Leb wohl, liebes Hausgespenst!
hingekauert hatte, sich rasch auf den Bauch legte. Es war ihr peinlich, daß Günther sie für einen Angsthasen halten könnte. Aber als sie einen Blick zu ihm hinüberwarf, sah sie, daß er es ebenso gemacht hatte.
Sie hätte sich gern umgewandt und Ingrid und Norbert am Ufer zugewinkt. Aber das war unmöglich; sie mußte sich mit beiden Händen festhalten. So lag sie denn flach auf dem Bauch, die Wellen klatschten von unten herauf, und die Gischt sprühte von oben auf ihren Rücken herab. Dazu brannte die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Monika war froh, daß sie ihr Strandkleid anbehalten hatte.
„Ist das nicht toll?!“ fragte Günther- das heißt, er schrie es, denn eine Unterhaltung in normalem Ton war nicht möglich. Das Segel knatterte, und das Meer brüllte.
„Phantastisch!“ schrie Monika zurück.
Sie sagte das nicht, um Günther zu gefallen, sondern weil es wirklich ein tolles Gefühl war, so eng verbunden mit den Elementen dahinzusausen.
„Wie klar das Meer ist!“ fügte sie hinzu.
Das Wasser war wirklich so durchsichtig blau, daß sie bis auf den Grund sehen konnten.
Dann, als sie Abstand vom Ufer gewonnen hatten, wurde das Meer mit einem Mal ganz ruhig. Der Katamaran wurde nicht mehr nach oben und unten geschleudert, sondern flog jetzt nur so über die glatte Meeresoberfläche.
Monika wagte es, sich aufzurichten. „Weißt du, wohin wir segeln?“ fragte sie.
„Zu den Sea Gardens!“
„Was ist denn das?“
„Du wirst schon sehen!“ Dann merkte er selber, daß seine Auskunft nicht gerade ausführlich gewesen war, und er fügte hinzu: „Seegärten auf deutsch! Die gehören zu den größten Attraktionen der Welt... steht jedenfalls im Prospekt.“
„Und man kann nur mit dem Katamaran hin?“
„Nein, das nicht. Es gibt Motorboote mit Glasböden. Durch die kann man die Seegärten auch besichtigen. Aber mit dem Katamaran ist es lustiger.“
„Finde ich auch!“
Die kleine Unterhaltung war doch sehr anstrengend gewesen. Monika und Günther hatten sich gegenseitig anbrüllen müssen. Deshalb gaben sie es auf und beschränkten sich darauf, Sonne, Wind und Meer zu genießen und sich von Zeit zu Zeit gegenseitig zuzulächeln.
Nach etwa einer halben Stunde reffte Jonny das Segel, der Katamaran verlor immer mehr an Fahrt und glitt nur noch langsam dahin.
„Here we are!“ rief Jonny. „Look!“
Monika verstand seine Worte nicht.
„Wir sind da!“ übersetzte Günther. „Sieh ins Wasser!“ Monika legte sich auf den Bauch und schob ihren Kopf über die Kufe hinweg, so daß sie den Meeresboden sehen konnte. Was sie sah, war so erstaunlich, daß sie ein begeistertes „Ah!“ ausstieß.
Auf dem Grund des Meeres, von der Strömung des Wassers abgeschliffen, gab es kleine Felsen. Auf ihnen wuchsen Blumen — jedenfalls waren es Gebilde, die wie Blumen aussahen. Sie schimmerten in allen Farben, von tiefem Grau bis zu wundervoll leuchtendem Rosa. Ihre Blätter bewegten sich mit anmutiger Schwerelosigkeit im Wasser. Oder waren es seltsame Tiere, die sich dort unten festgesetzt hatten? Wahrscheinlich waren das, was Monika zuerst für Blätter gehalten hatte, Fühler oder Arme, mit denen sie die winzigen Bewohner des Meeres einfingen.
Mittendrin in diesem sonderbarsten Garten, den Monika je gesehen hatte, schwammen Fische, große und kleine, plattmäulige, rundköpfige, aber auch schlanke, elegante. Es gab keine Farbe oder Form, die hier fehlte. Einige flitzten hastig dahin, als wären sie ungeheuer beschäftigt. Andere bewegten nur von Zeit zu Zeit ganz lässig den Schwanz oder eine Flosse, um dann wieder ruhig dahinzugleiten.
Das Bild, das sich Monika bot, wechselte von einer Sekunde zur anderen. Immer wieder gab es etwas Neues zu sehen. Sie hätte stundenlang in die Tiefe starren können.
Aber da ging ein Ruck durch den Katamaran. Jonny hatte das Segel wieder gespannt. Der Seegarten entschwand ihren Blicken, statt dessen bot sich ihr nur noch ein ganz gewöhnlicher Meeresboden dar, über den hin und wieder der Schatten eines großen Fisches huschte.
„Wie schade!“ rief sie und richtete sich auf.
Jetzt erst merkte sie, warum Jonny es vorgezogen hatte, auf und davon zu segeln. Ein großes Motorboot näherte sich vom Hafen her.
Auch Günther hatte sich aufgesetzt. „Na, war das was?“ fragte er ein wenig gönnerhaft.
„Ungeheuer!“ rief Monika. „Wie ein riesiges Aquarium... nur viel schöner!“
„Vielleicht studiere ich später Meeresbiologie. Es wäre noch interessanter,
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