Leb wohl, liebes Hausgespenst!
Bleib nur ruhig der Held des Tages.“
„Hoffentlich versucht bloß kein Idiot mir das nachzumachen.“
„Keine Bange. Selbst wenn es jemandem gelänge, die Palme zu erklimmen... spätestens, wenn er oben wäre, würde er den Mut zum Sprung verlieren. Oder es müßte schon ein echter Idiot sein.“
Sie erreichten den Strand, an dem es heute wesentlich lebhafter zuging, als an Monikas Ankunftstag. Aber daß es von Menschen nur so wimmelte, hätte man auch nicht sagen können; dazu war die Bucht viel zu groß. Meer und Himmel waren heute von einem so leuchtenden Blau, wie sie es erst auf ihrer Fahrt durch die Karibik kennengelernt hatte. Aber das Wasser war durchaus nicht ruhig, sondern sehr bewegt. Große Wellen mit weißen Schaumkronen brachen sich am Ufer.
Ein schwarzer junger Mann — sehr schlank, kräftig und sicher fast zwei Meter groß — war dabei, den Katamaran ins Wasser zu schieben. Er trug eine rote Badehose, und die Muskeln spielten unter seiner glänzenden dunklen Haut.
„Good morning, Jonny!“ rief Günther. „Sorry, I’m late!“ Jonny erwiderte den Gruß, ohne zu lächeln; er musterte Monika ernsthaft mit seinen großen schwarzen Augen. Monika hatte das Gefühl, daß sie für ihn ein winziges weißhäutiges Nichts war. Womöglich, dachte sie, hat er noch nie ein rothaariges Mädchen gesehen. Oder doch? Natürlich. Viele Engländerinnen sind ja rothaarig!
Günther redete auf Jonny ein. Monika verstand kein Wort. Aber sie begriff, daß es um sie ging, und ihr war ein wenig unbehaglich zumute. Sie war erleichtert, als sich herausstellte, daß sie doch nicht gewogen und zu leicht befunden worden war.
„Du kannst mit!“ erklärte Günther und begann sich, bis auf seine Badehose, auszuziehen.
„Und ich dachte schon...“
„Ja, er hatte Bedenken. Man muß sich nämlich auf dem Katamaran festhalten, sonst fliegt man ins Wasser. Aber ich habe ihm gesagt, daß du stärker bist, als du aussiehst... „
„Woher willst du denn das wissen?“
„Ich denk’s mir nur. Und schwimmen kannst du doch auch?“
„Natürlich.“
„Dann fischen wir dich im Notfall eben wieder raus.“
„Haifische gibt es hier doch hoffentlich nicht?“ fragte Monika, nun doch ein bißchen ängstlich.
„Keine Sorge. Aber, sag mal, willst du dich nicht ausziehen? Man wird nämlich naß auf dem Boot.“
Monika zögerte. „Weißt du, ich glaube, ich lasse mein Kleid doch lieber an. Ich habe furchtbar empfindliche Haut, und ein Sonnenbrand wäre genau das, was ich nicht brauchen kann.“
„Wie du meinst.“
Ingrid und Norbert waren jetzt auch an den Strand gekommen und begutachteten den Katamaran.
„Ein ziemlich wackliges Ding“, sagte Norbert und war versucht, mit dem Fuß dagegenzutreten — aber ein Blick von Jonny ließ ihn davon Abstand nehmen.
Bei dem Katamaran handelte es sich wirklich um eine sehr leichte Konstruktion. Zwei hölzerne Kufen waren in der Mitte durch zwei Streben verbunden, an denen das Segel befestigt war. Zwischen den Kufen war Segeltuch gespannt. „Wie soll denn das gehen?“ fragte Ingrid.
„Du wirst schon sehen!“ erwiderte Günther.
„Also... ehrlich gestanden, ich bin froh, daß ich da nicht rauf muß.“
„Wer’s glaubt, wird selig!“ gab Monika zurück. „Du bist bloß neidisch!“
„Wir sprechen uns wieder, wenn du zurückkommst... falls du zurückkommst, meine ich.“
„Alte Unke!“
Günther wandte sich an Ingrid. „Hör mal, du könntest Monika einen Gefallen tun! Bring ein Badetuch und trockenes Zeug an den Strand, damit sie sich nachher gleich umziehen kann.“
„Wer denkst du, wer ich bin? Monikas Dienerin?“
„Nein. Ihre Freundin.“
Monika fand es sehr nett von Günther, daß er an trockene Sachen gedacht hatte und sehr albern von Ingrid, daß sie sich anscheinend bitten lassen wollte. „Tu es oder laß es!“ sagte sie. „Ich werde auch nicht davon sterben, wenn ich in nassem Zeug zum Hotel laufen muß!“
Jonny hatte inzwischen den Katamaran so weit ins Meer hinaus geschoben, daß ihm das Wasser bis zu den Hüften stand. Jetzt winkte er Günther und Monika zu, und sie wateten zu ihm hin. Mit seinem langen Arm zog Jonny Monika auf das Segeltuch hinauf. Günther schaffte es allein. Jonny schwang sich auf den Steg zwischen den Kufen und nahm die beiden dünnen Taue in die Hände, mit denen er das Segel manövrieren konnte.
Der Katamaran schoß so schnell los, über Wellenkämme und durch Wellentäler, daß Monika, die sich anfangs
Weitere Kostenlose Bücher