Leben mit Hochsensibilitaet
Vorbild, wie das Leben idealerweise ist. Dies macht Hochsensible häufig zu Vorkämpfern für die Umwelt und für gesellschaftliche Veränderung. Glücklicherweise gibt es also Menschen, die sich um unseren Garten Eden kümmern, denn es gibt schon genügend andere, die mit den natürlichen Reserven Missbrauch treiben und die Schöpfung unbekümmert ausplündern.
Wenn ich draußen bin und spazieren gehe oder mich auf andere Art durch die unerschöpfliche Pracht der Natur fortbewege, spüre ich das Fließen der Zeit in der Wahrnehmung der Jahreszeiten. Die Jahreszeiten bringen mich in Kontakt mit meinem eigenen Lebensrhythmus. Mit dem Fallen der Herbstblätter werde ich daran erinnert, Dinge im Leben loszulassen. In der Stille der winterlichen Felder und Wälder sehe ich mein eigenes Bedürfnis nach Einkehr und Ruhe. Von den ersten Frühlingsblumen und dem erwachenden Leben des neuen Jahres werde ich inspiriert, das Leben neu anzugehen und meinem eigenen Schöpfungsdrang eine Form zu geben. Der Sommer ist intensiv, lebendig und erwärmend, wie auch ich es sein kann. Die Natur ist eine gute Hilfe, um zur passenden Lebensweise und den richtigen Weg zu finden. Und stets trägt die Natur besonders die Qualität der Erde in sich. Bäume und andere Pflanzen nennen die Taoisten das natürliche Yin, die Stadt hingegen steht für Yang. Die Stadt ist aus hartem, trockenem Stein gebaut. Natur und Gärten dagegen entsprechen der Erde, dem Wasser des Teichs, Brunnens oder Sees der nährenden Erdqualität. Der Garten ist der Ort von Ruhe und Empfänglichkeit, die Stadt der Ort von Aktion und Bewegung.
Für Hochsensible ist es unbedingt erforderlich, die Erdqualitäten in sich selbst zu nähren, wie in Kapitel 2 besprochen. Da Hochsensible häufig durch künstliche Umgebungen überreizt werden, finden sie in der Natur die Möglichkeit, ihren Organismus, ihre Nerven und Sinnesorgane zur Ruhe zu bringen. Körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenschmerzen oder allgemeine Nervosität lösen sich auf. Die Natur bietet Nahrung, Verbindung und Entspannung. Manchmal werden diese Aufenthalte in der Natur so lebensnotwendig, dass Hochsensible deshalb umziehen. Sie ziehen aufs Land, kaufen einen alten Bauernhof. Viele Hochsensible leben lieber auf dem Land als in der Stadt. (Andere hingegen wählen bewusst die Stadt, weil es dort viele künstlerische Möglichkeiten gibt.)
Sylvia fand es schon in ihrer Jugend herrlich, sich in der Natur aufzuhalten. Sie geht jetzt täglich mit ihrem Hund auf die Heide. Und wenn ihr alles zu viel wird, zieht es sie nach draußen auf lange Wanderungen, und sie sucht sich ein stilles Fleckchen, an dem sie in der Einsamkeit die Zeit findet, sich wieder aufzuladen. „Dann komme ich zur Ruhe und zu mir selbst und fühle auch die Einheit und Ganzheit, die von Natur aus in der Welt besteht. Ich beschäftige mich mit inneren Fragen und kann mich entspannen. Ich fühle mich eins mit den Bäumen und Blumen. Das hatte ich schon als Kind. Auch mit meiner Hündin fühle ich mich stark verbunden. Sie ist mein Alles. Sie ist wenigstens treu und gibt keine Kommentare. Sie spürt gut, wie es mir geht, und tröstet mich, wenn ich traurig bin.“
Hochsensible fühlen nicht nur mit der Natur Verbindung, sondern ebenso mit anderen Menschen. Sie sind enttäuscht, wenn andere diese Verbindung nicht so stark fühlen.
4.7 Achtsamkeit und Intensität
Ich stellte Sophie schon in Kapitel 1 vor. Sie ist sehr sensibel. Nach einer Krise als Folge ihrer Hochsensibilität, die in ihrer Kindheit – geprägt durch gefühllose Erziehung – nicht bemerkt wurde, hat sie ihr Leben wieder in die eigene Hand genommen. Sie ist jetzt alsQuereinsteigerin Lehrerin in einer Schule für lernbehinderte Kinder. Für Sophie ist achtsam zu leben unabdingbar geworden. „Intensität und Tiefgang sind für mich genauso wichtig wie Nahrung und Sauerstoff“, sagt sie. Früher war das anders und sie war sich selbst entfremdet. Das Essentielle liegt für sie in den vielen kleinen Dingen. Wenn sie die Wäsche aufhängt, will sie das in Ruhe tun. Sie möchte den Geruch der frischen Wäsche genießen und den Wind, der mit den Stoffen spielt. Alles, was sie tut, will sie in ihrem eigenen Tempo tun, ohne durch Druck, den andere machen, gestört zu werden. Aus Erfahrung klug geworden, hat sie gelernt, darauf zu achten, dass ihr die Dinge nicht zu viel werden. Alles braucht seine eigene Zeit – und diese Zeit verschafft sich Sophie nun gern. „Wenn ich
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