Leaving Paradise (German Edition)
Kopf. »Möchtest du denn nicht, dass alles wieder so ist wie früher? Ich würde alles dafür tun, damit wir wieder eine normale Familie sind.«
»Hättest du darüber nicht nachdenken sollen, bevor du Maggie angefahren hast? Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal zu meinem eigenen Sohn sagen würde, aber du … Caleb Becker … bist ein selbstsüchtiger Bastard.«
Ich gehe an meinen Eltern und Leah vorbei in mein Zimmer. Dort ziehe ich einen Matchbeutel aus dem Schrank und stopfe Zeug hinein, ohne wirklich nachzudenken. Innerhalb von fünf Minuten bin ich so weit, dann sehe ich mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um.
Mein Lichtschwert liegt immer noch auf dem Regal, wo es auf meine Rückkehr warten wird. Aber ich komme nicht zurück. Hoffentlich wird Mom sich nicht mehr mit Pillen betäuben müssen, um ihr Leben zu ertragen, wenn ich erst mal weg bin. Und Leah kann das Leben führen, das sie möchte – mit oder ohne die Wahrheit. Und Dad … nun, eines Tages wird er sich der Realität stellen müssen. Wenn er bereit dazu ist.
Es liegt jetzt an mir, meinen Weg zu gestalten und nicht länger zu versuchen dafür zu sorgen, dass wir alle wieder ein normales Leben führen können. Scheiß auf normal. Normal existiert nicht. Caleb Beckers Familie existiert nicht. Ich bin nun auf mich allein gestellt.
Mit einem entschlossenen Seufzer trete ich zurück in den Raum, schnappe mir das Lichtschwert, stopfe es in den Matchbeutel und mache mich auf den Weg nach draußen. Leah steht an der Haustür und blockiert sie. »Geh nicht«, fleht sie.
»Lass mich durch.«
»Mom und Dad brauchen dich, Caleb. Ich brauche dich.«
Ich stoße ein bitteres Lachen aus. »Mom und Dad werden wunderbar klarkommen. Ihnen gefällt es, die Realität zu verleugnen. Was dich angeht …« Ich mustere ihre schwarze Kluft. »Du musst über den Unfall hinwegkommen. Sieh den Tatsachen ins Auge, bevor Leute wie Kendra dich dazu zwingen. Ich kann dich nicht länger beschützen. Es ist Zeit, dass du dich selbst beschützt.«
Ich gehe um sie herum und verlasse das Haus. Ich habe keine Ahnung, wo ich hingehe oder was ich tun soll, aber ich fühle mich frei. Den Matchbeutel über die Schulter werfend, laufe ich los. Als ich an Maggies Haus vorbeikomme, sehe ich sie nicht, weiß aber, dass sie da ist.
Ich salutiere ihr zum Abschied und laufe weiter.
In Mrs Reynolds’ Pavillon verbringe ich eine kalte, einsame Nacht. Als eine Sternschnuppe über mich hinwegschießt, während ich in den Himmel gucke, frage ich mich, ob die alte Dame mir damit ein Zeichen sendet.
44 Maggie
Gestern Abend hat Caleb mich auf dem Basketballplatz geküsst. Und ich habe den Kuss erwidert. Ich kann immer noch nicht fassen, dass diese beiden Dinge passiert sind. Ich hatte gedacht, mir ginge es gut damit, ihn nicht mehr so schrecklich zu brauchen. Ich hätte meine Lippen abwischen und sie mit Seife waschen sollen, ehe ich ins Bett ging, aber stattdessen habe ich mich immer wieder im Spiegel betrachtet. Meine Lippen sind noch immer geschwollen, eine stete Erinnerung daran, wie heiß und verlangend Calebs Lippen sich auf meine pressten.
Jahrelang habe ich mir ausgemalt, wie es sein würde, Caleb zu küssen, wie es sich anfühlen, wie es schmecken würde. Um ehrlich zu sein, wollte ich ihn wegstoßen, damit er sich so nach mir sehnen würde, wie ich mich nach ihm gesehnt hatte; ich wollte ihn zurückweisen, so wie er mich zurückgewiesen hatte.
Aber das konnte ich nicht.
All meine Kindheitsgefühle erwachten zum Leben – von dem Mal, als Caleb mir von dem Baum vor meinem Haus hinunterhalf, bis zu dem Mal, als er die Schuld für die zerbrochene Statue auf sich nahm. Es gelingt mir ebensowenig die Male zu vergessen, als er meinen Rücken tätschelte, während ich Leah wegen der Scheidung meiner Eltern vollheulte. Das ganze letzte Jahr hat der Unfall mein Leben bestimmt und mich zu der Person geformt, die ich nun bin.
Ich habe mir mein Leben zurückerobert.
Ich sitze auf meinem Bett und ziehe mein Hosenbein hoch. Mir fällt auf, dass mein Herz etwas weniger rast als sonst, während ich meinen Blick über die Narben gleiten lasse. Ich habe sie immer als wütende Narben bezeichnet, aber jetzt empfinde ich sie nicht länger als wütend. Sie machen mir nicht einmal mehr Angst. Ich ziehe die Linien mit meinen Fingern nach, und ich wünsche mir nicht einmal, sie mögen verschwinden. Sie sind ein Teil von mir.
Ich schließe die Augen und denke an den Unfall zurück. Es fühlt
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