Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)
Entferntesten daran, mich einzustellen.
Zum Glück teilte nicht jeder ihre Ansichten. Eric Schmidt war mir während meiner Jahre im Finanzministerium mehrfach begegnet und nun traf ich ihn, als er gerade CEO des damals relativ unbekannten Unternehmens Google geworden war. Nach mehreren Vorstellungsgesprächen mit den Firmengründern bekam ich eine Stelle angeboten. Angesichts meines rapide schwindenden Bankguthabens war es höchste Zeit, in ein bezahltes Arbeitsverhältnis zurückzukehren. In typischer – und ja, durchaus lästiger – MBA -Manier legte ich eine Tabelle an und trug darin meine Auswahlkriterien und meine verschiedenen Optionen ein. Ich verglich die einzelnen Tätigkeiten, den Verantwortungsgrad und so weiter. Mein Herz wollte zu Google mit seiner Mission, der Welt Zugang zu Informationen zu verschaffen, aber in meiner Tabelle kam die Google-Stelle bei weitem am schlechtesten weg.
Ich ging wieder zu Eric und erläuterte mein Dilemma. Die anderen Unternehmen wollten mich einstellen, damit ich richtige Aufgaben übernahm, Teams leitete und Ziele erreichte. Bei Google hätte ich die erste »Managerin für Allgemeine Geschäftsbereiche« werden sollen. Das klang großartig, wenn man von der Tatsache absah, dass es bei Google keine Geschäftsbereiche gab und folglich auch nichts , was man hätte leiten können. Die Stelle war nicht nur auf einer niedrigeren Ebene als meine anderen Angebote, es war auch noch völlig unklar, worum es bei dem Job überhaupt ging.
Eric antwortete mir mit dem vielleicht besten Karrieretipp, den ich je gehört habe. Er verdeckte mit seiner Hand die Tabelle und forderte mich auf, kein Dummkopf zu sein (ebenfalls ein großartiger Tipp). Dann erklärte er, dass nur ein einziges Kriterium zählt, wenn man sich für einen Job entscheidet – schnelles Wachstum. Wenn Unternehmen schnell wachsen, gibt es mehr Dinge zu tun als Leute, die diese Dinge tun können. Wenn Unternehmen langsamer wachsen oder zu wachsen aufhören, gibt es weniger zu tun und zu viele Leute für zu wenige Aufgaben. Taktisches Geschacher und Stagnation sind die Folge, und alle geraten ins Straucheln. Er sagte: »Wenn man Ihnen einen Platz in einem Raumschiff anbietet, fragen Sie nicht nach dem genauen Sitz. Steigen Sie einfach ein.« In dem Augenblick entschied ich mich. Google war klein und unstrukturiert, aber es war ein Raumschiff. Und noch wichtiger war für mich: Es war ein Raumschiff, dessen Mission mich zutiefst überzeugte.
Im Laufe der Jahre habe ich Erics Rat an unzählige Menschen weitergegeben und sie ermutigt, ihre Karrieretabellen auf eine Spalte zu beschränken: Wachstumspotential. Natürlich hat nicht jeder die Gelegenheit oder den Wunsch, in einer Branche wie der Hightechindustrie zu arbeiten. Doch gibt es in jedem Gebiet Jobs, die mehr Wachstumspotential haben als andere. Wer in eher etablierten Branchen arbeitet, kann innerhalb seiner Firma nach den Raumschiffen suchen – Abteilungen oder Teams, die expandieren. Und in Berufsfeldern wie Bildung oder Medizin ist die logische Schlussfolgerung, dass man sich Jobs an Orten sucht, an denen es eine hohe Nachfrage nach den entsprechenden Fachrichtungen gibt. Zum Beispiel gibt es im Bereich meines Bruders, der pädiatrischen Neurochirurgie, Städte mit zu vielen Fachleuten und andere mit zu wenigen. Mein Bruder hat immer an Orten mit großer Nachfrage für seine Expertise gearbeitet, damit er größtmögliche Wirkung erzielen kann.
So wie ich glaube, dass jeder einen langfristigen Traum haben sollte, glaube ich auch, dass jeder einen Achtzehnmonatsplan braucht. (Ich sage achtzehn Monate, weil mir zwei Jahre zu lang erscheinen und ein Jahr zu kurz, aber es muss nicht irgendeine ganz bestimmte Zeitspanne sein.) In meinem Achtzehnmonatsplan lege ich üblicherweise Ziele an zwei Fronten fest. Zunächst, und das ist am wichtigsten, lege ich Ziele fest, die mein Team erreichen kann. Die wertvollsten Angestellten konzentrieren sich auf Ergebnisse und Wirkung – so wie Lori, die klugerweise Facebooks Rekrutierungsproblem in den Mittelpunkt stellte und nicht sich selbst. Das ist nicht nur gemeinschaftliches Denken – was von Frauen oft erwartet wird und klug ist – , sondern auch ziemlich gutes Unternehmertum.
Zweitens versuche ich, persönliche Ziele festzulegen, also welche Fähigkeiten ich mir in den nächsten achtzehn Monaten aneignen will. Auch wenn das oft unangenehm ist, frage ich mich: »Wie kann ich besser werden?« Wenn ich Angst davor habe,
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