Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
meine betörenden Augen und er tut komischerweise alles, was ich von ihm verlange …« Gelangweilt trommelte sie auf dem Salzstreuer herum, als wäre ihr Vampircharme eine ganz normale Fähigkeit unter vielen, die man in seine Bewerbung schreiben konnte. Tippe dreihundert Anschläge pro Minute, bin sehr pflichtbewusst, kann andere dazu bringen, mir all meine Wünsche zu erfüllen.
»Sehr schön. Evie, könntest du dich vielleicht mit einem Vampirpärchen treffen, das das Apartment nebenan zur Untermiete haben will? Nur kurz überprüfen, ob alles seine Richtigkeit hat. Dich können sie nicht beeinflussen, also merkst du wahrscheinlich direkt, wenn sie dir irgendwelche Lügen auftischen.«
»Klar.« Mürrisch stocherte ich in meinem Rührei herum. Normalerweise mochte ich die wöchentlichen Sitzungen mit David und Arianna. Seit Viv die Paranormalen nicht mehr in Angst und Schrecken versetzte, hatte sich alles ein wenig beruhigt, aber irgendwas gab es in ihrer kleinen Organisation immer, was erledigt werden musste. Heute allerdings kam es mir so sinnlos vor. Es war alles so sinnlos. Lend hatte noch immer nicht angerufen. Das Ganze war erst zwei Tage her, aber die fühlten sich schon an wie ein ganzes Leben. So lange hatte zwischen uns noch nie Funkstille geherrscht.
Außerdem fragte ich mich, ob er seinem Dad wohl erzählt hatte, dass ich wieder bei der IBKP arbeitete. David hatte kein Wort gesagt und mir zur Begrüßung wie immer ein warmes Lächeln geschenkt und seinen Arm um meine Schulter gelegt. Und es ging ihn ja auch eigentlich gar nichts an. Er war zwar mein gesetzlicher Vormund, aber, wie Raquel schon gesagt hatte, sehr viel Gesetzliches war daran nicht. Trotzdem, er hatte mich bei sich aufgenommen, als Lend und ich aus der Zentrale ausgebrochen waren, und darauf vertraut, dass ich ihre Geheimnisse niemandem verriet, und er tat immer, was er konnte, um mir zu helfen. Es gefiel mir gar nicht, dass ich jetzt irgendwie das Gefühl hatte, auch ihn belogen zu haben.
Das alles gefiel mir gar nicht.
Wieder sah ich schmollend aus dem Fenster und richtete meine schlechte Laune auf die unschuldigen Fußgänger auf dem Bürgersteig. Eine Familie kam vorbei, Vater und Mutter hielten ein kleines Mädchen zwischen sich an den Händen. Aus irgendeinem Grund brachte mich dieser Anblick fast zum Weinen.
Eine laute Autohupe ertönte und lenkte meine Aufmerksamkeit weg von der Familie und hin zu einer Frau, die vollkommen gelassen mitten auf der Straße entlangspazierte, als gehörte sie ihr allein. Sie trug ein wallendes violettes Kleid, hatte glänzendes braunes Haar und mit einem Wimmern duckte ich mich unter den Tisch.
»Was zum –? Evie?«, fragte David.
»Eine Fee!«, zischte ich. »Da draußen!«
Arianna beugte sich zum Fenster vor. »Wo?«
»Die Frau in Lila! Nicht gucken! Ich meine, du wirst es nicht sehen können – sie trägt ihr Cover! Aber lenk nicht ihre Aufmerksamkeit auf uns!«
Nach einer angespannten Minute, die mir mehr wie eine Stunde vorkam, stupste mich Arianna mit der Fußspitze an. Na ja, eigentlich war es schon eher ein Tritt. »Sie ist weg. Kannst wieder raufkommen.«
Zögernd lugte ich über die Tischplatte und spähte die Straße rauf und runter, um sicherzugehen, dass die Fee auch wirklich weg war, dann setzte ich mich wieder hin. Mein Herz raste.
»Kanntest du sie?«, fragte David stirnrunzelnd.
»Nein! Die hab ich noch nie im Leben gesehen.«
»Ich frage mich, was sie hier macht.«
Reths Warnung, dass ich nicht in Sicherheit sei, flackerte durch meinen Kopf. »Nach mir suchen?«
»Glaub ich nicht«, schaltete sich Arianna ein, die mit dem Finger Muster in eine dünne Schicht Ketchup zeichnete, den sie auf den Tisch gekippt hatte. »Sie sah nicht so aus, als würde sie nach irgendwas suchen. Ist eigentlich ganz ruhig die Straße runtergeschlendert und hat sich noch nicht mal umgesehen.«
»Das kann aber doch kein Zufall sein. Wie viele Feen treiben sich denn hier rum?«
David zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Nach dem, was Arianna und ich wissen, könnte sie schon immer hier gewesen sein. Für mich sah sie aus wie eine ganz normale Frau.«
»Nur hübscher«, fügte Arianna hinzu. »Sollen wir dir jetzt jedes Mal Bescheid sagen, wenn wir irgendwo ’ne heiße Braut sehen, oder was?«
Ich sah sie finster an. »Ja genau, das bringt’s, herzlichen Dank.«
»Trotzdem, du hast recht. Das ist ziemlich ungewöhnlich.« David legte nachdenklich die
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