Lebe die Liebe
darauf, es zu erfahren.«
»Was zu erfahren?«
Diana spürte heißen Zorn in sich aufsteigen. Sie trat noch einen Schritt näher und fasste mit beiden Händen nach seinem Hemd. »Hör endlich auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln, Justin!«
Plötzlich wurden seine Gesichtszüge weich, und zum ersten Mal nach all den Jahren strich er ihr wieder mit der Hand übers Haar, wie er es früher so oft getan hatte. »Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, Diana. Du warst damals ein kleines Mädchen …«
»Ich weiß, Justin. Alles, was du für mich getan hast …«
»War ganz selbstverständlich«, unterbrach er sie.
Verzweifelt suchte Diana nach den richtigen Worten. Wie konnte sie ihn um seine Liebe bitten? Würde er sie nicht vielleicht sogar auslachen? »Ich wollte dir danken«, brachte sie schließlich stockend über die Lippen.
»Du brauchst mir nicht zu danken, Diana. Das habe ich getan, weil ich dich liebe.«
Verblüfft starrte sie ihn an. Hatte sie ihn richtig verstanden? Wollte er gar keine Dankbarkeit, sondern bot ihr stattdessen seine Liebe an?
»Justin, willst du mein Freund sein?«
Tränen brannten in seinen Augen. Schnell griff er nach ihren Händen und zog sie an die Lippen. »Ich habe meine kleine Schwester immer geliebt, und von heute an sind wir auch Freunde.«
»Ja, von heute an.« Sie nahm seine Hand zwischen ihre und strahlte ihn an. Sie hatte ihren Bruder zurück.
4. K APITEL
Es war bitterkalt, und Diana hatte die Heizung in ihrem Wagen voll aufgedreht, während sie ihn durch den dichten Verkehr lenkte. Die entgegenkommenden Scheinwerfer blendeten sie so sehr, dass sie ihre Augen zusammenkniff. Ihre Füße waren kalt, und vermutlich würde die Heizung erst dann den Innenraum des Autos aufgewärmt haben, wenn sie bereits das Restaurant erreicht hatte.
Sie war froh, dass sie die Einladung von Matt Fairman zum Abendessen angenommen hatte. Als stellvertretender Staatsanwalt war er besonders gut informiert, und es konnte nichts schaden, wenn sie sich diese Kenntnisse zumindest teilweise zunutze machte.
Es war Diana bisher immer gelungen, zu Matt ein freundschaftliches Verhältnis aufrechtzuerhalten, ohne ihn als Mann zu nah an sich herankommen zu lassen. Und so würde sie es auch heute halten.
Soviel Matt auch immer erfuhr, ebenso gern gab er auch Informationen weiter. Wenn sie ihm nachher erzählte, dass sie sich selbstständig gemacht hatte, dann würde diese Neuigkeit in den einschlägigen Kreisen schneller die Runde machen, als wenn sie eine ganzseitige Anzeige in der Zeitung aufgab.
Noch in der Woche nach ihrer Rückkehr aus Atlantic City hatte Diana bei Barclay, Stevens und Fitz gekündigt. Das war ihre Art, endgültig der Bevormundung durch ihre Tante zu entfliehen.
In den zwei Wochen, die seitdem vergangen waren, hatten sie manchmal Zweifel geplagt, ob sie nicht doch zu voreilig gewesen war. Bei Barclay hatte sie zumindest ihr monatliches Gehalt bezogen und sich nicht darum zu kümmern brauchen, neue Fälle zu bekommen. Aber sie hatte diese Sicherheit ganz bewusst aufgegeben und glaubte auch jetzt noch – trotz gelegentlicher Zweifel –, dass ihre Entscheidung richtig war. Es war der letzte Schritt zur Unabhängigkeit.
An manchen Tagen, wenn ihre Stimmung auf dem Nullpunkt war, sah sie sich zusammen mit einem weiteren Anwalt an einem leeren Schreibtisch sitzen und darauf warten, dass endlich das Telefon schellte und jemand ihre Hilfe brauchte – und sei es auch nur wegen eines Bußgeldbescheides der Verkehrspolizei. In guten Tagen jedoch verstärkte sich ihre Überzeugung, dass sie es schaffen und die Karriereleiter emporsteigen würde.
Nur eines tat ihr leid: Dass sie nicht noch länger hatte bei Justin bleiben können, nachdem sie sich endlich ausgesprochen hatten. Diana hatte es nicht abwarten können, nach Boston zurückzufahren und Barclay die Kündigung zu präsentieren. Es war nur gut, dass Justin Verständnis gezeigt hatte. Er wusste, dass der Ärger über die Lügen ihrer Tante noch frisch sein musste, damit sie diesen Schritt wagte.
Aber es gab noch einen Grund, warum Diana einige Tage früher aus Atlantic City abgereist war: Caine MacGregor. Dieser Mann war gefährlich für sie. Wenn sie noch daran gezweifelt hatte, so waren diese Zweifel ausgeräumt worden bei der Begegnung mit ihm in ihrem Zimmer, bevor sie zu Justin ging.
Es war nicht nur die körperliche Anziehungskraft, die er auf sie ausübte. Diana ahnte, dass mehr dahintersteckte, aber sie
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