Leben mit Hochsensibilitaet
mehr von dir. Sei dir stattdessen dessen bewusst, dass du nicht der ganzen Welt helfen kannst. Bevor du enttäuscht wirst, setze Prioritäten. Trenne bewusst zwischen dem, was wirklich wichtig ist, und dem, was nur Zusatz ist. Dein Perfektionismus und dein Streben, das Beste aus allem zu machen, sind schöne Eigenschaften, so lange du weißt, Prioritäten zu setzen. Wenn du dich hingegen in allem hervortun willst, dann läufst du Gefahr, an dir selbst vorbeizulaufen, mit dem Risiko, dich zu verausgaben. Ich habe mit mehreren Hochsensiblen gesprochen, die ihre Ermüdung, Burn-out und sogar das chronische Erschöpfungssyndrom in Zusammenhang brachten mit ihrer Sensibilität und der Neigung, alles perfekt machen zu wollen. Rose: „Wenn ich etwas mache, dann hundertprozentig. Zur Not zweihundertprozentig. Das ist einer der Gründe, warum ich jetzt Arbeitsunfähigkeitsrente erhalte. Selbst wenn ich etwas tue, was gar nicht zu mir passt und mich nur Energie kostet, tue ich es mit ganzer Kraft. Hier scheitere ich dann letztendlich. Doch während ich selbst ständig das Gefühl hatte, bei meiner Arbeit unvollkommen zu sein, schien mein Einsatz doch geschätzt worden zu sein. Anscheinend habe ich einen guten Eindruckhinterlassen, denn ich könnte immer noch zurückkommen. Das erstaunt mich. Ich selbst hatte keineswegs das Gefühl, gut zu funktionieren, und doch schätzten sie mich!“
Paradox ist, dass Hochsensible häufig so intensiv leben, dass die vielen Aktivitäten mit ihnen durchgehen. Die meisten Hochsensiblen erkennen sich in dem Muster wieder, zu intensiv zu werden und dadurch die Kontrolle zu verlieren. Durch zu viele hin und her jagende Gedanken werden sie verwirrt, oder sie führen in aller Eile verschiedenste Pläne durch, die sie kaum noch überblicken. So geraten sie mit sich selbst in Konflikt. Der extravertierte und der introvertierte Persönlichkeitsanteil arbeiten gegeneinander. Es gibt keine Ruhe mehr. Die Aktivitäten werden zum Selbstläufer. Sie wollen alles Mögliche, und das wollen sie auch intensiv und zu einem guten Ende bringen. Sie haben viele Ambitionen, aber ihre Energie ist begrenzt. Anita sagt: „Ich bin voller Träume, Ambitionen, Liebe. Ich will (und tue) alles Mögliche, aber für mein Gefühl lebe ich nur die Hälfte meines Lebens. Alles dauert bei mir doppelt so lange, weil ich mich immer wieder erholen muss von dem, was ich tue. Ich kämpfe mit dieser Frustration und das macht mich traurig. Mich selbst zu akzeptieren, geht so lange gut, bis ich aus meinem Schneckenhaus herauskomme und mit meinen Begrenzungen konfrontiert werde.“
Für Hochsensible besteht die Herausforderung darin, Dinge, Wünsche, Sorgen, Pläne zur rechten Zeit loszulassen. Auf jeden Fall für so lange, bis sie wieder ruhig und geerdet sind. Im Laufe der Zeit wirst du lernen, darauf zu vertrauen, dass das, was ein echter Teil deines Weges ist, bei dir bleibt und sich ausdrücken wird. Indem du Momente der Stille einbaust, kannst du besser erkennen, was relevant ist und was nicht. So sparst du Zeit und Energie. Mache eine Gewohnheit daraus, dich selbst zur Ordnung zu rufen und dich zu fragen: „Tue ich, was essentiell für mich ist? Tue ich das, was ich auch wirklich will? Tue ich das, was wirklich einen Unterschied bewirkt?“ Manche werden sich übrigens die Fragen eher umgekehrt stellen müssen: „Tue ich nicht zu wenig? Stelle ich michnicht zu sehr außerhalb der Gesellschaft? Tue ich das, wofür ich eine innere Berufung empfinde?“ Jeder muss für sich den optimalen Punkt suchen, zwischen dem In-der-Welt- und dem Außerhalbder-Welt-Stehen.
Meistens funktioniert dein Warnsystem (
Pause-to-check
-System) ausreichend, um frühzeitig anzuzeigen, wenn du zu viel von dir gefordert hast oder zu wenig berücksichtigt hast, dass du alles in Ruhe verarbeiten musst. Doch manchmal funktioniert es nicht und ernsthafte Gesundheitsschäden sind dann möglicherweise die Folge. Daphne leidet unter chronischem Erschöpfungssyndrom und Fibromyalgie, einer Krankheit, bei der in Muskeln und Bindegewebe Schmerzen auftreten. Sie ist 26 Jahre alt und vor sieben Jahren zeigten sich die ersten Beschwerden, die auf chronische Erschöpfung hinwiesen. Bevor eine klare Diagnose gestellt wurde, vergingen Jahre. Jahre, in denen sie depressiv wurde, weil es keine Erklärung für ihre Schmerzen gab. Heute sieht Daphne den Zusammenhang zwischen ihren Krankheitserscheinungen und der Hochsensibilität. Ein kinesiologischer Heilpraktiker hilft
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