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Lebe die Liebe

Lebe die Liebe

Titel: Lebe die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Recht, nach ihm zu verlangen. Zwei Wochen waren vergangen, und doch hatte sie immer noch den Ausdruck in seinen Augen vor sich, damals, im Wohnzimmer seiner Eltern. Sie hatte ihm wehgetan, und jetzt behandelten sie sich wie Fremde.
    Am besten wäre es wohl, sie suchte sich ein anderes Büro, in einer anderen Stadt. Willst du wieder weglaufen? fragte plötzlich eine kleine Stimme in ihr. Ja, sie wollte weglaufen – so schnell und so weit wie möglich. Nur ob es Zweck hatte, das wusste Diana nicht, denn eigentlich lief sie vor sich selbst davon.
    Seit wann liebte sie Caine? Vielleicht seit damals in Atlantic City, als er ihr so viel Verständnis nach ihrem ersten Zusammentreffen mit Justin entgegengebracht hatte. Oder vielleicht seit dem eisigen Morgen am Strand? Geahnt hatte sie es schon lange, aber sie hatte sich nicht erlaubt, daran zu denken oder es gar sich oder ihm einzugestehen.
    Es dauerte noch eine Weile, bis Diana sich endlich dazu zwang, aufzustehen und den Gerichtssaal zu verlassen. Draußen war es schon leicht dämmrig, der Himmel hing voller Wolken.
    Als Diana die Stufen hinabging, entdeckte sie plötzlich Chad. Einen Augenblick zögerte sie, aber dann ging sie auf ihn zu.
    »Chad.«
    Er sah auf und blickte in ihr Gesicht. »Ich habe auf Sie gewartet.«
    »Das sehe ich, aber Sie hätten besser drinnen gewartet. Es ist kalt.«
    »Nein, ich brauchte frische Luft«, entgegnete der junge Mann. »Sie lassen mich Beth nicht sehen.«
    »Ich werde mich morgen darum kümmern, dass Sie zu ihr dürfen«, versprach Diana.
    »Miss Blade …« Chad steckte die Hände in die Taschen und sah hinunter auf seine Schuhspitzen. »Ich habe es Ihnen wohl nicht leicht gemacht, oder?«
    »Machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Chad.«
    »Wissen Sie, als ich Beth weinen sah, vorhin im Zeugenstand … Am liebsten wäre ich Ihnen an die Gurgel gesprungen, Miss Blade«, gab der Junge zu und hob wieder den Kopf. »Während ich hier auf Sie gewartet habe, hab ich mir alles Mögliche überlegt, was ich Ihnen an den Kopf werfen wollte, wenn Sie herauskämen.«
    »Nun, Chad, dann mal los.« Diana griff unwillkürlich ihren Aktenkoffer fester.
    »Nein, ich hatte eine Menge Zeit zum Nachdenken.« Chad nahm eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie sich an. »Ich weiß jetzt, dass Sie mein Leben gerettet haben, Miss Blade – und das von Beth wahrscheinlich auch. Ich möchte Ihnen danken.«
    Diana war unfähig zu sprechen. Sie starrte auf die ausgestreckte Hand des jungen Mannes, dann in sein Gesicht, und schließlich ergriff sie die Hand.
    »Vorhin im Gerichtssaal konnte ich nur daran denken, dass Sie Beth wehtaten. Aber jetzt, hier draußen an der frischen Luft, habe ich wieder zurückgedacht an meine Zelle und mir vorgestellt, wie es gewesen wäre, wenn ich Jahre darin hätte verbringen müssen. Ich hätte es für Beth getan, aber wahrscheinlich hätte es gar nicht lange gedauert, und ich hätte sie dafür gehasst. Und sie … Beth hätte wohl nicht damit leben können, dass ich nur deshalb im Gefängnis saß, weil sie gelogen hat.«
    »Sie wird es bald überstanden haben«, versuchte Diana ihn zu beruhigen. »Kein Gericht der Welt wird sie dafür verurteilen, dass sie Angst vor ihrem Vater hatte.«
    »Wenn Beth vor Gericht muss«, sagte Chad und sah Diana bittend an, »würden Sie sie dann verteidigen?«
    »Ja, wenn sie das möchte, werde ich sie verteidigen. Und Sie werden da sein, Chad, um ihr zu helfen.«
    »Ja, bestimmt. Wir werden bald heiraten. Zum Teufel mit dem fehlenden Geld, wir werden es schon irgendwie schaffen.« Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Wissen Sie, ich dachte immer, ich müsste aller Welt etwas beweisen – mir selbst, Beth. Merkwürdig, auf einmal ist es gar nicht mehr wichtig zu beweisen, dass ich es schaffe.«
    Diana sah ihn nachdenklich an. »Sie haben recht, Chad«, erwiderte sie langsam. »Wenn man genügend Selbstbewusstsein hat, ist das gar nicht nötig.«
    »Es wird nicht leicht werden«, meinte Chad. »Aber die Hauptsache ist, wir beide sind zusammen. Nur das zählt.« Er strahlte Diana an. »Werden Sie zu unserer Hochzeit kommen, Miss Blade?«
    »Ja.« Diana drückte fest seine Hand. »Ja, Chad, ich werde zu Ihrer Hochzeit kommen. Und jetzt gehen Sie nach Hause. Ich sorge dafür, dass Sie Beth morgen sehen können.«
    Als Diana auf ihren Wagen zuging, waren die Kopfschmerzen verschwunden und auch die nagenden Zweifel, die sie noch kurz vorher im leeren Gerichtssaal gepeinigt hatten.

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