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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Westerbork-Transport niederländischer Juden für das Jahr 1942 den Bahnhof von Hoogdahl, der seit November durch eine Schmalspurbahn mit dem Lager verbunden war. In diesem Transport, wie alle vorherigen für das Vernichtungslager Auschwitz bestimmt, befand sich nach deutscher Zählung der 40   000. »Volljude«, seit Mitte Juli in Amsterdam die Deportationen begonnen hatten. Was die Niederlande betraf, verlief die Ermordung der europäischen Juden nach Plan. In Berlin war Adolf Eichmann zufrieden. Für seine SS -Gehilfen in Westerbork ein Grund zum Feiern. Sie organisierten Ende Dezember einen festlichen Abend im Lager. In Amsterdam wurde die leere Joodse Schouwburg gründlich geputzt, bereit für neue »Lieferungen«. Die deutschen Polizisten, die dort ihren Wachdienst taten, durften über die Feiertage nach Hause fahren.
    Alltag in Amsterdam. Am 13. Dezember hatten die niederländischen Nationalsozialisten den 11. Jahrestag ihrer Parteigründung, der NSB , im flaggengeschmückten Concertgebouw gefeiert. Reichskommissar Seyß-Inquart hielt eine Rede, und Anton Mussert, »Führer« der NSB , wurde zum »Führer des niederländischen Volkes« ausgerufen. Am 19. Dezember lud die niederländische »Winterhilfe«, eine NS -Organisation, rund tausend Amsterdamer Kinder zu einer Weihnachtsfeier ins feine Amsterdamer Hotel Bellevue. Im Ufa-Kino am Rembrandtplein lief der Film »Die Goldene Stadt« an, der zweite deutsche Farbfilm in Agfacolor. Er spielt in Prag, auch eine von den Deutschen besetzte Stadt. Die Amsterdamer strömten in die »Goldene Stadt«.
    Am 20. Dezember traf sich der große Männerchor »Kunst na Arbeid« (Kunst nach der Arbeit) aus Anlass des sechzigjährigen Jubiläums zu einem festlichen Konzert im Concertgebouw. Nach einem Spiel von Ajax Amsterdam, dem berühmten Fußballclub, kam es am 27. Dezember auf dem Hauptbahnhof zu schweren Tumulten. Die Polizei musste den Säbel ziehen, mit dem sie traditionell bei Unruhen ausgerüstet war.
    In der Weihnachtsnummer 1942 spricht die Redaktion der illegalen Zeitung Het Parool, die trotz mancher Festnahmen unter Mitarbeitern und Zeitungsverteilern erfolgreich im Untergrund arbeitet, ihren Lesern Mut zu. Sie sollen Vertrauen in die Alliierten haben, auch wenn das Jahr ohne die ersehnte Invasion vergangen war. Der »Endkampf« sei in Sicht, Deutschland von den Engländern aus Afrika verjagt, und Russland verteidige sich bewundernswert: »Wohin ihr auch schaut, ihr müsst erkennen: Deutschlands Überlegenheit ist Vergangenheit.«

X
    Auf Transport: Alte, Kranke, Waisenkinder – Erste Anschläge – Studenten nach Deutschland – Netzwerk für Untergetauchte – Immer beliebter: Kino, Theater, Sport – Das Einwohnermeldeamt brennt – Perfekte Fälscherwerkstatt – Kolonne Henneicke
    Januar bis März 1943
    »Von Mitte Dezember bis Anfang Januar ließ man uns in Ruhe, und das bedeutete viel für uns, denn so konnten sich die Nerven wieder etwas beruhigen. Aber Anfang Januar begann das Elend von Neuem.« Was Mirjam Levie nach dem dritten Jahreswechsel unter deutscher Besatzung erlebt, wenn sie durch die Straßen von Amsterdam geht, was sie von Freunden und Bekannten hört und womit sie auf ihrem Arbeitsplatz beim Jüdischen Rat konfrontiert wird, »das ist so schrecklich, dass ich dafür keine Worte finden kann«. Aber die Sechsundzwanzigjährige zwingt sich, die Chronik des Elends weiterzuschreiben: »Menschliche Wracks werden auf Tragen aus ihren Häusern geholt und zum Wagen geschleppt. Manchmal werden sie einfach aus den Fenstern gehievt. Dann bringt man sie zum Borneokade und deportiert sie abends nach Westerbork. Und auch die Familie muss mit.« Nach dem Deportationsplan sind für die Deutschen nun vor allem alte und kranke Juden an der Reihe.
    Doch die Hoffnung ist nicht kleinzukriegen. Der Februar hat gerade begonnen, da schreibt Mirjam Levie, dass die Nachrichten über die Kriegslage die Zuversicht aufkommen lassen, dass »der Krieg innerhalb weniger Wochen vorbei sein wird«. Wahrscheinlich tut die milde Witterung ein Übriges, um die Stimmung zu heben in einer Zeit, wo Holz oder Kohlen Luxusgüter sind: »Ich habe das Gefühl, dass wir – auch wenn wir deportiert werden – den Krieg überleben, weil wir nun wieder den größten Teil des Winters hinter uns haben.«
    Die deutschen Soldaten sind tatsächlich an wichtigen Stellen der Front auf dem Rückzug, erstmals häufen sich die Niederlagen. In Nordafrika ist Tripolis am 23. Januar 1943 von

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