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Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Titel: Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiersten White
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desto mehr musste ich gegen die Panik ankämpfen.
    »Sie ist immer woanders. Nie zweimal am selben Ort. Was es ziemlich schwierig macht, sie zu finden, besonders, wenn einem dabei auch noch die Ohren vollgenörgelt werden, aber jetzt sind wir –« Triumphierend blieb er stehen. »Hier. Streck die Hand aus. Sag mir, was du fühlst.«
    Augenrollend hielt ich die Hand neben seine in die Leere und – dort war etwas. Oder nicht etwas, sondern vielleicht nur die Vorstellung von etwas. Es war nicht greifbar und ich war mir auch nicht sicher, wie ich es überhaupt wahrnahm, mit Ausnahme einer leisen Bewegung unter meinen Fingern, der Bestätigung eines Orts mitten im Nirgendwo. So, dachte ich, musste es Leuten gehen, denen Gliedmaßen amputiert worden waren und die immer noch Phantomarme oder -beine spürten. Nur dass es sich in unserem Fall um eine Phantompforte handelte. Es war nichts da, aber gleichzeitig war es, als müsste dort etwas sein.
    Jack beobachtete mich gespannt. »Du kannst es spüren, nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ja, vielleicht, ich weiß nicht. Komisches Gefühl.«
    »Es gibt keinen Grund, warum ich es können sollte und du nicht. Du kannst schließlich eine ganze Menge mehr als bloß Pforten öffnen. Das hier wäre ein Kinderspiel, wenn du dein Köpfchen mal ein bisschen anstrengen würdest, anstatt dir immer bloß Gedanken über deine Noten und die Uni und Knutschen zu machen. Besonders nicht übers Knutschen. So was Fieses aber auch.«
    »Ja, wenn man’s mit dir macht, auf jeden Fall. Aber das hier, wie machst du das?«
    »Ich glaube, dass die Feennahrung einen ein bisschen verändert. Und außerdem, wenn man lange genug zusieht und sich etwas dringend genug wünscht – du würdest dich wundern, was man dann alles kann. Was man dann alles tut. Die Feenpfade bedeuteten für mich den Weg in die Freiheit.«
    Bei dieser Erinnerung an Jacks Leben bei den Feen zog sich mein Herz vor Traurigkeit zusammen. Wie bei Vivian, aber Jack wirkte so viel selbstsicherer, so viel stabiler als sie. Was nicht viel heißen wollte, aber immerhin. Er war wenigstens nicht vollkommen unzurechnungsfähig. »Das mit deiner Kindheit tut mir so leid, Jack. Muss ganz schön hart gewesen sein.«
    Er grinste, oder vielmehr sah es aus, als bleckte er die Zähne. »Ach, aber guck doch mal, was für ein stattlicher junger Mann aus mir geworden ist! Alles, was ich heute bin, habe ich nur den Feen zu verdanken.«
    »Aber du könntest doch einfach abhauen! Warum gehst du immer wieder zurück ins Feenreich? Warum kommst du nicht wieder ganz zurück auf die Erde und lässt das alles hinter dir?«
    »Zu was sollte ich denn da zurückkommen? Außerdem weißt du doch, wenn man einmal die Hausmannskost der Feen probiert hat, kehrt man nie mehr zurück. Kann man nie mehr zurückkehren.«
    »Kannst du dir nicht einfach ganz viel Essen mitnehmen oder so? Und es einlagern?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, auf die eine oder andere Art sind die Feen und ich leider untrennbar miteinander verbunden. Ich bin noch nicht fertig mit ihnen.«
    Sein Lächeln war das vollkommenste Cover, das ich jemals gesehen hatte. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt hätte ich wirklich etwas Wichtiges über ihn erfahren, knipste er dieses Lächeln an und wischte damit alle echten Gefühle beiseite. Wie sollte ich da jemals sehen, was darunter lag?
    »So, weiter geht’s«, sagte er. »Die Pforte. Du kannst sie also fühlen.«
    »Und was genau fühle ich da?«
    Beinahe ehrfürchtig ließ er die Finger dort durch die Luft gleiten, wo die Pforte auf uns wartete, und starrte in die Dunkelheit. »Weißt du, wie das ist, wenn man zwischen Schlafen und Wachen schwebt und der Traum, den man verlässt, sich viel realer anfühlt als alles, was die Welt zu bieten hat? Wenn du dann die Augen öffnest, ist es, als wäre ein Teil von dir darin zurückgeblieben, und du weißt genau, dass du die Dinge nie wieder so intensiv spüren, nie wieder so deutlich ihren wahren Charakter sehen wirst, wie in diesem winzigen Stückchen Bewusstsein zwischen Licht und Dunkel. Da gehen wir jetzt hin.« Ich hielt die Luft an und er kehrte wieder zu mir zurück, von wo auch immer er mit den Gedanken gewesen war. Mit einem Augenzwinkern öffnete er die Pforte. »Willkommen im Reich der Feen.«

Der Junge mit den Schwefelhölzern
    Bevor ich auch nur Nein sagen konnte, waren wir durch die Pforte und im Feenreich. Bisher war ich nur mit Reth hier gewesen, in Räumen aus goldenem Fels mit

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