Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
vorgewärmt.«
»Keine Sorge, ich werde Ihnen bald anständig einheizen, Sir.«
Der Mann lachte heiser. »Na, dann los. Wo ist dein Zimmer?«
»Ach, das können wir nicht nehmen, Sir. Das Haus ist so voll, dass drei andere Mädchen bei mir schlafen. Gehen wir lieber hinauf aufs Dach. Dort sind ein paar warme Decken vorbereitet, weil es ein wenig kühl ist.«
»Zum Teufel ... soll das heißen, ich soll wegen einer kleinen Rammelei auf das Dach dieses verdammten Kastens klettern?«
»Es wird sich lohnen, Sir. Ich habe etwas ganz Besonderes, das einem Mann von Welt wie Ihnen ganz sicher viel Spaß machen wird.«
»Wirklich?« Vorfreude und Erregung des Gentleman waren sogar durch den Nebel der Trunkenheit spürbar. »Was meinst du, Mädchen? Ich selbst habe eine Vorliebe für die Peitsche.«
Lavinia hörte, wie das Mädchen etwas flüsterte.
»Na denn.« Lust ließ die Männerstimme noch belegter klingen. »Das hört sich allerdings interessant an. Ich freue mich auf eine Demonstration.«
»Bald, Sir.« Das Mädchen drängte ihn zur Treppe hin. »Sobald wir auf dem Dach sind.«
Das Pärchen bewegte sich auf den Fuß der Treppe zu. Lavinia erhaschte einen Blick auf einen behäbigen Herrn Anfang sechzig, bekleidet mit einem pflaumenblauen Samtjackett und altmodischen Breeches. Sein Halstuch war kunstvoll geknotet. Der kahle Schädel glänzte im Licht der Wandleuchte.
Das Mädchen trug wie das übrige Personal auf Beaumont Castle ein einfaches dunkles Kleid mit Schürze. Sein Gesicht war unter einem Häubchen mit schlaffer Rüsche fast ganz verborgen.
Der Gentleman setzte einen Fuß auf die unterste Stufe und stolperte ungeschickt. Der Fehltritt entlockte ihm ein Lachen. »Beaumonts erstklassiger Brandy fordert seinen Tribut. Also, noch ein Versuch.«
»Nein, nicht diese Treppe, Mylord.« Das Mädchen zupfte an seinem Arm. »Wir nehmen die Hintertreppe. Es kann mich meine Stelle kosten, sollten der Butler oder die Haushälterin mich mit Ihnen ertappen.«
»Nun, meinetwegen.« Der Kahlkopf ließ sich gehorsam den Gang entlangfuhren.
Das Mädchen hob ihre Röcke an und enthüllte feste, vernünftige Schuhe und Strümpfe. Sie drängte ihren Begleiter an einem kleinen, von einer weiteren Wandleuchte geworfenen Lichtkreis vorüber. Einige dichte blonde Korkenzieherlocken wippten unter dem Rand des großen Häubchens.
Der betrunkene Gentleman ließ sich um eine Ecke in den nächsten dunklen Gang geleiten.
Erleichtert, endlich wieder allein zu sein, kam Lavinia rasch hinter der Treppe hervor und eilte weiter. Bei diesem Tempo würde sie am Ziel angelangt zur Beruhigung der Nerven ein Glas Sherry brauchen.
Unter Tobias' Tür sah man einen schmalen Lichtstreifen. Sie hob die Hand und zögerte. Wenn der Bewohner des benachbarten Zimmers das Pochen hörte, würde vielleicht seine Neugierde erwachen.
Schwert, Schild und Maske in einer Hand, drehte sie den Türknauf, der sich ganz leicht bewegen ließ. Mit einem letzten Blick vergewisserte sie sich, dass sie unbeobachtet war, und öffnete die Tür.
Der Anblick des eng umschlungen vor dem Feuer stehenden Pärchens ließ sie abrupt innehalten. Der Mann, der ihr den Rücken zuwandte, hatte Jacke und Halstuch abgelegt und den Kragen geöffnet. Die kraftvollen Umrisse seiner Schultern kamen ihr sehr bekannt vor. Sein Gesicht konnte sie nicht sehen, da er den Kopf vertraulich über eine Frau mit langem schwarzem Haar senkte, die ihre Arme um seinen Nacken geschlungen hatte.
»Entschuldigung.« Erschrocken wandte Lavinia den Blick ab und zog sich in den Korridor zurück. »Ich irrte mich in der Tür. Entschuldigen Sie bitte die Störung.«
»Lavinia?« Tobias' Stimme schien zu knistern.
Kein Wunder, dass die Schultern ihr bekannt vorgekommen waren. Sie fuhr herum, wobei sie merkte, dass ihr der Mund vor Schreck offen blieb.
»Tobias?«
»Verdammt.« Er löste sich mit einer raschen Bewegung aus den Armen der Frau. »Tritt ein und schließ die Tür. Ich möchte dich mit jemandem bekannt machen.«
»Ach Gott ...« Die Frau trat von Tobias zurück und beäugte Lavinia mit kühlem Amüsement. »Ich glaube wirklich, wir haben die arme Minerva schockiert.«
Lavinia, die das Gefühl hatte, in den Zauberbann eines dunklen Magiers geraten zu sein, trat ein und schloss leise die Tür.
Tobias, der grimmig und bedrohlich aussah, ging an ein kleines rundes Tischchen und griff nach einer Karaffe aus geschliffenem Glas. »Lavinia, darf ich dich mit Mrs Gray bekannt machen.« Er
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