Leaving Paradise (German Edition)
haben.
Sie schluchzt, während ich das Haus verlasse und die Straße hinunterlaufe.
Ich habe zehn Häuser passiert, ehe mir klar wird, wohin ich gehe: zu Mrs Reynolds. Die alte Dame ist die Einzige, die den Mumm hat zu helfen. Vielleicht lässt sie mich bei ihr wohnen, in dem kleinen Zimmer über der Garage.
Die zwanzig Minuten, die ich warten muss, bis der Bus nach Hampton kommt, erscheinen mir wie eine Ewigkeit. Als er dort eintrifft und ich einen Blick auf das Haus der alten Dame geworfen habe, fühlt es sich an wie nach Hause kommen.
Ich läute bei ihr und hoffe, sie hört die Klingel. Vielleicht baue ich ihr eine dieser Birnen ein, die aufleuchten, wenn es an der Tür klingelt, damit sie zurechtkommt, wenn sich ihr Hörvermögen weiter verschlechtert.
Als ich ein zweites Mal klingle, geht die Tür auf. Aber vor mir steht nicht Mrs Reynolds sondern der Typ, dem Auntie Mae’s Diner gehört. »Ist Mrs Reynolds zu Hause?«
»Bist du nicht Caleb Becker?«
»Ja, ich …«
»Woher kennst du meine Mutter?«, verlangt er zu wissen.
Ich schiebe die Hände in die Hosentaschen. »Ich habe für sie gearbeitet.«
Er schweigt verwirrt, dann mustert er mich verblüfft. »Du hast den Pavillon gebaut?«
»Ja.«
»Während Maggie Armstrong hier gearbeitet hat? Ihr zwei, gleichzeitig?«
»Mrs Reynolds war immer dabei«, versichere ich ihm.
»Wusste sie, dass du derjenige bist, der Maggie angefahren hat? Vergiss es, dein Gesichtsausdruck verrät mir, dass meine Mutter Bescheid wusste. Sie hat wahrscheinlich versucht, Frieden zu stiften, oder?«
»Ja, Sir. Ich muss mit Mrs Reynolds reden.« Sie ist der einzige Mensch, der mir geblieben ist.
»Sie ist gestern Morgen gestorben.«
Nein. Nein, das kann nicht wahr sein. Ein Loch bildet sich in meiner Brust und breitet sich immer weiter aus. »Sie lügen.«
»Meine Mutter hatte im Schlaf einen Herzanfall. Ich weiß zwar nicht, was hier vor sich gegangen ist, aber ich weiß, dass Maggies Mutter nicht möchte, dass du Zeit mit ihrer Tochter verbringst. Respektiere die Familie und lass sie in Ruhe.«
»Kein Problem. Überhaupt kein Problem«, sage ich.
42 Maggie
Mom hat mir erzählt, Mr Reynolds habe eine Überraschung für mich. Daher bin ich nach der Schule zu Auntie Mae’s Diner gegangen und Mr Reynolds hat mir die Schlüssel für den Cadillac seiner Mutter gegeben. Ich habe protestiert, aber Mom hat mir versichert, Mrs Reynolds würde wollen, dass ich ihn bekomme.
Jetzt hat Mom gerade Mittagspause und fährt mich bei Mrs Reynolds’ Haus vorbei. Sie hilft mir, die Garage zu öffnen. Ich lächle, als ich das Auto sehe, weil ich daran denken muss, wie Mrs Reynolds mir geholfen hat, meine Angst vor dem Autofahren zu überwinden.
»Bist du sicher, dass du bereit dafür bist?«, fragt Mom.
»Ja, ich bin mir sicher. Jetzt fahr zurück zur Arbeit. Ich komme schon klar.«
»Maggie, du hast in letzter Zeit viel Stärke bewiesen, aber ich weiß nicht, ob du schon bereit hierfür bist.«
Es ist an der Zeit, ihr zu erzählen, wie ich mich fühle. Ich habe versucht, es vor ihr zu verbergen, um sie nicht zu verletzen, aber ich glaube, es wird ihr mehr wehtun, wenn ich es weiter für mich behalte. »Mom, ich brauche mehr Raum«, sage ich und versuche, ihre Reaktion einzuschätzen. Sie sieht mich skeptisch an, aber an der Art, wie sie die Lippen konzentriert aufeinanderpresst, erkenne ich, dass sie mir zuhört und versucht zu verstehen.
Ich hole tief Luft und sage: »Ich weiß, es ist schwer für dich. Es war alles unglaublich schwer für mich … aber ich bin endlich so weit, meinen Körper und die Grenzen, die er mir setzt, zu akzeptieren. Ich bin ich … das neue Ich. Es ist vielleicht kein perfektes Ich, aber damit kann ich leben. Es ist an der Zeit, dass ich aufhöre vor meinen Leben davonzulaufen, meinst du nicht?«
Eine Träne rollt die Wange meiner Mutter hinunter. Sie lächelt mich an, mit diesem warmen Lächeln, das ihre Augen erreicht. »Der Unfall … er hat einen Teil von dir verschwinden lassen.«
»Nur, weil ich es zugelassen habe.«
Jetzt weinen wir beide. Ich umarme sie lange und fest.
Nach ein paar Minuten steigt sie in ihren Wagen und fährt davon. Sie gibt mir den Raum, den ich brauche. Nachdem ich einmal tief Luft geholt habe, lasse ich meinen Blick über den Garten schweifen. Und schlucke schwer. Der Pavillon steht mitten auf dem Rasen wie ein Schloss, umgeben von Blumenrabatten. Die Zwiebeln halten geduldig Winterschlaf, bis es Zeit für sie
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