Lautlos
ausgeglichen und entspannt wirkte. Im Grunde hatten sie alle nicht viel zu tun in dieser letzten Phase. Ohne O'Connors Wiedersehen mit Paddy und Kuhns unplanmäßigen Auftritt in der Dusche wäre es regelrecht langweilig geworden. Wenn sie nicht in der Spedition waren, gab es keine Jana. Dann bewohnten Laura Firidolfi, alleinige Gesellschafterin der Neuronet AG aus Alba, und ihr Chefprogrammierer Maxim Gruschkow das elegante Hoppers im Belgischen Viertel von Köln und führten Gespräche mit ortsansässigen Software-Entwicklern. Nach Wochen und Monaten der Camouflage würde es keinerlei Hinweis darauf geben, dass einer der beiden je zuvor in Köln gewesen war. Erstmals weilte die administrative und technische Führung des piemontesischen Unternehmens für die Dauer einer Woche am Rhein, ausgestattet mit zwei Leihwagen vom Typ Audi 8, und wurde nicht müde zu betonen, wie gern man das Geschäftliche mit ein wenig Gipfeltourismus verband.
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Das wär's dann also«, sagte Mirko endlich. »Mehr kann ich nicht für Sie tun. Ab jetzt sind Sie auf sich allein angewiesen.«
»Kann ich Sie notfalls über das FROG erreichen?«
»Natürlich. Das geht.«
Er betrachtete sie prüfend. Dann sagte er:
»Es ist ein bisschen anders verlaufen, als wir dachten, Jana. Ich will offen mit Ihnen sprechen, meine Auftraggeber zeigen wenig Interesse daran, wie Sie die Probleme lösen. Sie gehen einfach davon aus, dass fünfundzwanzig Millionen reichen. Natürlich wissen sie auch, dass man sich mit einer siebenstelligen Anzahlung trefflich aus dem Staub machen kann.«
»Das wird nicht geschehen«, sagte Jana gleichmütig. »Der Wechselkurs wäre mir zu hoch.«
»Und ich müsste ihn einfordern.« Mirko nickte. »Übrigens ungern. Wir sind einen langen Weg zusammen gegangen.«
»Ja, wir hatten viel Spaß«, sagte Jana mit einigem Sarkasmus. »Wann treffen Sie Ihre Aufraggeber?«
»Am späten Vormittag.« Er zögerte. »Unsere Auftraggeber, sollte ich wohl sagen. Man wird Ihnen zwar nichts durchgehen lassen, aber natürlich weiß man Ihren Einsatz sehr zu schätzen.«
Jana blies in ihren Kaffee.
»Lassen Sie das Wortgeraspel, Mirko«, sagte sie. »Solange ich die Insassen Ihres Trojanischen Pferdes nicht kenne, bleiben es Ihre Auftraggeber und nicht meine.«
Mirko zuckte die Achseln. »Wie Sie wollen. Zum Procedere. Wir haben heute Nacht weitere zehn Millionen auf das Konto überwiesen, das Sie uns genannt haben. Über die entsprechenden Umwege. Die restlichen Millionen gehen ein, sobald wir den sichtbaren Beweis für die Erledigung der Aufgabe erhalten.« Er grinste. »Und den bekommen wir ja ziemlich schnell. Jede Fernsehstation der Welt wird ihn ausstrahlen.«
»Reality-TV«, nickte sie.
»Ja. Manchmal glaube ich, wir könnten halb Amerika in die Luft jagen, und die Leute würden es für eine Soap halten. Jeder bekommt, was er verdient.« Mirko machte eine Pause. »Ich habe die Zusammenarbeit sehr genossen, Jana. Ich hoffe, ich werde sie auch weiterhin genießen können. In etwas weniger als einer Stunde werde ich dieses Land verlassen. Sie werden mir nicht folgen und keinerlei Anstrengung unternehmen, mich oder meine Auftraggeber ausfindig zu machen. Wir beide werden uns nicht wieder sehen und nie wieder voneinander hören. Falls es also noch etwas gibt, worüber wir reden sollten, ist jetzt der Moment.«
»Ein paar Streicher vielleicht, um den Abschied zu untermalen?«
Mirko lachte leise.
»Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber ich mag Sie. Es gibt in unserem Beruf nicht viel Platz für Sympathien. Im Allgemeinen entwickle ich auch keine. Nehmen Sie es als Ausdruck meiner persönlichen Wertschätzung, dass ich Sie womöglich ein ganz klein wenig vermissen werde.«
Einen Moment lang blieb ihr Gesicht unbeweglich. Dann wich die Härte aus ihren Zügen.
»Es ist nett, dass Sie das sagen, Mirko. Aber Sie wissen auch, was es bedeutet, wenn man einen Job wie diesen persönlich nimmt.«
»Ist das, was Sie tun, nicht persönlich?«
»Unter anderen Umständen wäre es das vielleicht. Ich weiß, Sie haben damals versucht, mich bei meinen patriotischen Wurzeln zu packen. Möglicherweise hatten Sie Recht. Aber Sie haben mir im gleichen Atemzug fünfundzwanzig Millionen geboten. In letzter Zeit habe ich mich gefragt, ob ich es auch für weniger getan hätte.«
»Und? Hätten Sie?«
»Nein.«
»Hm. Ich dachte, Patriotismus fordert einen hohen Preis.« Mirko sah sie forschend an. Er fuhr fort:
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