Leben mit Hochsensibilitaet
jeder ist mit jedem verbunden. Auf physischem Niveau ist das natürlich nicht so. Wir sind voneinander durch Grenzen getrennt. Durch unsere Haut und durch den Raum, der zwischen den Menschen ist. Wir können nicht zaubern und wir können uns selbst nicht in einen anderen verwandeln.
Einheit und Verbindung zu erfahren ist schön, wenn wir das in ein gesundes Bewusstsein der eigenen Individualität zu integrieren wissen. Wenn wir unsere Einzigartigkeit jedoch unvollkommen berücksichtigen, leiden wir, wenn wir nicht aufpassen, unter dem Drang, uns zu verbinden. Wir möchten dann zu viel und zu eng mit anderen zusammen sein. Intimität ist prima, solange man sich selbst nicht verliert. Für Menschen, die intensiv fühlen und sich unbegrenzt fühlen, ist es von größter Wichtigkeit, dass sie lernen, sich mit den Grenzen zu verbinden, die das Selbst umgeben. Das ist auf körperlichem Niveau die Haut. Eine gute Lernhilfe ist hier das Geben und Empfangen von Massagen. Auf energetischem und emotionellem Niveau sind diese Grenzen weniger sichtbar. Gleichwohl ist es essentiell, auch auf diesen Ebenen die Abgrenzungen zu begreifen.
Die Natur gehört zu den Orten, an denen wir uns mit unserer Intuition und unserem höheren Wissen verbinden können. Sie ist die beste Umgebung, um die Seele zu reinigen und zu nähren. Vor einiger Zeit ging ich in einem Wald spazieren, der am Rand eines großen Sees liegt. Diesen Wald suchte ich regelmäßig auf. Er war nicht weit von meinem damaligen Wohnort entfernt – und noch wichtiger, er fühlte sich gesund an, etwas, was ich nicht von jedem Wald sagen kann. Es gibt viele Birkengruppen in diesem Wald; das ist eine Baumart, die mir reinigend und weise erscheint. Ich begab mich oft dort hinein, um mich aufzuladen, um über das eine oder andere Problem nachzudenken, oder einfach, um die „Elektrizität“ loszuwerden, die mich im täglichen Leben, das ich führte, unterSpannung gesetzt hatte. Indem ich kräftige Schritte machte, tief die saubere Luft einatmete, dem Vogelgezwitscher, dem Rauschen der hohen Platanen und dem raschelnden Birkenlaub lauschte, konnte ich die Spannungen in meinem Organismus wieder lösen. Nicht selten ließ ich in dieser Zeit meinen Tränen freien Lauf. Ich war müde und enttäuscht in meinem Leben. Ich suchte eine Wende, kämpfte für Veränderung, aber die Realität hielt mich in einem Status quo gefangen, mit dem ich nicht glücklich war. So schritt ich durch den Wald, verzweifelt und in mich zurückgezogen. Die wenigen anderen Spaziergänger, die meinen Weg kreuzten, kamen mir bedrohlich vor. Besonders in so einer friedvollen Umgebung fühlte ich ihre Ausstrahlung stärker als sonst. Manche Leute fühlten sich richtig unheimlich an, andere hatten eine etwas ruhigere Wirkung auf meinen Organismus. Aber jeder entgegenkommenden Person sah ich mit Widerwillen entgegen. Erst als ich anfing, die Menschen als Kinder zu betrachten, sozusagen meiner Wahrnehmung ein Schnäppchen schlug, konnte ich deren Anwesenheit besser verkraften. Es war, als fühlte ich mich dann stärker.
Doch nun wieder zu diesem einen Mal. Ich wanderte in diesem Wald, am Rande eines offenen Feldes. An der anderen Seite des Feldes standen Birken, Weiden und eine einzelne Tanne. Ich sang ein Lied, das ich als Kind gerne sang. Es handelte von Geduld und einer Schnecke, die als Kind ganz ungeduldig war, aber im Laufe ihres Lebens durch Erfahrungen Geduld lernte. Das Lied hielt mir vor Augen, dass ich keine kurzzeitigen Wunder erwarten solle, sondern sich Veränderungen vollziehen werden, wenn ich nur Geduld habe. Als ich es gesungen hatte, wandte ich mich zum Wald, weil ich dort ein merkwürdiges Geräusch gehört hatte. Ich drehte meinen Kopf und sah einen grauen, feuchten Baumstamm, über den sich langsam ein Prachtexemplar von Schnecke bewegte. Als ich genauer hinschaute, sah ich eine zweite und eine dritte und plötzlich zeigten sich vor meinem erstaunten Blick, ganz viele, ja Hunderte von Schnecken. Jeder Baumstamm war damit überladen.
Eines der Themen, über die ich Hochsensible wieder und wieder reden höre, ist die Erfahrung ihrer intensiven Verbundenheit mit der Natur. Die Natur gibt Kraft, Ruhe und Zeit zur Besinnung. Sie bietet die wertvolle Erfahrung des Kontakts mit dem Größeren, mit Gottes Schöpfung, mit dem All, mit dem Kosmos. Sie macht still im Bewusstsein, welches Mysterium die Welt doch ist, und welches wir als Menschheit sind. In der Perfektion der Natur sehen wir das
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