Leaving Paradise (German Edition)
fast ein Jahr lang weg gewesen. Hab etwas Geduld mit ihnen. Du führst dich auf, als müssten sie sich bei dir entschuldigen, und nicht andersherum. Was haben sie falsch gemacht, hm? Vielleicht solltest du zur Abwechslung mal die Schuld bei dir suchen, Caleb. Dies könnte dir die Augen öffnen.«
»Die Wahrheit würde allen die Augen öffnen«, entgegne ich.
Klick. Klick. »Wie war das?«
Ich schüttle den Kopf. »Nichts. Vergessen Sie es.«
Damon schlägt wieder die Akte auf. Sie erzählt Damon wahrscheinlich alles über mein Leben vor, während und nach der Verhaftung. Ich frage mich, ob etwas davon drin steht, wie ich Joe Sanders Haus mit Toilettenpapier umwickelt habe. Oder wie ich einen Typen von der Fremont High verprügelt habe, weil er meine Schwester damit aufgezogen hat, ihr sei die Dauerwelle explodiert. Die Leute haben zu mir aufgesehen, ich war der coole Rebell. Jetzt bin ich der verurteilte Straftäter. Nicht cool.
Er reicht mir ein paar Zettel. »Du lebst in einer Kleinstadt, Caleb. Daher ist die Auswahl an gemeinnütziger Arbeit nicht besonders groß, aber auf deinem Fragebogen hast du notiert, dass du Erfahrung im Baugewerbe und mit kleinen Handwerksarbeiten am Haus hast.
»Ich habe während der Sommerferien immer auf den Baustellen meines Onkels gearbeitet«, erzähle ich ihm.
»Also gut. Am Montag nach der Schule meldest du dich um Punkt Viertel vor vier beim Trusty Nail Eisenwarenladen. Sei pünktlich. Sie weisen dir eine Arbeitsstätte zu und bringen die benötigten Materialien dort vorbei. Wenn du eine Arbeit fertiggestellt hast, lass es dir auf einem dieser Zettel quittieren. Einfach genug?«
»Klar.«
»Ich habe nur noch ein paar Fragen. Dann bleibt dir meine hässliche Visage eine ganze Woche lang erspart.« Als Damon mir den Blick zuwendet, fragt er: »Was ist mit Körperkontakt?«
»So was wie Sex?«
Damon zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht, erzähl du es mir. Hat deine frühere Freundin dich sehnsüchtig vor dem Haus erwartet, als du gestern heimgekommen bist?«
Das Lachen bleibt mir im Halse stecken. »Eher nicht. Meine Schwester hat mich umarmt, mein Dad hat mir die Hand geschüttelt und ein paar von Moms willkürlichen Freunden haben mir gestern Abend auf den Rücken geklopft.«
»Ging es von dir aus?«
»Nein. Das ist ja abartig, Mann.«
»Caleb, einige haben Bindungsprobleme, wenn sie nach Hause kommen. Es fällt ihnen schwer nachzuvollziehen, welche Art von Körperkontakt angemessen ist und welche …«
»Ich habe ein Mädchen berührt«, unterbreche ich ihn.
Klick. »Erzähl mir davon.«
Ich denke an gestern Abend zurück, als Maggie versucht hat aufzustehen. Der heftige Schmerz, den sie gespürt hat, wurde deutlich an ihren zusammengebissenen Zähnen, den geballten Fäusten und den gerunzelten Augenbrauen. Seit ich aus dem Knast zurück bin, ist Maggie der einzige Mensch gewesen, nach dem tatsächlich ich die Hand ausgestreckt habe. Es ist nicht gut gelaufen.
»Ein Mädchen hat Hilfe beim Aufstehen gebraucht, also habe ich versucht, ihr Halt zu geben. Ende der Geschichte.« In gewisser Weise.
»Hat sie sich bei dir bedankt?«
Ich zögere, dann hebe ich einen Stein auf und schleudere ihn bis zum Basketballplatz am anderen Ende des Parks. »Sie hat schnell ihren Arm weggezogen. Ist es nicht das, was Sie hören wollen?«
»Wenn es die Wahrheit ist.«
Ich drehe mich um und werfe ihm einen Blick zu. Er weiß, dass ich ihn nicht verarsche.
»Vielleicht warst du zu grob.«
Ich war nicht zu grob«, sage ich barsch.
»Wer war sie?«
Ich greife nach hinten und massiere den hartnäckigen Knoten in meinem Nacken. Wenn ich nicht antworte, wird Damon wahrscheinlich morgen und jeden weiteren Tag auf der Matte stehen, bis ich es ihm verrate. Und überhaupt, was ist schon groß dabei? Ich werfe einen Blick zur alten Eiche und rechne beinah damit, Maggie mit ängstlicher und zugleich wütender Miene dort sitzen zu sehen.
Ich gucke wieder Damon an, der immer noch auf eine Antwort wartet.
Dann spreche ich es schließlich aus: »Ich habe das Mädchen berührt, das ich zum Krüppel gemacht habe und wegen dem ich im Gefängnis gesessen habe.«
Klick.
10 Maggie
»Alles in Ordnung?«, fragt Sabrina.
Ich sitze in der Schule auf dem Boden vor meinem Spind und suche die Bücher für die erste Stunde zusammen. In den Tagen direkt nach den Sommerferien muss man sich erst immer wieder an alles gewöhnen. Ich war ein ganzes Jahr lang fort. Ich sehe zu ihr hoch und
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