LaVyrle Spencer
er? An dich oder an mich?«
»Werd bloß nicht frech! Wie lange
habe ich schon darauf gewartet, daß ich meine Schäfchen ins trockene bringen
kann?«
»Das weiß ich«, war ihr nüchterner
Kommentar, aber der Sarkasmus in ihrer Stimme entging ihm wieder.
»Und jetzt ist es fast soweit.« Er
deutete mit dem Finger zu Boden, als würde auf dem rissigen Linoleum ein
Goldschatz liegen.
»Dein
Kaffee läuft über.«
Er starrte den Kaffeetopf mit leerem
Blick an. Catherine wurde von einer plötzlichen Verzweiflung überwältigt, denn
dieser Mann und die Situation in diesem Haus würden sich nie ändern. Als hätte
er sie vergessen, kümmerte er sich jetzt um seinen Kaffee, während er ständig
vor sich hinmurmelte: »Ja, wie lange habe ich gewartet? Und ich verdiene es.
Bei Gott, ich verdiene es.«
»Ich gehe jetzt. Sonst verpasse ich
meinen Bus.«
Er schreckte aus seinen Gedanken
hoch und sah sie mißmutig an. »Ja, geh nur. Aber heute abend setzen wir dem
alten Forrester wieder Daumenschrauben an. Fünftausend sind ein Dreck für einen
Hurensohn wie ihn.«
Als Catherine gegangen war, lehnte sich
Herb über das Spülbecken und murmelte vor sich hin. Das tat er oft. Er erzählte
Herb, was die Welt Herb schuldig war. Und diese hochnäsige kleine Schlampe
würde ihn nicht daran hindern zu bekommen, was ihm zustand. Sie war genauso
eine Hure wie ihre Mutter. Hatte sie das nicht bewiesen? Das war ihm Catherine
schuldig – Ada war es ihm schuldig – verdammt, das ganze Land war es ihm
schuldig.
Er goß sich noch einen Kaffee mit
Schnaps ein, damit das Zittern aufhörte. Verdammtes Zittern, dachte er. Das war
auch Adas Schuld. Nach seiner dritten Tasse hatte das Zittern aufgehört. Zur
Bestätigung streckte er die Hände aus. Er kicherte, weil es ihm besser ging und
weil er sich für sehr clever hielt. Der Gedanke, den alten Forrester bluten zu
lassen, entzückte ihn.
Bis Mittag hocke Herb in der Küche.
Und abgefüllt mit Kaffee Royal machte er sich dann taumelnd auf den Weg, um
seine Schäfchen ins trockene zu bringen.
Vom Drugstore an der Ecke aus beobachtete
Catherine, wie ihr Vater das Haus verließ. Sie rief schnell ihre Cousine, Bobbi Schumaker, an und ging dann
ins Haus zurück, um zu packen. Wie Catherine studierte Bobbi im ersten Jahr an
der Universität von Minnesota, aber im Gegensatz zu Catherine fühlte sie sich
in ihrer Familie geborgen. Die beiden waren seit frühester Kindheit Freundinnen
und hatten keine Geheimnisse voreinander, außerdem hatte Catherine in Bobbis
Haus stets Zuflucht und Liebe gefunden.
Als Catherine eine Stunde später in
Bobbis Käfer saß, war sie froh, von zu Hause geflohen zu sein.
»Und, wie ist's gelaufen?« fragte
Bobbi und warf ihrer Cousine einen Seitenblick durch eine überdimensionale
Hornbrille zu.
»Gestern
abend oder heute morgen?«
»Beides.«
»Frag mich nicht.« Catherine lehnte
müde den Kopf zurück und schloß die Augen.
»So
schlimm?«
»Ich glaube, die Forresters fielen
aus allen Wolken, als mein Alter bei ihnen reinschneite. Mein Gott, du hättest
das Haus sehen sollen, wirklich fantastisch.«
»Und wollen
sie zahlen?«
»Clay
schon«, gab Catherine zu.
»Das habe
ich dir doch gesagt.«
»Und ich
sagte, daß ich ablehnen würde.«
Bobbi schürzte die Lippen. »Warum
bist du nur so dickköpfig? Es ist doch auch sein Kind!«
»Ich habe dir schon gesagt, ich will
nicht, daß er Einfluß auf mein Leben nehmen kann. Wenn er zahlt, glaubt er vielleicht,
damit gewisse Rechte zu erwerben.«
»Aber wie willst du denn finanziell
zurechtkommen? Du brauchst jeden einzelnen Cent! Wie willst du denn das zweite
Semester bezahlen?«
»Genauso wie ich das erste bezahlt
habe.« Catherine hatte jenen entschlossenen Zug um den
Mund, den Bobbi so gut an ihr kannte. »Ich habe immer noch meine
Schreibmaschine und Nähmaschine.«
»Und er hat die Millionen seines
Vaters«, entgegnete Bobbi trocken.
»Ach, Bobbi. So reich sind sie gar
nicht, das weißt du auch.«
»Stu behauptet, daß sie in Geld nur so schwimmen.
Und ein paar Tausender würden dir nicht schaden.«
Catherine setzte sich gerade hin,
das Kinn angriffslustig vorgestreckt. »Bobbi, ich will dieses Thema nicht mehr
diskutieren. Der Morgen heute hat mir gereicht.«
»Ist der liebe Onkel Herb wieder auf
dem Kriegspfad?« fragte Bobbi. Catherine nickte. »Nun, wenigstens brauchst du
dich damit jetzt nicht mehr
herumzuärgern.« Da Catherine schwieg, fuhr Bobbi fort: »Ich weiß, was du
denkst,
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