrick kaum eines flüchtigen Blickes.
    Beim Hinausgehen sagte er scharf: »Wer sind die beiden Frauen?«
    »Unsere Absteckerinnen, Mrs. Docherty und Miß Grampion.«
    »Und warum arbeiten sie nicht?«
    »Wir rufen sie, wenn sie gebraucht werden.«
    »Aha, so ist das?« Damit holte er ein kleines

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