Leben mit Hochsensibilitaet
Ihre Sanftmut hat sozusagen Hornhaut bekommen. Oder sie haben es übertrieben mit Rationalität und kaltem Kalkül, die weit entfernt sind von ihrer Sensibilität. Es gibt viele Mechanismen, die man entwickeln kann, um sich gegen schmerzhafte Empfindungen zu schützen und seine Sensibilität tief zu vergraben. In manchen Situationen sind das gute und nützliche Strategien, es bleiben jedoch Schutzmechanismen, die wenig mit der wahren Persönlichkeit zu tun haben.
Neulich noch besprach ich mit meiner Mutter die Schwierigkeiten, die man durch Hochsensibilität erlebt. Wie man doch immer wieder überfordert wird und in bestimmten Situationen zu wenig für sich selbst aufkommt. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass die einzige Antwort darauf ist, sich selbst in dieser Situation zu akzeptieren. Versuche dich selbst in dieser Situation nicht an anderen und deren Andersartigkeit zu messen. Denn dann gibst du deine Würde auf. Dann wirst du unfrei.
Für Hochsensible, die sich stark der Norm anderer angepasst haben, kann es schwierig sein, ihre Sanftmut wiederzufinden. Statt sich noch stärker abzugrenzen, sollten diese Menschen lernen, Flexibilität, Offenheit und Sanftmut in sich selbst neu zu nähren. Humor ist dabei oft recht hilfreich. Humor löst und verbindet. Humor macht weich, was verhärtet ist. Humor ist auch ein Aspekt der Erdenergie. In der taoistischen Sicht von Yin und Yang gehört Humor in eine Reihe mit Attributen wie: still, flexibel, aufmerksam und liebevoll. Humor ist eine große Kraft, die durchaus mit Tatkraft und Willenskraft konkurrieren kann. Jeder kennt angespannte Situationen,die durch ein herzliches Lachen aufgebrochen wurden. Jeder mag freudige Spaßmacher, weil sie in verkrampfte und zu ernste Stimmungen Bewegung bringen können. Humor ist eine positive Qualität der sanften Yin-Kraft.
Lache so viel du kannst. Lachen bedeutet: Krankenhauskosten zu sparen. Lachen (genauso wie Weinen) hat einen nachgewiesenen, positiven physiologischen Einfluss auf unsere Gesundheit. Indem du lachst (über dich selbst), trittst du unmittelbar in Verbindung mit der beruhigenden Kraft der Erdenergie. Beim Lachen schüttet das Gehirn Katecholamine aus, die ihrerseits die Abgabe von Endorphinen, einer Art natürlichen Valiums, in Gang setzen. Katecholamine bewirken eine bessere Durchblutung, beugen Entzündungen vor, steigern die Wachheit und fördern Genesungsprozesse. Und indem du lachst, machst du aus einer angespannten Situation eine entspannte.
Wir werden in der Regel viel zu ernst aufgezogen und nehmen unser Leben entsprechend ungemein ernst. Wenn wir imstande sind, über die Dinge, die wir tun, zu lachen, hat das viele Vorteile: Andere finden uns sympathischer und interessanter, Humor bringt Menschen zusammen und ist eine Öffnung für die Liebe, Lachen fördert die Kreativität, es wirkt verjüngend, es befreit uns vom Ernst des Geistes und bringt uns zur Stabilität der Erde. (Für Lachmeditationen verweise ich auf das Buch
Erleuchtung in der Mittagspause
.)
Vielleicht glaubst du immer noch, es ginge dir besser, wenn du dich abhärtest und abgrenzt, Gefühllosigkeit und Unempfänglichkeit anstrebst. Ein hochsensibler, hochbegabter 19-Jähriger schrieb mir: „Ich habe einen guten Freund, der kann sich den Arm brechen, ohne dass er Schmerz dabei fühlt. Ich kann ziemlich gereizt reagieren, wenn Menschen mich kraftlos nennen. Denn das bin ich ganz und gar nicht, ganz im Gegenteil. Doch um ein bisschen mit dem Durchschnitts-Menschen konkurrieren zu können, habe ich meine Belastungsgrenze viel mehr erweitern müssen als meine Altersgenossen.“
Wenn man jung ist, sieht man häufig nur eine einzige Möglichkeit. Ich kann mir gut vorstellen, dass Kinder untereinanderinzwischen noch gemeiner und härter geworden sind, als sie es zu meiner Zeit waren. Sie sind oft ohne Mitleid. Kindern ist das, was gerade „in“ ist, sehr wichtig. In jungen Jahren gibt man sein Bestes, um dazuzugehören. Kinder, die andere beeindrucken, sind meistens attraktiv, schlagfertig und haben ein großes Mundwerk. Hochsensible Kinder können schnell beeindruckt werden vom Imponiergehabe, das andere Kinder in ihrer Tatkraft und Gefühllosigkeit an den Tag legen. Die Mehrheit glaubt nämlich, diese Eigenschaften seien besser als Sanftmut und Mitgefühl. Deshalb bekommen hochsensible Kinder schnell das Gefühl, nicht mitzuzählen. Das ist auch eine kulturelle Erscheinung. Der Riss, der so zwischen Verstand und Gefühl entsteht, drückt sich
Weitere Kostenlose Bücher