Lauter Bräute
besprechen, doch sobald es sich um Entscheidungen von größerer Tragweite handelte, würde ich mich an den Verkaufsdirektor, Mr. Cavanaugh, wenden. Und sollte der nicht zu erreichen sein, würde ich direkt zum geschäftsführenden Vizepräsidenten der Firma, Mr. Dietrich, gehen. Ebenso konnte natürlich der Etagenchef, wenn er das Gefühl hatte, daß ich etwas falsch machte, zu Mr. Cavanaugh oder Mr. Dietrich gehen und ein Mißfallen äußern. Und darüber hinaus konnte er einfach meckern, meckern, meckern, den lieben, langen Tag, und einem das Dasein vergällen.
Ein Kirkpatrick vermochte das Gleichgewicht der Abteilung in mehr als einer Beziehung empfindlich zu stören. So etwas hatte ich früher schon erlebt. Doch Mrs. Snell pflegte kurzen Prozeß mit unbequemen Besserwissern zu machen. Ein Etagenchef, der sich einbildete, Mrs. Snell überfahren zu können, wurde sehr schnell eines besseren belehrt. Sie hütete ihre Abteilung wie eine Löwin ihre Jungen, und wenn ein Tolpatsch seine Nase in ihr Gehege steckte, begannen ihre Augen Funken zu sprühen. Sie würde zum Telefon greifen, Mr. Dietrich anrufen und ganz einfach sagen: »Der Mann muß weg.« Und noch ehe der Mann wußte, wie ihm geschah, war er draußen. Nun, sobald sie zurückkam, würde Mr. Kirkpatrick nach ihrer Pfeife tanzen. Bis dahin mußte ich mich wohl oder übel mit ihm abplagen.
Kurz vor Mittag kam Miß Greene in mein Büro, und wir besprachen den Auftrag Albacini. Ich gab ihr die Lieferscheine für das Brautkleid und die Kleider der zehn Brautjungfern und gab meine Anweisungen so klar wie möglich. Miß Greene war erst ungefähr vier Wochen bei uns, und unser Arbeitsablauf war ihr manchmal noch nicht ganz geläufig. Ich erklärte ihr, daß der gesamte Auftrag erst spät am Nachmittag vorher geliefert worden und deshalb noch nicht aus der Annahme geholt worden sei. Ich trug ihr auf, die Lageristin mit hinunter zu nehmen und den Lieferschein dem Leiter der Annahme, Mr. Poinder, vorzulegen. Er würde dann die Sendung bereitstellen und veranlassen, daß ein paar von seinen jungen Leuten die Pakete heraufbrachten. »Wenn Sie sie ausgepackt haben, prüfen Sie bitte jedes Kleid genau, ehe es auf gehängt wird...«
»Ich prüfe immer jedes Kleid genau«, erklärte Miß Greene, sofort beleidigt.
»Dessen bin ich sicher«, begütigte ich sie. »Ich habe für die Albacinis die Spezialanprobe um vierzehn Uhr dreißig reserviert. Aber mit einer Braut und zehn Brautjungfern, von der mitkommenden Verwandtschaft ganz zu schweigen, wird es selbst dort reichlich eng werden; sie werden sicher auch noch andere Anproben mit Beschlag belegen. Ich werde helfen, so viel ich kann, und jede freie Beraterin dazu schicken. Die Anproben macht Mrs. Docherty, und wenn nötig, ist Miß Grampion auch zur Verfügung.«
»Und was ist mit dem Schleier?« fragte Miß Greene nervös.
»Klären Sie das mit Margot.«
Damit zog sie ab, die Lieferscheine fest in der Hand. Ich führte mehrere Telefongespräche; einige Beraterinnen kamen mit verschiedenen Fragen. Drei- oder viermal ging ich hinaus ins Foyer, tun zu sehen, ob alles lief, wie es sollte; und um ein Uhr gingen Suzanne und ich zu Tisch.
Die Personalkantine liegt irgendwo im Kellergeschoß des Hauses. Sie ist hell und lustig, mit farbenfrohen Wänden, und dekoriert mit Reiseplakaten und exotischen Pflanzen. Ich habe im Grunde gar nichts dagegen einzuwenden, dort mein Mittagessen einzunehmen. Insbesondere, da mein Mittagessen unweigerlich aus einem grünen Salat und einer Tasse schwarzen Kaffees besteht, die ich mir ebensogut in einem Käfig im Zoo einverleiben könnte.
Wir standen in einer Schlange an der Theke, Suzanne und ich, und suchten unsere Salate aus (ihrer war mit einer Sardine verziert, meiner bestand aus ein paar grünen Blättern, darauf einige kleine Bohnen und ein paar winzige Grapefruit-Kleckschen — eine echte, richtige Raupenmahlzeit); nahmen unseren schwarzen Kaffee am Ende der Theke entgegen, zahlten an der Kasse jede ungefähr sechzig Cents und hatten das Glück, einen kleinen Tisch für zwei Personen zu finden.
Suzanne seufzte erschöpft, als sie sich setzte.
»Was ist denn mit dir los?« erkundigte ich mich.
»Oh, D’Arcy, ich hatte einen schauderhaften Morgen. Einfach schauderhaft.«
»Wirklich?«
»Ja. Diese Braut, die ich gerade betreue — die hat sich völlig verrückt mit ihrem Busen, ehrlich. Sie beklagte sich die ganze Zeit, der Ausschnitt sei nicht tief genug. Wir haben ihn tiefer
Weitere Kostenlose Bücher