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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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vieles zu bedenken. Traute er Sascha zu, dass er in seinen Sachen kramte? Wenn er seiner Frustration das Feld überließ, ja.
    Aber wenn er ehrlich war und sich bemühte, fair zu sein, wusste er, dass das lockere Brett ein Problem war. Die Geschichte war stimmig. Es war ihm mehr als einmal auf die Finger gefallen. Er hatte es nie befestigt, weil es dafür keinen Grund zu geben schien. Wenn er das Zimmer verließ, schloss er ab. Ivana war die Einzige, der er erlaubte, sich allein darin aufzuhalten und sie wusste, dass seine DVDs tabu waren.
    Mann, was war hier los? Was wollte Sascha erklären? Wollte Andreas es hören oder viel mehr sehen? Er wusste es nicht. Zu viele Informationen, mit denen er nicht gerechnet hatte. Dabei war es eigentlich recht leicht zu verstehen. Eine Notlüge, die er nicht verurteilen konnte, ohne zum Heuchler zu werden. Denn er hatte Sascha auch schon angelogen. Er hatte ihm vorgemacht, er wäre krank, weil die Gefühle für ihn zu viel wurden. Das war auch nicht die feine englische Art gewesen.
    „Das mit den Filmen ist erst ein paar Tage her. Ich ... Mist! Wie soll ich dir das erklären? Wir kennen uns noch nicht so lange. Ich wollte nichts sagen. Was hätte ich machen sollen? Fragen, ob du schwul bist? Ich war nicht sicher, wie du reagierst ... ich wollte warten. Und dann hast du da gelegen und geschlafen. Du hast schlecht geträumt und ich wollte das irgendwie nicht. Also bin ich ran und dann warst du zu nah und zu sexy. Ich konnte nicht mehr richtig denken. Es war ein Fehler. Ich wollte dich nicht ärgern oder dir zu nahe treten.“ Kleine Pause. „Ich würde es gerne irgendwie wieder gut machen, aber ich kann nur sagen, dass es mir leidtut und zu dem Mist stehen, den ich gemacht habe.“
    Sexy? Ungläubig starrte Andreas auf den Bildschirm. Wer war sexy? Sicher, dass Sascha mit dem richtigen Teilnehmer sprach? Er konnte doch unmöglich ihn meinen. Er war nicht der Glöckner von Notre-Dame, aber mehr auch nicht. Sascha war sexy, nicht er.
    Wie ein nasser Hund schüttelte Andreas den Kopf. Er konnte sich nicht erinnern, schlecht geträumt zu haben. Verwunderlich war es nicht, aber ihm wurde komisch zumute. Warm, fiebrig geradezu. Kein Experiment, keine fehlgeleiteten Hormone, kein Spiel oder zumindest keines, das er nicht auch spielen wollte. Sascha fand ihn aufregend, reagierte auf ihn. Das war ... „Wow.“
    Hinter dieser neuen Erkenntnis rückte alles andere in den Hintergrund. Vielleicht war das falsch, aber mein Gott, wer konnte angesichts solcher Eröffnungen schon normal denken?
    „Sag was. Bitte. Bist du noch da?“
    „Ja“, tippte Andreas betäubt zurück. „Ich bin da.“
    Nur reden wollte er nicht. Nicht, um sich zurückzuziehen, sondern aus anderen Gründen. Er fühlte sich sehr merkwürdig. Noch immer war ein Rest Wut in ihm. Es war wie bei einem Waschbecken, das mit Wasser gefüllt war. Wenn man den Abfluss öffnete, verschwand die schmutzige Brühe nicht sofort, sondern floss langsam ab.
    Hinter seinem Ärger aber schwelte etwas ungleich Größeres. Etwas, das weniger mit seinem Geist zu tun hatte. Etwas, das er so lange im Zaum gehalten hatte, dass er nicht wusste, wie er es befreien sollte.
    „Und? Trittst du mich aus deinem Leben? Oder haben wir eine Chance, das alles aus dem Weg zu räumen? Ich schwöre dir, ich komme dir nie wieder zu nahe.“
    Saschas ehrliche Reue war rührend. Wer konnte dem widerstehen? Aber halt, was war das? Er wollte ihm nie wieder zu nahe kommen? Das war nicht das, was Andreas sich vorgestellt hatte. In seinem Kopf entstand eine Idee und er grinste plötzlich. Hormone waren etwas Großartiges, denn sie konnten Mut verleihen. Und den brauchte Andreas: „Es ist okay. Du hast dich oft genug entschuldigt. Kommst du rüber?“
    „Sicher, dass das eine gute Idee ist?“
    „Klar, warum nicht? Oder hast du keine Lust?“ Das wollte Andreas nicht hoffen. Er musste Sascha jetzt sehen. Er konnte nicht anders. Eine freie Wahl hatte er nicht mehr oder zumindest empfand er es so. Fast alles hatte sich geklärt, und zwar auf die bestmögliche Weise. Das hatte er sich nie zu träumen gewagt.
    „Doch, natürlich. Dann sag ich mal danke und bis gleich.“
    „Nichts zu danken“, murmelte Andreas in sich hinein, bevor er das Programm schloss. Wieder einmal waren seine Knie weich, aber es fühlte sich gut an.
    Nur ein paar Minuten musste er noch warten. Dann würde sich alles entscheiden. Nun gut, nicht alles. Aber einiges. Sorgen machte er sich nicht.

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