Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben
die Lücke darauf hin, dass das gesamte Newton’sche Paradigma unzulänglich war. Als Einstein feststellte, dass seine eigene Theorie die Umlaufbahn des Merkur auf eine Weise erklärte, wie Newtons Theorie es nicht konnte, wusste er, dass sein Konzept das überlegene war. 5
In den letzten Jahrzehnten haben Wissenschaftler die Existenz von dunkler Materie und dunkler Energie akzeptiert, ebenfalls auf der Basis präsumtiver Argumente. Auch hier ergab sich das Problem aus verschiedenen Lücken. Wir haben es im Kapitel über Physik schon angesprochen: Als die Wissenschaftler die Menge der Materie im Universum maßen, reichten ihre Ergebnisse nicht aus, um den Zusammenhalt der Galaxien zu erklären. Als sie die Menge der
Energie maßen, reichte sie ebenfalls nicht aus, um die beschleunigte Expansion des Universums nachvollziehbar zu machen. Natürlich hätte man auch hier sagen können, dass es sich lediglich um Lücken handelt, die man durch neue Beobachtungen oder Gleichungen bald würde schließen können, aber hartnäckige Wissenschaftler wussten es besser. Ihnen war klar, dass wir schon ausreichend Kenntnisse über die Materie und Energie haben, die unsere Instrumente messen können, aber damit lässt sich das Verhalten des Universums und der Galaxien einfach nicht erklären. Folglich muss es eine neue Art von Materie und Energie geben, die all unsere wissenschaftlichen Geräte nicht aufspüren können und die keinen bekannten wissenschaftlichen Gesetzen folgt. Nur mit dieser Annahme ließ sich das Problem lösen. Anders ausgedrückt: Die Lücke erforderte eine Neubewertung unseres gesamten wissenschaftlichen Verständnisses von Materie und Energie. Auf dieser Basis postulierte man die Existenz von dunkler Materie und dunkler Energie, und trotz ihrer ursprünglichen Skepsis haben die meisten Wissenschaftler diese Theorie akzeptiert, weil sich mit ihrer Hilfe Phänomene erklären lassen, die sonst weitgehend unverständlich blieben.
Diese Beispiele zeigen, dass die Wissenschaft immer wieder Gebilde postuliert, die noch niemand gesehen hat, von der Raumzeit bis zur dunklen Materie, deren Existenz allein dadurch bestätigt wird, dass sie Phänomene erklären, die wir sehen und messen können. Wir sehen nun auch, dass Lücken nichts Negatives, sondern etwas Positives sind und der wahrhaft wissenschaftliche Ansatz in der Frage besteht, ob sie möglicherweise als Indizien dienen können, die uns zu einem breiteren und tieferen Verständnis der Welt führen.
Und wir wissen nun, wie präsumtive Argumente am besten funktionieren, innerhalb und außerhalb der Wissenschaft. Die Annahme, von der man ausgeht, ist eine Art Hypothese, die besagt: »So müssen die Dinge sein, damit sie die Welt sinnvoll erklären können.« Dann testen wir die Annahme mit der Frage: »Wie gut erklärt sie die Welt?« Wir können diese Frage nicht beantworten, ohne zu überlegen, ob andere Erklärungen vielleicht besser sind. Ist das der Fall, dann brauchen wir unsere Annahme nicht. Ist das nicht der Fall, dann bleibt unsere Annahme, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag, die beste Erklärung der Daten, die wir haben. Wir sollten die Hypothese akzeptieren, bis eine bessere Erklärung auftaucht. Die Hypothese, die ich anzubieten habe, lautet: »In einer Welt jenseits unserer Welt muss kosmische Gerechtigkeit existieren, damit die beobachteten Fakten über menschliche Moral einen Sinn ergeben.« Diese Annahme wollen wir nun überprüfen.
Moral ist ein ebenso universelles wie überraschendes Faktum der menschlichen Natur. Wenn ich Moral als »universell« bezeichne, dann beziehe ich mich nicht auf diesen oder jenen moralischen Kodex. Im Grunde beziehe ich mich auf gar keinen äußeren moralischen Kodex, sondern ich meine die Moral als innere Stimme, die Quelle in unserem Inneren, die Adam Smith den »unbeteiligten Beobachter« genannt hat. 6 In diesem Sinne ist Moral ein Richter, der uns nicht nötigt, sich aber zuverlässig zu Wort meldet. Er hat nicht die Macht, uns zu zwingen, doch er spricht mit unzweifelhafter Autorität. Natürlich können wir ablehnen, was die Moral gebietet, und das tun wir häufig auch, aber Schuldgefühle oder Reue sind dann unvermeidlich. Sie stellen sich ein, weil wir zu Selbstvorwürfen und
Gewissensbissen fähig sind. Sogar Leute, die schamlos gegen die Moral verstoßen – zum Beispiel chronische Lügner oder notorische Diebe –, reagieren unvermeidlich mit Entschuldigungen und Rationalisierungen, wenn sie ertappt
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