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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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eben erst dreiundzwanzig Stunden, Sir. Ich möchte den Tag gern noch vollenden.«
    Commander Morris nickt. »Also gut, Phil! Noch eine Stunde. Aber dann legen Sie sich endlich schlafen.« Er wirft einen schnellen Blick auf die Borduhr. »Punkt Mitternacht lassen Sie sich ablösen.
    Und versuchen Sie ja keine Tricks. Mir ist ohnehin schleierhaft, weshalb sich jemand so um den Dienst reißt.«
    Ich hebe die Schultern, unvorschriftsmäßig schweigend, und ich spüre, wie sich der Commander angesichts des Zieles auf dem Monitor neben mir versteift. Das unangenehme Gefühl, bei verbotenem Tun ertappt worden zu sein, macht sich in mir breit.
    Doch ich schiebe den Gedanken schnell beiseite. Vorerst gibt es Beunruhigenderes für mich als die Aussicht, einen Rüffel einstecken zu müssen. Denn nun haben sie bemerkt, daß ihr Laserleitoffizier seinen Platz nur ungern verläßt, nun zerbrechen sie sich die Köpfe, weshalb jemand Wert darauf legen könnte, vierundzwanzig Stunden lang ununterbrochen vor dem Schirm zu hocken, anstatt sich an den üblichen Dienstrhythmus zu halten und während seiner Freiwache zu schlafen, zu trinken, Big Boss zu spielen oder sonst irgend etwas zu tun, was weniger strapaziös ist als das andauernde Starren, Rechnen, Auswerten und Berichten.
    Schlimm, wenn sie die wirklichen Gründe ahnten.
    Der Hauptgrund ist die Angst. Die nackte Angst, jemand, Skelton oder Bergerson, oder vielleicht gar der Commander selbst, könnte versagen und dem Sog der Macht erliegen. Ein Gedanke, ein Druck des Zeigefingers, mehr wäre nicht erforderlich, und ein ganzer Kontinent würde in Feuer und Rauch vergehen. Und was ist schon ein Gedanke? Das geht im Kopf eines Menschen nicht anders vor sich als in den Chips der Rechner im Arsenal. Potentiale reichern sich an, überlagern sich, unmerklich, durch kein Gerät registriert und auf keinem Display ausgewiesen, tagelang, wochenlang, und dann, ganz plötzlich, angesichts eines unbekannten Satelliten vielleicht oder infolge einer verstümmelt eingehenden Meldung, wird die Schwelle überschritten, und der Anfang vom Ende beginnt.
    Was zählt es da schon, daß sich der milliardenfache Tod nicht einer der üblichen Waffen, sondern eines Forschungsapparates bediente? Das Ergebnis bliebe dasselbe. Denn so oder so wäre es das Ende von allem, was Hunderter von Jahrmillionen bedurfte, um zu werden.
    Ich aber, der ich mich heute Philipp McBruns nenne, hätte umsonst gelebt. Alles wäre ohne jeglichen Sinn gewesen, die inneren Kämpfe, die sich nach und nach steigernde Verachtung jener, die sich einst meine Freunde nannten, das Lavieren, Lügen und Intrigieren, die Gefahren, die Angst, mein ganzes Leben, denn aus nichts anderem hat es bisher bestanden. Nichts wäre in dieser Situation unvernünftiger, als den Kameraden nun auch noch Stoff zum Grübeln zu liefern. In einer Stunde werde ich mich ablösen lassen. Und dann wird die Angst zu mir zurückkehren.
    Ich vermag nicht mehr daran zu glauben, daß es sich bei diesem riesigen Satelliten, der überdies den bezeichnenden Namen »Odin« trägt, wirklich um ein Laborgerät handelt. Aber… vielleicht wird, wer sein Leben auf eine einzige Aufgabe ausrichtet, mit den Jahren immer skeptischer, vor allem dann, wenn die Aussicht auf Erfolg in solch nebelhafter Ferne liegt wie in meinem Fall.
    Übrigens halte ich es für unerheblich, ob man die Odin als Laborgerät oder als Waffensystem bezeichnet. Der Unterschied liegt ausschließlich in der Terminologie.
    Der Commander steht noch immer neben mir. Sein Atem geht jetzt ein wenig schneller. Und ich warte auf den. wohlverdienten Rüffel.
    »Die Ostküste Brasiliens«, stellt er da auch schon fest, »das Amazonasdelta.« Er holt tief Luft, als wollte er gleich explodieren. »Du weißt, Phil, daß es gegen die Vorschrift verstößt, Ziele zu programmieren, die unterhalb des Horizonts liegen«, sagt er dann unerwartet sanft. »Wir haben zu forschen und nicht zu kämpfen. Ist das klar?«
    Das klingt absolut nicht wie ein Verweis, und als ich aufblicke, sehe ich, daß er einen mokanten Zug um den Mund hat. Die ironische Art, in der er über unsere Aufgabe spricht, macht mich betroffener als eine ernste Zurechtweisung.
    Glenn Morris lächelt. »Und noch eins«, setzt er hinzu. »Du hast dir da nicht gerade das lohnendste Ziel ausgesucht, mein Lieber. Die dort unten haben nämlich mit sich selbst genug zu tun.«
    Dann geht er, groß und massig in seiner enganliegenden rostroten Kombination und mit

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