Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leben bis zum Anschlag

Leben bis zum Anschlag

Titel: Leben bis zum Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
Vom Netzwerk:
viele Leute die seltsamen Texte mitsingen. Mehmet hält es für ein Insiderding.
     
    Vorne an der Straße braut sich was zusammen. Da tut sich was. Keath lässt die überdachte Toreinfahrt zum Hinterhof nicht aus den Augen und sein Magen krampft sich ebenfalls zusammen. Zuerst ist der Große mit Hund, der ihm die Reeperbahn hoch bis zur Bank nachgerannt ist, vorbeigegangen. Da war er noch nicht über den Schock weg, dass er Maika nicht erkannt hat. Aber dann ist der kleine Kräftige mit seinem Drecksköter vorbeispaziert, gefolgt von dem mit dem größten Hund. Und jetzt kommen alle drei von der anderen Seite zurück und stellen sich in Position. Wie im Theater, denkt Keath. Von der Straßenlaterne angestrahlt, stehen die Pitbull-Glatzen am Ende des überdachten Eingangs zum Hinterhof und werfen zusammen mit ihren Hunden lange Schatten auf den Bürgersteig und kalte Blicke auf Keath.
    Was soll er machen? Wieder Orhan anrufen? Keath zieht sein Handy raus.

    High Noon. Keiner rührt sich, nur böse Blicke werden mit Macht auf Keath geworfen. Aber Blicke töten nicht.
     
    Nur schwach machen Blicke manchmal.
    Maikas schlotternde Knie zwingen sie dazu, Halt an der Säule zu suchen. Aug in Aug mit dem Frontman, Frank Stein. Seine Augen haben aufgeleuchtet, als er sie vor der Bühne entdeckt hat. Jetzt steht sie hier und wartet auf weitere Leuchtsignale. Sie kann nichts anderes tun, lehnt wie festgeklebt an der Säule, ist unfähig, sich zu bewegen.
     
    Mehmet fällt der unverwandte Blick des Sängers auf.
    Frank Stein starrt auf einen Punkt im Publikum, als hätte er eine Vision und würde geradewegs ins Paradies blicken.
    Mehmet folgt seinem Blick. Ist das Maika? Unmöglich, sie lässt die Bar nicht offen und unbesetzt. Das würde sie nie machen, das traut sich nicht mal Maika. Oder ist Lars heute früher gekommen?
    Nein, der Bayer serviert dem durstigen Volk kühle Getränke.
    Mehmet setzt zum empörten Statement an, das Dali sofort unterbricht.
    »Sog nix! I hob hoid a Erbarmen mit dea stinkfauln Schlampn ghabt.«
    »Die dreht vollkommen am Rad«, ist alles, was Mehmet dazu einfällt, und er vergisst darüber komplett, Dali nach seiner musikalischen Einschätzung der Band zu fragen.
    »Ich bring Keath was raus.« Weg ist Dali mit Keaths Quittenbionade.
    Soll er mal, denkt Mehmet und spürt, dass seine Wut Keath gegenüber nachgelassen hat. Sie ist zum Groll mit einem Hauch
von Verständnis geworden. Wut light. Hakans Rede, fick nie mit Geschäftspartnerinnen, spukt ihm durch den Kopf. Idiot der, unglaublich! Ob Nora und Keath? Nicht dran denken, sofort in einen anderen Modus schalten! Und überhaupt … wann denn? Sie hetzt von der Schule zum Club oder nach Hause, und Keath ist hier oder er hat seine Tanzgruppen im Jugendhaus.
    »Hallo, Mehmet! Wach auf!« Lars steht vor ihm, noch blasser als sonst, mit einem Stich ins Grüne, zitternd. »Draußen sind Kampfhunde!«
    »Was?« Mehmet packt seinen dünnen Arm. »Nicht so laut!« Die Leute vorm Tresen haben zum Glück nichts mitgekriegt.
    »Glatzen. Drei Stück. Und drei widerliche Pitbulls«, flüstert Lars. »Geh nicht raus.«
    Das hört Mehmet nicht mehr. Er ist schon an der Tür.
     
    Nach intensivem Blickewerfen, hin und her, drei mit Haaren gegen drei ohne Haare, dafür mit Hunden, beginnt der Abgang der Hundehalter.
    Keath, Dali und Mehmet gehen langsam bis vor zur Straße und sehen ihnen nach.
    »War das ’ne Modenschau?«, will Dali wissen. »Wollten die uns ihre neuen Hosen zeigen?«
    »Nein, das waren drei Sternsinger«, tippt Keath, »die sind einfach ’n Zacken zu spät dran.«
    »Ich glaube, die haben ein Haarwuchsmittel ausprobiert, und wenn es anschlägt, kommen sie wieder und zeigen es uns«, sagt Mehmet.
    »So vorher-nachher-mäßig?«, fragt Dali.
    Mehmet nickt und fragt: »Müssen wir das dem Chef melden?«
    »Nein.« Das ist nicht nötig. Keath und Dali sind sich sicher.

    »Dann sag ich Lars Bescheid, dass er auch die Klappe hält.«
    Mehmet geht wieder in den Club.
    »Unser türkischer Freund lässt seinen Krummdolch im Moment ruhen«, sagt Dali. »Wir hätten es richtig schön, wenn die Haarlosen und Räudigen nicht wären.«
    Keath sagt nichts.
    »Is was?«, fragt Dali.
    »Nee«, sagt Keath. Er vermisst Nora.
     
    Lars ist der Meinung, dass der Chef unbedingt wissen muss, dass die Typen ihn in Angst und Schrecken versetzen. Er will beschützt werden! Es ist eine grauenhafte Vorstellung, dass ihn sein Arbeitsweg an geifernden und sabbernden

Weitere Kostenlose Bücher