Lavendel gegen Ameisen
führte zu neuen Überprüfungen einer Unzahl von Menschen.
An diesem Abend fragten sich alle, ob sie sich nicht hoffnungslos verrannt hatten.
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Sechzehn
Der 1. September war ein Donnerstag.
Um acht Uhr saßen sie alle still im Büro und sammelten Kraft für die Befragung von achtundzwanzig Adimed-Schuhträgern.
Van Appeldorn las die Liste durch und überlegte, dass man sie wohl am besten nach Stadtgebieten unterteilen sollte.
Toppe stand am Fenster und schaute hinaus. Sein Bart war merklich gelichtet.
«Was haben wir?», fragte er sich. Sie wussten, dass Landmann ein unsympathischer Zeitgenosse gewesen war, den keiner so recht zu mögen schien, vielleicht nicht einmal seine Familie. Echte Trauer hatte er weder bei der Frau noch bei der Tochter ausmachen können, sie schienen einfach ihr Leben weiterzuleben.
Der 1. September begann genauso wie die beiden Tage zuvor. Immer noch regnete es, immer noch trat man auf der Stelle. Man durchforstete Listen, lief sich die Beine aus dem Leib, hatte einen stetig wachsenden Berg von Routinearbeit vor sich und keine blasse Ahnung, ob die überhaupt zu dem gewünschten Ergebnis führen würde.
Die Wende kam fast unbemerkt, aber sie sollte Toppes Grübeleien endlich auf die richtige Spur führen.
Um 9 Uhr 30 klopfte es leise an der Tür. Toppe schreckte jäh aus seinen Gedanken.
«Herein!», rief er irritiert.
Es war Astrid Steendijk, die neue Praktikantin.
«Guten Morgen», grüßte sie frisch. «Ich bin Astrid Steendijk und Ihrer Abteilung als Praktikantin zugeteilt worden. Sind Sie Herr Toppe?» Mit ausgestreckter Hand kam sie auf ihn zu.
Toppe erhob sich schnell. «Der bin ich», antwortete er. Sie hatte einen angenehm festen Händedruck.
Sie trug Jeans und ein enges weißes T-Shirt, darüber ein lavendelblaues Leinenjackett. Ihr dunkles Haar fiel offen über die Schultern. Wie alt mochte sie sein? Dreiundzwanzig oder vierundzwanzig vielleicht. Toppe fand sie immer noch sehr attraktiv.
«Tja, was machen wir denn jetzt mit Ihnen?», meinte er, um Leichtigkeit bemüht. «Wenn ich Ihnen erst einmal meine Kollegen vorstellen darf.»
Er stellte Beitenegger vor, van Appeldorn sagte: «Wir kennen uns ja schon», aber auch er gab ihr die Hand. Ackermann hatte es die Sprache verschlagen.
«Und dies ist Herr Ackermann», beendete Toppe die Vorstellung. «Er arbeitet nur zeitweise bei uns.»
«Mann, oh Mann», rief Ackermann, «dat sind ja tolle Aussichten! Endlich ma’ ’ne Frau in unsere Männerwirtschaft, un’ dann noch so ’ne Sahneschnitte.»
«Setz dich, Ackermann», sagte van Appeldorn, und Ackermann setzte sich.
Astrid Steendijk versuchte, ihre Miene unter Kontrolle zu bringen.
«Tja», meinte Toppe wieder, «setzen Sie sich doch erst einmal.»
Sie setzte sich und schlug die Beine übereinander.
«Wie Sie wahrscheinlich wissen, arbeiten wir am Mordfall Landmann.»
«Ja, ich habe die Sache bis jetzt in der Presse verfolgt und weiß im Groben, worum es geht.»
«Das ist gut», nickte Toppe. «Vielleicht könnten Sie sich zunächst einmal in die Akten einlesen.»
«Das wird das Beste sein», bestätigte Breitenegger. «Ich bin Ihnen da gern behilflich. Die anderen Herren werden heute keine Zeit dazu haben.»
Van Appeldorn gab einen undefinierbaren Laut von sich, und Breitenegger sah ihn betont unschuldig an.
«Ich kannte den Toten übrigens», bemerkte Astrid Steendik.
«Ach ja?» Toppe stand auf und lehnte sich gegen die Fensterbank. «Wie gut kannten Sie ihn denn?»
«Nun ja, nicht besonders gut, halt vom Tennis her. Mit meinem Vater haben Sie ja schon gesprochen. Ich spiele auch Tennis, früher sehr viel, heute nur noch manchmal. Landmann habe ich öfter mal im Club gesehen. Man hat sich gegrüßt, mehr eigentlich nicht. Ich fand ihn immer ziemlich zugeknöpft und unfreundlich.» Sie zögerte. «Vor ein paar Wochen fand im Club das alljährliche Sommerfest statt, und da saß ich zufällig Landmann gegenüber und habe mitbekommen, was der so geredet hat. Also, das war irgendwie komisch …»
Sie redete nicht weiter, überlegte. Toppe störte sie nicht.
Sie sah zu ihm auf. «Ich versuche gerade, das noch irgendwie zusammenzukriegen. Also, es ging allgemein wohl um Drogenprobleme an unseren Schulen und ob die eigenen Kinder auch davon betroffen wären. Die meisten, die sich darüber unterhielten, haben Kinder um die fünfzehn, sechzehn, Landmann auch, glaube ich. Und da kam die Frage auf, ob die Lehrer nicht auch eine
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