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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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Ihnen etwas?« Aber nichts als Stille war die Antwort.
    Lucia knipste das Licht an; die Angst wollte ihr den Atem rauben. Und da erblickte sie Len: Bewegungslos lag er neben seinem Feldbett. Im ersten schrecklichen Augenblick fürchtete sie, Mrs. Wharton behielte tatsächlich recht und der Mörder habe erneut zugeschlagen. Und ausgerechnet Len sollte sein Opfer sein? Wer konnte Len etwas antun wollen?
    Sie kniete neben dem Tankwart nieder und ergriff sein Handgelenk. Gott sei Dank, der Puls schlug. Der Junge war besinnungslos, aber die Ohnmacht war nicht tief. Kaum legte Lucia ihm die Hand auf die Stirn, wobei sie seinen Namen rief, da bewegte er sich und stöhnte auf.
    Eilig rannte Lucia zur Küche zurück und füllte eine Tasse mit Wasser. Annabel, der es inzwischen gelungen war, ihre beleidigte Mutter gut und sicher ins Bett zurückzubringen, rief ihr zu: »Was ist denn? Wo bleibt Len? Ist ihm etwas zugestoßen?«
    »Jemand hat ihn niedergeschlagen. Wie es dazu kam, weiß ich nicht. Aber er ist nicht ernsthaft verwundet. Komm und hilf mir!«
    Als die beiden zurückkehrten, hatte Len sich aufgesetzt und rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. Sogar ein verkniffenes Grinsen brachte er zuwege und murmelte: »Alles in Ordnung, Luce! Ich habe einen dicken Schädel!«
    Gehorsam trank er das Wasser und blieb dann eine Weile ganz still sitzen, während Lucia ihn besorgt anschaute. Endlich ließ er sich von den beiden jungen Frauen auf die Beine helfen und wankte mit ihrer Unterstützung zum Feldbett, wo er sich schwer niedersetzte.
    »Sie brauchen etwas Belebenderes als Wasser!« erklärte Lucia forsch. »Onkel Peter hat noch eine Flasche Branntwein im Schrank; ich hole sie sofort.«
    Wenige Minuten später war sie zurück, und sie konnte beruhigend mitteilen, daß die Kinder fest schliefen. Len nahm einen Schluck aus dem Glas, das sie ihm an die Lippen hielt, und verzog das Gesicht. »Schnaps, Luce! Nicht mein Fall. Ich bin mehr für Bier!«
    Das Wort >Schnaps< war offenbar bis ins Nebenzimmer gedrungen, denn plötzlich begann Augusta von neuem zu stöhnen, so laut und jämmerlich, daß Len flüsterte: »Der alten Dame scheint es nicht gut zu gehen. Ist sie verwundet? Sie ist schwer gestürzt, wie? Geben Sie ihr den Branntwein, Luce. Für mich ist das nichts.«
    »Nein, trinken Sie das Glas leer! Es wird Ihnen guttun!«
    Mit doppelter Gewalt drangen die Seufzer von drüben, kläglicher denn je, und endlich gab Annabel nach. »Ich werde ihr auch etwas holen«, erklärte sie. »Vielleicht gelingt es uns dann, zu erfahren, was eigentlich geschehen ist!«
    Nachdem Augustas Geist durch den Branntwein gestärkt und ihr verletzter Stolz besänftigt war, hatte die Dame doch dem, was sie bereits berichtet hatte, nicht viel hinzuzufügen. Sie hatte einen schleichenden Laut nebenan gehört und Angst bekommen — >natürlich nur um meine Tochter und ihre unschuldigen Kindlein!< — und war hinausgeeilt. Offenbar war sie mit Rosie und dem Eindringling zusammengestoßen und niedergeschlagen worden — letzterer sei >in ein Leichentuch gehüllt< gewesen, versicherte sie. Der Mann, den Mrs. Wharton unter keinen Umständen anders als den >Mörder< bezeichnen wollte, war dann davongelaufen, wobei er zweifellos annahm, >mich tot zurückzulassen!< Rosie war, anscheinend außer sich vor Freude über die Gelegenheit zu einer nächtlichen Verfolgungsjagd, über die am Boden liegende Gestalt gesprungen, und endlich — >zu reichlich später Stunde!< — seien Lucia und Annabel aufgetaucht.
    Len wußte der Erzählung kaum etwas hinzuzufügen. »Vermutlich war es ein Dieb, der es auf die Kasse abgesehen hatte. Ein Glück, daß ich zufällig hier schlief, Luce, denn das Türschloß ist nicht gerade das beste. Als er über irgend etwas stolperte, bin ich aufgewacht und sofort aufgesprungen und habe versucht, ihn zu packen. Aber er versetzte mir einen heftigen Stoß, und ich stürzte zu Boden und schlug hart mit dem Kopf auf — vermutlich auf die Werkbank, jedenfalls auf etwas sehr Solides. Dann verlor ich das Bewußtsein und hörte nichts weiter.«
    »Hat er Sie niedergeschlagen, Len? Oder einfach gestoßen?«
    »Ich glaube nicht, daß er geschlagen hat. Anscheinend wollte er mich nur eilig aus dem Weg haben und schob mich kräftig beiseite. Dumm von mir, deshalb gleich auf die Nase zu fallen; aber ich war noch gar nicht ganz wach. Nein, geschlagen hat er bestimmt nicht; er hatte nicht vor, Gewalt anzuwenden, möchte ich meinen. Aber nun wollen wir

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