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Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Titel: Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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solche bezieht.
    Aber Schopenhauer zeigt, dass das nicht richtig sein kann. Damit verschiedene Dinge existieren können, so schreibt er, braucht man eine Differenzierung, und das ist nur in einer Welt von Raum und Zeit möglich. Wenn ein materielles Objekt von einem anderen unterschieden werden soll, dann muss es entweder im Raum oder in der Zeit existieren, sonst wären die beiden Objekte identisch. Sogar abstrakte Zahlen oder Formen müssen in der zeitlichen Abfolge oder räumlichen Konfiguration verschieden sein, damit sie voneinander zu trennen sind. Aber wie Kant selbst anmerkt, sind Raum und Zeit Modalitäten der menschlichen Sinneswahrnehmung und lassen sich nicht auf das Noumenale anwenden. Schopenhauer schlussfolgert, dass es außerhalb des Reichs von Raum und Zeit keine Differenzierung gibt. Im Reich des Noumenon ist alles immateriell, und alles ist eins. 13
    Schopenhauers Vorstellung vom transzendenten Einssein gründet sich auf Kant und ist doch ein wesentlicher
Fortschritt, weil sie Kants Gedanken weiterentwickelt. Schopenhauer ging auch auf eine Frage von Hume ein, die Kant nicht aufgegriffen hatte, nämlich die Überlegung, ob man wissen kann, dass das Selbst existiert. »Die Welt ist meine Vorstellung«, schreibt Schopenhauer in der berühmten Anfangszeile seines Opus magnum Die Welt als Wille und Vorstellung. Damit drückt er aus, dass die Existenz der Welt selbst abhängig von der Vorstellung des denkenden Subjekts ist. Für einen Realisten klingt das absurd, und deshalb fordert Schopenhauer seine Leser auf, über die Welt nachzudenken und sich dann selbst, also das denkende Subjekt, aus diesen Überlegungen herauszurechnen. Wo ist nun die Welt? Sie ist ganz ofensichtlich verschwunden. Es gibt keine Welt ohne Subjekte in dieser Welt, und außerdem ist die Welt als Erfahrung im Kopf dieser Subjekte angesiedelt. Also ist Subjektivität die notwendige Grundlage von Objektivität. Der Realismus ist falsch, schreibt Schopenhauer, weil er den zum Scheitern verurteilten Versuch unternimmt, ein Objekt ohne ein Subjekt zu postulieren. Und der Materialismus ist ebenso falsch, weil er »die Philosophie des bei seiner Rechnung sich selbst vergessenden Subjekts« ist. 14
    Hume irrt sich also, wenn er sagt, dass es kein Selbst gibt. Wir wissen, dass es existiert, weil es die Voraussetzung all unserer Erfahrungen ist. Aber Hume hatte in gewisser Hinsicht doch recht: Wenn wir die Erfahrung an sich untersuchen, können wir kein »Ich« darin finden, weil das Selbst das ist, was die Erfahrung macht, aber seinerseits nicht unabhängig von seinen Erfahrungen erkannt werden kann. Kant hatte argumentiert, man könne das Objekt als solches, also beispielsweise einen Apfel, nicht unabhängig
von der sinnlichen Erfahrung des Sehens, Berührens und Schmeckens kennen. Schopenhauer erklärt nun, das Subjekt sei in genau derselben Position: Wir können uns selbst nur durch unsere Erfahrungen kennen. Aber unserem innersten Wesen nach sind wir auch »Dinge an sich«. Mit anderen Worten, das »Ich« kann nicht direkt erfahren werden, weil es Teil der noumenalen Welt ist, und das sollte uns nicht überraschen, weil wir wie jedes materielle Objekt in der Welt simultan ein phänomenales und ein noumenales Reich bewohnen. Dieser sehr subtile Gedankengang führt zu der bemerkenswerten Schlussfolgerung, dass die Realität aus zwei verschiedenen Einheiten besteht, dem Geistigen und dem Materiellen, die beide ihrer inneren Natur nach noumenal und unerkennbar sind. Unser Wissen beschränkt sich auf die mittlere Welt der Interaktionen zwischen beiden.
    Der Prüfstein für eine gute Theorie ist nicht nur die Logik ihrer Argumentation, sondern auch ihre Fähigkeit, Dinge zu erklären, die ohne sie geheimnisvoll blieben. Schopenhauer vertritt die Ansicht, seine Lehren trügen dazu bei, den Sinn der Moral und ganz besonders des menschlichen Mitgefühls zu verstehen. Im Gegensatz zu Kant war Schopenhauer kein Moralphilosoph. Er wollte Moral nie rechtfertigen, sondern nur erklären. Wie wir im folgenden Kapitel genauer untersuchen werden, ist die Moral im Allgemeinen und das Mitgefühl im Besonderen aus evolutionärer Sicht ein Rätsel, weil die Evolution besagt, dass wir selbstsüchtige Wesen sind, die vor allem überleben und sich in der Welt fortpflanzen wollen. Es ist nur schwer einzusehen, wie Spenden für Kinder in Ruanda in dieses Schema passen. Aber Schopenhauer sagt, wenn das Selbst
noumenal und das Noumenale undifferenziert ist, dann

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