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Lawinenexpreß

Lawinenexpreß

Titel: Lawinenexpreß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Schweizer Alpen taumelte und dann an Höhe verlor. Der Whisky ergoß sich über den Ärmel der Schildkröte: Haller saß neben ihr. Sie zog ein Taschentuch heraus und fing an, den durchnäßten Ärmel abzuwischen.
    »Aber, aber, Mr. Haller, Sie riechen wie eine Brennerei. Und ich habe immer geglaubt, Sie seien Abstinenzler.«
    »Willst du mir den nächsten nicht lieber gleich über den Kopf gießen, statt ihn durch die Kehle zu jagen?« grunzte Haller.
    Hinter ihnen saß Harry Wargrave wie gewohnt zwei Reihen zurück am Mittelgang, von wo er seine Begleiter im Auge behalten und notfalls schnell aufspringen konnte. Als die Turbulenzen immer häufiger wurden, gratulierte er sich zu seiner Entscheidung, nicht direkt von Bukarest nach Zürich zu fliegen und die Alpen zu überqueren. Die HS 125, die in Mailand auf ihn wartete, war eine hervorragende zweistrahlige Maschine – aber nicht geeignet, in einem tobenden Schneesturm die Alpen zu überfliegen.
    Ebenso wie Elsa hatte auch Wargrave innerhalb von vierundzwanzig Stunden zwei Atlantikflüge hinter sich gebracht, und die doppelte Zeitverschiebung traf ihn jetzt wie ein Hammerschlag. Sein Gesicht wirkte abgezehrt und übernächtigt, die Wangenknochen traten scharf unter der Haut hervor, und er dankte Gott dafür, daß er in Mailand zwei Nächte würde schlafen können – Donnerstag und Freitag –, bevor er am Samstag zu seinem riskanten Flug nach Bukarest aufbrach. Und wie Elsa hatte auch er auf dem Flug von Montreal nach Schiphol kein Auge zugetan.
    Er hatte sich wegen der bevorstehenden Probleme das Hirn zermartert: Es gab zu viele Einzelheiten, die bedacht werden mußten. Beim jetzigen Stand der Dinge war das nicht ganz einfach. Leute wie Springer und Molinari durften gerade so viel erfahren, daß sie ihre Vorbereitungen treffen konnten, ohne damit das große Geheimnis preiszugeben – daß es ein wichtiges Mitglied des sowjetischen Politbüros war, das sie ausfliegen wollten. Als die Maschine beim Landeanflug auf Mailand an Höhe verlor, beobachtete er, wie sie sich mit zusammengesteckten Köpfen unterhielten.
    »Wenn der Mailänder Flughafen geöffnet bleibt, könnten wir nach Zürich zurückfliegen«, murmelte Haller.
    »Das würde eine Menge Probleme lösen«, stimmte Elsa gelassen zu. »Auf Holz klopfen, hoffen und beten…«
    Als sie sprach, tauchte die Maschine unvermutet in ein Luftloch, und wieder krampfte sich ihr der Magen zusammen. Draußen war vor lauter Schneetreiben nichts zu sehen, und Elsa fragte sich, ob sie ›blind‹ landen würden, ob der Pilot mit Hilfe des Towers und des Radars eine Instrumentenlandung würde machen müssen. Das wäre eine riskante Angelegenheit bei diesem Wetter. Mein Gott, hoffentlich nicht, dachte sie, als die Warnlampen aufleuchteten. Sie beugte sich zu Haller hinüber, um mit ihren geschickten Fingern seinen Gurt zu befestigen.
    »Ich kenne jemanden, der ruhig ein bißchen abnehmen dürfte«, neckte sie ihn, als sie den Gurt über seinen leichten Wohlstandsbauch zog. Dann befestigte sie ihren eigenen Sicherheitsgurt und drückte mit fester Hand ihre Zigarette aus. Die Wahrheit war nämlich die, daß Elsa Lang eine schreckliche Angst vorm Fliegen hatte, eine Angst, die sie vor jedermann verbarg – sogar vor Harry Wargrave, der von sich glaubte, er kenne Elsa besser als jeder andere.
     
     
    Die Schweizer Maschine landete um 20 Uhr 05 auf dem Mailänder Flughafen. Es war noch immer Donnerstag, der 6. Januar. In weniger als sechsunddreißig Stunden würde Wargrave mit der Hawker-Siddeley 125 zu seinem Flug nach Bukarest aufbrechen, um Angelo abzuholen. Am Flughafen zeigte sich Haller von der Organisation Oberst Molinaris beeindruckt; sie wurden diskret an sämtlichen Zoll- und Paßbeamten vorbeigeleitet und schnell in einen großen fensterlosen Lieferwagen verfrachtet. Das Innere des Fahrzeugs strafte sein schlichtes Äußeres Lügen.
    Es war mit bequemen Sitzen mit ledernen Armlehnen ausgestattet und gegen die bittere Kälte draußen gut beheizt. Sie lehnten sich entspannt zurück, als der Wagen den Flughafen durch die Frachteinfahrt verließ. Auf dem Vordersitz saß Molinari hinter einem kleinen Tisch und sprach auf italienisch sprudelnd in ein Funktelefon. Haller hatte keine Ahnung, was er sagte, aber Wargrave und Elsa, die beide fließend italienisch konnten, entnahmen dem Wortschwall, daß Molinari ihre unmittelbar bevorstehende Ankunft am Bestimmungsort ankündigte.
    »Dieses Fahrzeug ist ziemlich eindrucksvoll«,

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