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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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müßte, und nachfolgender Laseremission. Alles andere ist zum Mißerfolg verurteilt. Kaum begreiflich, daß sich Glenn Morris zu dieser uneffektiven Taktik entschlossen hat.
    Aber eine ganz andere Chance bietet sich dir, eine, die vielleicht niemals wiederkehren wird. Drei, vier Schritte müßtest du an Balmein herantreten, um in die Nähe des kleinen Schalters zu gelangen, dessen Stellung über alles entscheidet. Du müßtest einen Grund finden, dich weit genug über das Seitenpult zu beugen, eine Korrektur an irgendeiner Einstellung vielleicht, und dabei müßtest du unbemerkt das Hebelchen umlegen. Du könntest es mühelos unter der aufgestützten Hand verbergen. Niemand würde das bemerken. Laß dir schnellstens einen unverfänglichen Grund einfallen, regle die Projektionsgröße nach oder irgend etwas…, irgend etwas.
    Damit wäre deine Aufgabe erfüllt, Philipp Barrymore.
    Die ungezügelte Wärmeenergie des nächsten Schusses würde sich im Inneren der Odin austoben, Hitzewände würden die gesprengten Zwischenschotte wie Papierfetzen vor sich her wirbeln, ein tödlicher Kreisel aus weißer Lava würde durch die Sektionen toben und alles und jeden vernichten. Nichts würde bleiben, nicht ein Bröckchen Materie, in Sekunden wäre alles zu Energie zerstrahlt, alles Leben und alle Mechanismen dieser todbringenden Maschinerie.
    Es würde sehr schnell gehen, Philipp Barrymore, ungeheuer schnell. Eine weiße, tobende Wand, und aus!
    Beweg dich, Philipp Barrymore! »Feuer!«
    Zu spät! Eine gute, die vielleicht beste Chance ist vertan.
    Sekundenlang steht die Projektion des Fächers wie eine rötliche Kreisfläche auf dem Ortungsschirm, die fünf Punkte mit blutigem Pinsel übertünchend.
    Der Schuß dauert viel zu lange. In der Tiefe der Station ächzt überhitztes Material, irgendwo laufen Kühlaggregate an, und aus den Lüftungsschlitzen der Klimaanlage kriecht der Gestank versengter Dichtungsmasse. Die Luft in der Zentrale ist plötzlich zum Schneiden dick. Eine Serie deutlich spürbarer Stöße zittert wie ein Fieberschauer durch die angespannten Körper der Menschen in den Sesseln.
    Dann zeigt der Schirm dasselbe Bild wie eben: fünf silberglänzende Bällchen, die sich jetzt sehr schnell vergrößern. »Feuer!«
    Abermals der blutige Kreis, das Ächzen des Materials und die zitternden Stöße.
    »O verflucht!« ruft jemand stöhnend, als die Angreifer erneut aus dem Rot tauchen, so nahe jetzt, daß jeder weitere Schuß Selbstmord wäre.
    Gleich darauf hüllt der Blitz reflektierter Energien die Station in gleißendes Licht, das wie eine neue Art von Materie aus den Bildschirmen in die Zentrale hereinbricht.
    Als sich unsere Augen so weit erholt haben, daß wir auf dem Hauptschirm wieder Einzelheiten erkennen können, gibt es diese Details nicht mehr. Der Spuk ist vorbei, Quadrant neunzehn Nord wie leer gefegt.
    Glenn Morris spricht mit leiser Stimme Weisungen in eins der Nebenmikrofone. Der Klettverschluß seines goldenen Skaphanders hat sich, obwohl der Helm fest auf der Halsmanschette sitzt, ein wenig geöffnet. Er bemerkt es nicht. Er jagt die mittleren Dienste in alle Sektionen der Odin. Offenbar befürchtet er, daß es infolge der überlangen Laseremissionen Havarien im Gefechtsbereich gegeben haben könnte.
    Und dann plötzlich die Stimme Graves’, immer noch vor Entsetzen flatternd: »Sie sind unter uns! Dort! Sehen Sie nur, Sir!«
    Balmein programmiert augenblicklich das Ortungsgerät um. Er reagiert schneller und sicherer, als ich ihm zugetraut hätte.
    Da sind sie, alle fünf, nein, nur noch vier. Der fünfte treibt als winziger Glutball von der Formation weg. Von ihm wird nicht mehr als ein heißer Lufthauch die Erde erreichen, wahrscheinlich in der Nähe der australischen Nordwestküste. Ein kurzer, aber heftiger Hitzesturm wird über die Reservate der Aborigines hinwegfegen, ein trockenes Sommergewitter, von dem die Meteorologen nicht wissen werden, woher es gekommen ist und weshalb es entstand. Mag auch sein, daß für ein paar Tage die Radioaktivität der Atmosphäre die normalen Werte überschreitet, mehr aber wird nicht geschehen.
    »Treffer!« sagt Balmein und blickt sich nach mir um. Auf seinem Gesicht beginnt der Ausdruck der Besorgnis dem der Genugtuung zu weichen.
    Besorgt waren wir alle. Wieder sind die Raketen, wie schon vor Tagen, zwischen den Speichen unserer Station hindurchgerast. Ein Manöver, dessen Sinn wir nicht begriffen haben, vielleicht nie begreifen werden. Es mag eine

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