Lautlos wandert der Schatten
Einheimischen zur Plage werden. Gelegentlich wurden allzu
aufdringliche Pilger mit Prügeln vertrieben. Uns machten eigentlich nur die
Hunde in den einsamen Berggegenden Frankreichs zu schaffen. Dort, wo wir Hilfe
brauchten, meist war es nur ein Becher Wasser, waren wir gerne gesehen.
2
Wenn du gehst,
findest du Menschen
auf dem Weg
und du findest dich selbst
G ut
tausend Jahre ist der Weg nach Santiago de Compostela alt und er folgt
eigentlich nichts anderem als einer zwar schönen aber recht fragwürdigen Legende.
Es kann historisch durch nichts bewiesen werden, daß der Apostel Jakobus der
Ältere in Spanien gewirkt habe. Die Überlieferung stützt sich auf die
Behauptung, daß die zwölf Apostel nach der Himmelfahrt Jesu unter sich die
damalige Welt als Missionsgebiete aufgeteilt hätten: Petrus ging nach Rom,
Andreas nach Kleinasien und von Thomas wird berichtet, er sei bei der
Verkündigung des Evangeliums bis nach Indien gekommen. Dem Apostel Jakobus fiel
Spanien als Aufgabe zu.
Erst
im 7. Jahrhundert behauptete Isidor von Sevilla, Jakobus habe in Spanien
gewirkt und er sei auch auf wundersame Weise hier begraben worden. So bleibt
auch die „Wiederauffindung“ seines Grabes im 9. Jahrhundert unter Bischof
Theodomir von Iria eine fromme Legende. Aber gerade Legenden entwickeln eine
eigenwillige, unberechenbare Kraft; sie können Geschichte machen und die
Geschichte beeinflussen. Der Weg nach Santiago, als das großartige und
begeisternde Werk der Jakobuslegende, wird auch heute noch umsäumt von einem
lebendigen Kranz von Geschichten und Überlieferungen. Sie begleiten den Pilger
von Stadt zu Stadt, von Landschaft zu Landschaft, und oft sind es nur die alten
Erzählungen, die uns den ursprünglichen Weg erschließen lassen. Sie sind wie
unsichtbare Wegzeichen, voller Anziehungskraft und ergänzen auf seltsam
eindringliche Weise die Kreuze und Wegmarkierungen, die von Anfang an errichtet
wurden, um die Pilger sicher nach Santiago zu führen.
So
erzählt die Legende über den Aufenthalt des Apostels in Spanien: „Hier predigte
Jakobus viele Jahre, und es gelang ihm, acht Mann zum Christentum zu bekehren.
Mit ihnen unterhielt er sich täglich über das Reich Gottes, und nachts ging er
an den Fluß, wo er im Stroh ausruhte.“ Gemeint ist vermutlich der heutige Río
Ulla, der bei Padron in den
Atlantik
mündet, dort, wo die Barke mit der Leiche des Apostels später am Land
festmachte.
Die
Erfolge des Apostels in Spanien waren sehr gering; deswegen „kehrte er nach
Jerusalem zurück“. Dort wurde Jakobus, das ist nun wieder historisch, der erste
Bischof der Heiligen Stadt und unter Herodes Agrippa I. zum Tode verurteilt und
hingerichtet, wie es in der Apostelgeschichte nachzulesen ist: „Um jene Zeit
(es war um das Osterfest des Jahres 44) ließ der König Herodes einige aus der
Gemeinde verhaften und mißhandeln. Jakobus, den Bruder des Johannes, ließ er
mit dem Schwert hinrichten“ (Apg 12, 1.2.). Dann setzt wieder die Legende ein:
„Der Leichnam des Apostels wurde von seinen Jüngern bei der Hafenstadt Joppe
ans Meer gebracht und dort in ein Fischerboot gelegt. Von Wind und Engeln
getrieben, landete das kleine Schiff nach sieben Tagen an der Westküste
Spaniens beim Hafen von Iria Fluvia, das heute Padron genannt wird (ein Stein
unter dem Altar der Pfarrkirche kennzeichnet bis heute die Stelle, wo die Barke
anlegte). Der heilige Leichnam wurde in die Nähe des heutigen Santiago gebracht
und dort in einem kleinen Marmorheiligtum, der Area Marmorea, beigesetzt. Ein
Stern bewachte fortan seinen Grabplatz.“
Durch
die maurische Invasion und die damit verbundene Christenverfolgung, so erzählt
die Legende weiter, geriet das Grab in Vergessenheit: „Von der Area Marmorea
blieb nur eine vage Erinnerung, übertragen von den Vätern auf die Söhne.“ Von
einem Mönch, der von wundersamen Erscheinungen, von Musik und Sternen geführt
war, wurde erst im 9. Jahrhundert das Apostelgrab wiederentdeckt: „Die
Holzfäller fingen an, die Bäume des Waldes zu fällen und das dichte Gestrüpp zu
roden. Die Gläubigen, die anwesend waren, trieben mit Wechselgebeten die
Arbeiter an. Die hartnäckige Arbeit wurde belohnt: eine Grabplatte am Fuße
eines Altars wurde gefunden.“ Weder für den Einsiedler Pelayo, noch für Bischof
Theodomir und den König Alfons II. gab es Zweifel. Das Grab des Apostels war
wiedergefunden. Über der Grabstätte wurde eine erste Kirche gebaut. Die
Wallfahrt nach
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