Lautlos
nicht so weit kommen würden, eine Basis zu stationieren. Wir würden eine solche Waffe nicht ins Land schmuggeln können, und in Deutschland bekommen wir sie erst recht nicht.«
»Und wenn wir jetzt beginnen?«
»Auch dann nicht.«
Der alte Mann sah sinnend zu Boden. Dann ging er langsam weiter.
»Was würde passieren, wenn Jana ihren Plan ausführt?«, fragte er. »Ich meine, was wäre der Effekt?«
Die Bestürzung war aus seinen Zügen verschwunden, stattdessen begann sein Verstand, das Szenario offenbar in Bilder umzusetzen. Mirko spürte einen Anflug von Erleichterung. Die größte Hürde war genommen. Sie brauchten weniger die Zustimmung des Alten als vielmehr seine Hilfe. Aber dafür mussten sie ihn überzeugen.
Mirko erklärte ihm die Wirkungsweise der Waffe. Es brauchte nicht vieler Worte, und die blauen Augen des alten Mannes begannen zu leuchten.
»Ein verfluchter Aufwand, aber eine gute Show«, sagte er.
»Es ist das, was Sie wollten.«
»Sieht ganz so aus.« Der Alte zögerte. »Mein Gott, man lernt nie aus. Ich dachte immer, wir leben in Zeiten, da sich ein Mann mit einem Gewehr auf ein Dach legt und die Frage einzig darin besteht, das passende Dach zu finden.«
Mirko lächelte.
»Das ist Partisanenromantik, und das wissen Sie. Ein Mann und seine Waffe. Sind Sie sicher, dass Sie die Rede dem Richtigen halten?«
Der Alte lachte bellend und schlug Mirko auf die Schulter.
»Ach, Mirko! Verdammt, ich weiß selbst, dass es so nicht geht. Andererseits werden Sie zugeben, dass die Ideen Ihrer Freundin gewöhnungsbedürftig sind.«
»Es sind die Ideen einer Frau«, sagte Mirko gleichmütig. »Männer denken immer gleich an Kanonen. Frauen haben weitaus mehr Phantasie. Wussten Sie, dass es bändeweise Abhandlungen über die phallische Bedeutung von Handfeuerwaffen und Gewehren gibt? Was glauben Sie, warum Männer so gern ballern?«
»Weil sie einen Schwanz haben, Mirko«, lachte der Alte. Er schien sich königlich zu amüsieren. »Weil sie ohnehin schon wissen, wie man ballert. Gott sieht es gern, wenn ein Mann eine Waffe trägt.«
»So? Ich dachte, er sieht es lieber, wenn das allmächtige Rohr Leben spendet.«
»Manchmal spendet es eben Tod. Was ist los, haben Sie einen Katechismus verschluckt?«
»Keineswegs«, sagte Mirko spöttisch. »Ich fragte mich nur gerade, wie Sie zur gleichen Zeit das Hohelied auf den Schwanz und die Waffe singen können. Dann fiel mir Sigmund Freud ein, der geäußert hat, es sei tatsächlich in gewisser Weise dasselbe. Meiner Erfahrung nach das eine umso mehr, je weniger sich beim anderen tut.«
»Freud?«
»Ja.«
Der Alte hatte aufgehört zu lachen.
»Psychologengeschwätz«, rief er unwillig. »Ein Mann muss sich verteidigen können. Ich kenne viele aufrechte Männer, die Kinder gezeugt und im richtigen Moment abgedrückt haben.«
»Mag sein. Ich kenne andere. Aber das ist ohnehin alles nur von akademischem Interesse.«
»Ich weiß nicht.« Der Alte sah Mirko lauernd an. »Aus welchen Rohren schießen Sie denn?«
Mirko lachte.
»Aus dem jeweils richtigen. Ich habe mich noch nie vertan.«
»Ich will keine Moralpredigten, hören Sie!«
»Keine Sorge. Hätten Generäle besseren Sex, gäbe es weniger Krieg. Wäre schlecht für mich. Mir ist es recht so, wie es ist.«
»Sie beleidigen die Menschen, die für dieses Land sterben würden und gestorben sind. Wir möchten nicht kämpfen müssen. Jeder hier würde lieber zeugen als schießen. Uns allen wäre es viel lieber, wenn wir die Waffen im Haus lassen könnten. Uns allen wäre es auch lieber, wenn wir uns nicht solcher Individuen bedienen müssten, wie Sie eines darstellen.«
»Das haben Sie sehr schön gesagt. Ich nehme es als Retourkutsche.«
»Töten Sie gern? Sagen Sie es mir, Mirko, sind Sie ein Patriot oder einfach nur ein Schlachtgehilfe?«
»Ich bin Geschäftsmann.«
»Das sagten Sie schon beim ersten Mal.«
»Dann fragen Sie mich kein zweites Mal. Jana und ich werden einen Auftrag ausführen. Es liegt mir fern, Sie oder Ihre Ideale zu beleidigen, aber ist es Ihnen nicht viel lieber, wenn ich für meinen Teil keine Ideale habe?«
Der Alte kniff die Augen zusammen. Dann entspannte er sich.
»Gut gesprochen, Drakovíc. Ja, das ist mir weitaus lieber.«
Immer, wenn es ihm darum ging, Mirko seine Position spüren zu lassen, benutzte er seinen richtigen Namen. Auch das belustigte Mirko, aber er fand, er habe den alten Mann für heute schon genug gekitzelt. Es war ein Spiel, in dem es darum
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