Lawinenexpreß
er.
»Ich habe läuten hören – aus sehr zuverlässiger Quelle –, daß die Geiger-Gruppe sehr bald nach Holland einsickern wird. Ich habe schon das Venlo-Team in Alarmbereitschaft versetzt.« Er zog an seiner Zigarre. »Ärgerlich ist nur, daß man die holländische Grenze so leicht überschreiten kann…«
»Das ist wirklich eine schlechte Nachricht«, bemerkte Wargrave.
Die Geiger-Gruppe, eine Bande von Terroristen, hatte während des vergangenen Jahres in der Bundesrepublik Deutschland verheerend gewütet. Die Terroristen hatten Banken überfallen, Geiseln genommen und einen führenden deutschen Politiker entführt; sie hatten sogar versucht, ein großes Kraftwerk in die Luft zu sprengen. Und das alles im Namen der Freiheit und der Weltrevolution, was sie auch immer darunter verstehen mochten. Wargrave bezweifelte, daß die Terroristen es selbst wußten.
»Ich glaube, daß sie vom KGB finanziert werden«, bemerkte Scholten ruhig. »Durch Fernsteuerung natürlich. Das Problem besteht darin, dafür Beweise zu finden. Das würde den Genossen Sedow in eine schwere Bredouille bringen.«
»Warum kommen die Burschen her?«
»Die Deutschen haben ihnen zu sehr eingeheizt – also ziehen sie weiter in ein Land, von dem sie hoffen, es werde ihnen die Arbeit leichter machen. Ich würde sie liebend gern vor die Visiere des Venlo-Teams bekommen.« Scholten sprach von der Scharfschützeneinheit, die er gerade für solche Eventualitäten persönlich gegründet hatte. »Du bist aber nicht hergekommen, um dir meine Probleme anzuhören! Welche Sorgen hast denn du?«
»Wir sind hier, um einen äußerst wichtigen antikommunistischen Agenten herauszubringen«, sagte Wargrave vorsichtig. »Es kann sein, daß wir ihn mit dem Atlantik-Expreß herbringen. Ich kann dir später vielleicht mehr sagen – mit einer verschlüsselten Meldung. Wir werden das Scarab-System benutzen.«
»Ein dicker Fisch?« fragte Scholten beiläufig. »Oder rede ich beim jetzigen Stand der Dinge zuviel?«
»Ein dicker Fisch – einer, der das konzentrierte Feuer des KGB auf sich ziehen könnte, weil er zuviel weiß.«
Scholtens blaue Augen glänzten. »Wenn es dir gelingt, die Untergrundorganisation des KGB aus der Reserve zu locken, weil sie versuchen muß, diesen Mann zu ermorden, wäre das für uns eine einzigartige Gelegenheit, der Viper den Kopf abzuschlagen.«
»Solange nicht meiner dabei dran glauben muß, du blutrünstiges Ekel«, sagte Wargrave liebenswürdig. »Und das Flugzeug?«
»Die Boeing 707 deiner amerikanischen Freunde ist vor zehn Minuten gelandet – kurz bevor ihr selbst gelandet seid. Sie steht jetzt schwer bewacht in einem entlegenen Teil des Flughafengeländes. Und da eure Swissair-Maschine erst um sechzehn Uhr vierzig startet, könnten wir mit deinen Freunden jetzt vielleicht einen Drink nehmen – falls das nicht deine Sicherheitsvorkehrungen durcheinanderbringt. Ich würde gern dieses attraktive Mädchen kennenlernen…«
Wargrave war amüsiert. Er hatte die Maschine allein verlassen. Haller und Elsa warteten jetzt in der Lounge für Anschlußflüge. Scholten zwinkerte mit den Augen. »Ich habe beobachtet, daß sie dich mit einem ganz bestimmten Blick ansah, als du aus der Maschine kamst. Sie mag dich sehr.«
»Los, gehen wir also und nehmen einen Drink – mit meinen Freunden«, erwiderte Wargrave.
Der große Schneesturm tobte noch immer über Europa. Im Fernsehen sahen die Zuschauer dramatische Bilder der völlig zugefrorenen Elbe, erlebten mit, wie Schneepflüge in Österreich auf verlorenem Posten kämpften und wie die Schweizer zum drittenmal in diesem Jahrhundert auf dem Zürichsee Schlittschuh laufen konnten. Der Swissair-Flug 793 von Schiphol nach Zürich war ein Alptraum. Seitdem die Maschine die Grenze zur Bundesrepublik überflogen hatte, war die DC-9 in dichtes Schneetreiben und in eine Turbulenz nach der anderen geraten. Elsa sah nicht mehr aus dem Fenster, und Haller hatte seinen Roman weggelegt. Hinter ihnen saß Wargrave, die Hände auf dem Schoß zur Faust geballt, und blickte dauernd auf die Uhr. Nach der Landung in Zürich mußte er sofort einen wichtigen Anruf erledigen.
Beim Verlassen der Maschine auf dem Flughafen wurde er von einem Polizeibeamten in Empfang genommen, der ihm anbot, ihn zu Oberst Springer zu bringen, der über seine Ankunft Bescheid wisse. »Warten Sie eine Minute«, sagte Wargrave, »ich muß nur schnell meine Verlobte anrufen…«
Er wählte die Nummer in Andermatt und
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