Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
flüsterte ich. Die Erinnerung an ihre Gesichter bereitete mir immer noch Magenschmerzen.
Ohne aufzusehen, hob er die Schultern. »Als Menschen kann man die eigentlich nicht mehr bezeichnen. Die Schoßhündchen der Unseelie machen’s meist nicht lang.«
Erschaudernd schlang ich die Arme um meinen Oberkörper. »Du musst mich jetzt echt nach Hause bringen. Ich glaube, diese Feen sind auf der Suche nach mir, und mir wär’s lieber, wenn sie mich nicht finden. Was machen wir überhaupt hier?«
Jack richtete sich mit einem breiten Lächeln auf, bei dem mir noch unbehaglicher zumute wurde als beim Anblick der Sklaven. In jeder Hand hielt er eine Glasflasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
»Uns betrinken?«
»Quatsch. Betrunken erträgt man das Feenreich auch nicht besser. Halt mal.« Er drückte mir die Flaschen in die Hand, zog dann zwei lange Streifen feuchten Stoff hervor und stopfte sie in die offenen Flaschen, bis nur noch ein paar Zentimeter herauslugten.
»Was –«
»Hältst du eigentlich irgendwann auch mal die Klappe?« Als er fertig war, griff er in die Tasche und förderte eine Schachtel Streichhölzer zutage.
Verpiept noch mal, nein. »Jack! Was hast du –«
Er zündete beide Lunten an und schnappte sich eine der Flaschen. Mit einem irren Grinsen im Gesicht drehte er sich um und schleuderte sie von sich. Die Flasche wirbelte träge durch die Luft, eine Leuchtspur hinter sich herziehend, bis sie schließlich hinter dem Schiffsdeck verschwand. Vielleicht funktionierte es ja nicht. Vielleicht Ein riesiger Feuerball loderte auf, erfüllte die Luft mit Qualm und Gestank und tauchte das Schiff in Flammen.
»Evie? Vielleicht solltest du das Ding jetzt besser werfen.«
Entsetzt blickte ich hinunter auf den brennenden Molotowcocktail in meiner Hand und schleuderte ihn dann, so weit ich konnte. Er zerschellte an der Seitenwand des Schiffs und der größte Teil der Flammen landete im silbernen Wasser des Sees.
Das sofort Feuer fing.
»Wow! Das hatte ich nicht erwartet!« Jack nickte anerkennend, als der Brand sich ausbreitete und sich über die Wasseroberfläche fraß. Das Schiff, nun von Flammen umhüllt, knirschte und stöhnte in seinem Todeskampf. »Ich glaube, der Tropfen Feenschnaps hat dem Benzin den Extrakick gegeben.«
Ein überirdisches Kreischen zerriss die Luft und fuhr mir tief in die Knochen. Ich verspürte keinerlei Drang, die Besitzerin dieser Stimme näher kennenzulernen.
Jack lachte und nahm meine zitternden Hände. »Das wäre dann der Moment, in dem wir wegrennen.«
Alte Freunde
»Jack!« Ich erkannte meine eigene Stimme kaum, die fast eine Oktave höher klang als sonst. Das lag teilweise an meiner Panik, aber vor allem an dem dichten, beißenden Rauch, der sich wie eine geballte Faust in meinen Rachen drängte. Er erfüllte die Luft, während der See hinter uns sich in ein flammendes Inferno verwandelte.
Ich konnte Jack kaum noch sehen, seine Hand war meine einzige Rettungsleine in diesem Albtraum. »Achtung!«, rief er und schon verzerrte sich die Landschaft mit einer schwindelerregenden Drehung. Jetzt standen wir noch immer auf derselben verpiepten Ebene, aber zumindest weit genug entfernt, um außer Gefahr zu sein. Ausläufer des Qualms klammerten sich an uns wie kleine Lebewesen und ich versuchte nach Kräften, sie abzuschütteln.
Dann sah ich zu, wie die dunklen Wolken in Wellen nach oben rollten und den roten Nachthimmel schwarz färbten. Der See brannte völlig ebenmäßig, ein einziges Flammenmeer, und selbst das Schiff der Dunklen Königin ragte daraus nur noch als niedriger Feuerhaufen empor.
Die Hände in die Hüften gestemmt, begutachtete Jack die Szenerie und nickte zufrieden. »Das hat ja noch viel besser geklappt, als ich gedacht habe.«
»Bitte, können wir jetzt gehen?« Solange wir das ganze Chaos sehen konnten, waren wir immer noch viel näher dran, als mir lieb war. Ich konnte mir vorstellen, wie ich mich unter dem Mitternachtsblick der Dunklen Königin fühlen würde, wenn sie uns entdeckte. Ich bekam eine Gänsehaut – ob aus Angst oder aus Vorfreude, wusste ich nicht. Aber keins von beidem war gut.
»Wozu die Eile? Gönn uns doch einen Moment, um uns im Glanz unseres Werks zu sonnen.«
»Unseres Werks? Ich wollte das doch gar nicht!«
»Nein?« Er legte den Kopf schief und hob die Augenbrauen. »Ich dachte, du hasst die Feen.«
»Tu ich auch, aber das heißt doch nicht, dass ich gleich ihr ganzes Reich in Brand stecken will!«
»Was hat
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