Lautlose Jagd
den Feuerball.
»Scheiße! Uns hat's erwischt!«, rief Seaver. Das Cockpit war von gleißend hellem Licht erfüllt und Sekunden später verqualmt.
»Rinc? Hören Sie mich?« Das war Patrick McLanahan. »Sofort links weg! Eine weitere Hawk ist gestartet! Ich aktiviere eure ECM! Sofort links weg!«
Als Rinc links wegkurven wollte, fiel sein Blick auf das Supercockpit-Display. Die Patriot-Systeme der Koreaner hatten alle auf ihr Kommando- und Lagezentrum Osan abgeschossenen Lancelots angegriffen und heruntergeholt! Rinc hatte die letzte Rakete mit Plasmafeld-Gefechtskopf.
Auf der Konsole zwischen ihnen leuchtete eine Brandwarnung nach der anderen auf. »Zwei... nein, drei Brandwarnungen!«, meldete John Long.
»Aussteigen, Long Dong«, befahl Rinc ihm. »Machen Sie, dass Sie rauskommen!«
Long starrte Seaver durch den dichter werdenden Qualm an. Er schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann warf er sich in seinen Schleudersitz zurück und zog die Auslösegriffe.
Kurz bevor Long hinausgeschossen wurde, stellte Rinc seinen eigenen Schleudersitz von AUTO auf MANUELL um. Er würde in der Maschine bleiben, bis er seine letzte Lancelot abgeschossen hatte.
Im selben Augenblick stellte der taktische Offizier der Hawk-Batterie fest, dass das Ziel nach der Detonation weiterflog, und befahl sofort, eine weitere I-Hawk darauf abzuschießen.
Rinc verfolgte, wie die Angriffscomputer die Bombenklappen halb öffnen ließen - da die Lenkwaffen Lancelot einzeln aus einem Revolvermagazin ausgestoßen wurden, brauchten die Klappen nicht ganz geöffnet zu werden - und die letzte Lancelot freigaben.
Die Lancelot fiel aus der Megafortress, ihr Leitwerk wurde ausgeklappt und stabilisierte die Lenkwaffe im Luftstrom, der Raketenmotor der ersten Stufe wurde gezündet, und die Lancelot stieg auf einer ballistischen Bahn in den Nachthimmel auf.
»Rinc!«, hörte er jemanden rufen. Das war Rebecca. »Los, raus mit dir! Aussteigen!«
»Was machen Sie noch im Cockpit, Rinc?«, funkte Patrick. »Sofort raus, verdammt noch mal. Aussteigen! Aussteigen!«
Der Qualm im Cockpit hatte sich verzogen, als Longs Ausstiegsluke abgesprengt worden war, sodass Rinc jetzt wieder alles deutlich sehen konnte. Er beobachtete den Start der zweiten I-Hawk - und stellte fest, dass sie sofort die Verfolgung seiner letzten Lancelot aufnahm.
Das werden wir ja sehen!, sagte sich Rinc. Er begann steil zu steigen, schwenkte die Tragflächen der Megafortress ganz nach vorn und fuhr das Fahrwerk und alle Klappen und Spoiler aus, wodurch sich der Radarquerschnitt des Bombers um etwa 10000 Prozent vergrößerte. Die anfliegende I-Hawk konnte er nicht mehr sehen, aber das spielte nun keine Rolle mehr - er hatte sein Möglichstes getan.
»Rinc, was machst du?«, rief Rebecca besorgt. »Steig aus! Worauf wartest du noch?«
Dieser Einsatz war zu Ende. Es wurde Zeit, von hier zu verschwinden. »Bis gleich, Sweetheart«, antwortete er über Funk.
»Kannst schon mal ein kaltes Bier für mich aufmachen.« Rinc griff nach den Auslösehebeln...
Die Fla-Rakete I-Hawk traf das Seitenleitwerk der Megafortress und sprengte es mit dem größten Teil des Hecks ab. Der Bomber ging in einen sanften Gleitflug über und begann langsam zu rollen.
Während der zweiten Rolle sah Rinc nur wenige Meilen vor der Megafortress einen Lichtpunkt aufblitzen, der rasend schnell zu einer hell leuchtenden silbernen Kugel anwuchs, die den Nachthimmel ausfüllte. Im Inneren dieser Silberkugel schien flüssiges Feuer zu brodeln, aber ihre Oberfläche war makellos glatt wie poliert. Er betätigte den Schleudersitz und wurde aus dem abstürzenden Bomber in die vor seinen Augen weiterwachsende künstliche Sonne geschossen.
Rinc hatte erwartet, als Demonstration der ungeheuren Gewalten, die hier am Werk waren, vulkanische Hitze zu spüren und Donnerschläge zu hören. Stattdessen hatte er eher das Gefühl, in ein unbeschreiblich weiches Kissen zu fallen. Er spürte, wie die silberne Kugel ihn umgab, ihn liebkoste, ihn in der anderen Dimension in ihrem Inneren willkommen hieß...
EPILOG
Battle Mountain, Nevada
(mehrere Wochen später)
Rebecca Furness' Cessna P210 hielt mit quietschenden Reifen auf der von Rissen durchzogenen Betonlandebahn. Sie hatte wie üblich genau auf den verblassten weißen Ziffern der Landebahnrichtung aufgesetzt, obwohl das hier kaum eine Rolle spielte -vor ihr lagen noch über 3300 Meter Landebahn. Sie bog an der ersten Abzweigung ab und rollte über das riesige Vorfeld zu
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