Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)
so?“ Oder man will es nicht sehen, und manche wissen vielleicht sogar, warum, verdienen aber Geld mit Pharmazeutika und Impfstoffen. Wenn das so ist, dann weiß ich: Da läuft etwas komplett schief.
Ich glaube, auf der sichtbaren Ebene – damit meine ich die mit unseren Sinnen wahrnehmbare – scheint ja alles gut. Alles wächst, alles gedeiht, die Städte werden immer zahlreicher, die Siedlungen größer, Einkaufszentren entstehen. Du hast mehr und mehr Möglichkeiten, die Autos werden besser, werden sicherer und alles wird einfacher. Kommunizieren ist durch das Mobiltelefon leichter geworden, im Januar kann ich Erdbeeren kaufen, bin mit 20 Milchsorten versorgt, und so weiter. Auf dieser Ebene ist alles wunderbar, und dennoch dürfte der Mensch noch andere Sensoren haben, die uns bereits sagen, dass da irgendetwas nicht stimmt, dass da irgendetwas außer Balance ist – dass sich der Sturz schon drei Kurven zuvor ankündigt, du aber ohnmächtig bist, etwas dagegen zu unternehmen, weil es dein Betriebsmodus jetzt einfach nicht zulassen will.
Das ist, so glaube ich, auch der Grund, weshalb viele Leute nicht glücklich sind. Sie holen sich dieses kurze Gefühl des Glücklichseins immer irgendwo, wofür es ja zahlreiche Angebote gibt. Sie sind aber im Innersten unzufrieden und leiden. Das äußert sich dann meistens in körperlichen Reaktionen, Krankheiten, psychischen Störungen, Depressionen oder Burn-out … wie auch immer man es nennt. All das muss einen Grund haben. Es muss einenGrund haben, warum so viele nur mehr auf hundertachtzig sind und eigentlich nicht mehr belastbar.
Mir begegnen immer mehr Menschen, die sagen: „Dies muss sich ändern, jenes kann so nicht weitergehen. Das ist ja alles nur mehr Wahnsinn.“ Ich war neulich mit meiner Mutter bei ihrer Bank, weil sie da etwas zu erledigen hatte und mich dabeihaben wollte, um ihr zu helfen. Wir trafen ihre Bankbetreuerin, die ich persönlich nicht kannte – eine nette Dame. Wir plauderten ein wenig, dann sagte sie einiges, was ich mir von einer Bankangestellten nicht erwartet hätte: „Das gesamte System ist außer Rand und Band“, meinte sie. „Es wird alles zusammenbrechen, das geht so sicher nicht weiter, und es muss sich etwas ändern. Wir müssen erkennen, was wirklich einen Wert hat, und was nicht.“ Diese Frau steckt mitten im System, arbeitet bei einer Bank und verkauft Finanzprodukte. Sie weiß genau, was „los ist“, spürt die Probleme. Sicher gibt es auch viele Menschen, die diese Alarmsensoren nicht haben und die sich denken: „Ach, das wird schon alles gut gehen.“ Auch wenn du zum Beispiel merkst, dass dein Körper nicht mehr so funktioniert, wie er funktionieren sollte, dann sagst du vielleicht: „Ach was, das vergeht schon, das stecke ich schon weg.“ Du willst es nicht wahrhaben.
Erst seit ich selbst mehr Ruhe gefunden und mehr Zeit habe, ist es mir möglich, unser Treiben etwas mehr von außen zu beobachten. Ich bin sozusagen in einem anderen Modus. Nicht nur ich bin das, es sind bereits viele Menschen, die kritisch beobachten und sich denken: „Es läuft etwas falsch.“ Ich wundere mich nicht mehr darüber, wenn ich in einer Zeitung einmal eine Headline sehe, in der steht: „Amokläufer …!“ Ich bin regelrecht dankbar dafür, dass es nur so wenige sind, die Amok laufen. Gründe zum Amoklauf bietet unsere Welt ja genügend. Ich befürchte, dass viele Menschen knapp davor stehen, irgendwann einmal auszurasten, weil sie einfach unter ständigem Druck stehen.
Was ist Selbstverwirklichung?
Clemens G. Arvay: Die Selbstverwirklichung ist offensichtlich ein sehr wichtiges menschliches Bedürfnis. Wir möchten uns in unserem Leben selbst verwirklichen, unser Wesen entfalten und das umsetzen, was wir als unseren inneren Auftrag empfinden. Gleichzeitig stehen aber viele vor dem Problem, dass in der Gesellschaft ein immenser Anpassungszwang herrscht. Anders zu sein bedeutet auch – und oft geht es dabei nur um Äußerlichkeiten –, nicht akzeptiert zu werden. Die Selbstverwirklichung hat ja etwas mit Individualität zu tun, scheitert aber daran, dass eben dieses „Individuell-sein“, dieses Anderssein, in vielen Fällen gesellschaftlich gar nicht respektiert wird. Was sind deine Erfahrungen mit dem Anderssein? Welche Steine werden einem da in den Weg gelegt?
Roland Düringer: Bei der Selbstverwirklichung muss man meines Erachtens etwas vorsichtig sein, damit daraus kein Egotrip entsteht. Sich selbst zu
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