Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)
Sie ja nicht aufhalten.“
Ich nickte und wusste nicht einmal mehr, wie spät es war. Das Zeitgefühl hatte ich völlig verloren.
„Nun gut, junger Mann, dann wünsch ich viel Erfolg. Wissen Sie, ich will Sie ja nicht weiter aufhalten …“
Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen, nickte weiterhin freundlich und schloss dann vorsichtig die Tür. Für sonstige Verhältnisse war ich sie doch relativ schnell losgeworden. In der Tragetasche befand sich unter anderem Gefriergut, das ich schnellstmöglich im Kühlschrank verstauen wollte. Ich griff nach der Tüte und hastete in die Küche. Ich erschrak als ich die Uhrzeit erblickte. Es war bereits kurz nach sieben. Abrupt ließ ich die Tasche fallen. Der Inhalt wurde binnen Sekunden sekundär. Ich zog meine Jeansjacke vom Bügel, drückte meine Füße in die schwarzen Turnschuhe, stopfte etwas Kleingeld und den Haustürschlüssel in meine Hosentaschen und verließ meine Wohnung blitzartig.
Ich wollte mit dem Fahrrad fahren, doch hatte ich den Kellerschlüssel vergessen und beschloss nun, die kurze Strecke zu Fuß hinter mich zu bringen. Wenn sie um neunzehn Uhr da sein wollte, würde sie bestimmt etwas länger warten und nicht nach fünf Minuten wieder gehen und die Hoffnung aufgegeben haben. Der Tag hatte wunderbar begonnen und mein Körper wurde von Optimismus durchströmt. Ich wollte die Unbekannte unbedingt treffen und machte mir nicht einmal mehr Sorgen darüber, dass ich sie mit meinem Philosophiestudium belogen hatte und nicht sprechen konnte.
Der Himmel bewölkte sich, wodurch der warme Sommer nun mehr dem Herbst glich. Die Passanten eilten zu Unterstellmöglichkeiten, kramten ihre Regenschirme hervor oder zogen Kapuzen über ihre Köpfe. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, versuchte die aufkommende Kälte abzuwehren, indem ich meine Jacke fester zuzog.
Ich mochte bloß auf den Bürgersteig starren, während ich durch die engen Zwischengassen, die eine Abkürzung zum Exlex darboten, eilte. Ich fühlte mich vollkommen unwohl in der Öffentlichkeit und wünschte mich augenblicklich zurück in meine gewohnte Umgebung.
Zu viele Eindrücke prasselten auf mich ein, zu viele Gespräche der Mitmenschen füllten meine Ohren. Mein Kopf begann zu schmerzen und durch den nun beginnenden Regenschauer wurde mir noch kälter. Ich fühlte mich schlecht. Das Haargel vermischte sich mit dem Regenwasser und lief mir übers Gesicht. Kleine Kinder schauten mich merkwürdig an und tuschelten, wenn sie an mir vorbeigegangen waren. Immer wieder musste ich mir in den Kopf rufen, dass ich all das gewollt hatte und mich mit jemandem treffen wollte. Ich musste mich daran erinnern, dass all das ein neuer Anfang sein sollte und ich in diesem Augenblick stark sein musste und mir nicht zu viele Gedanken machen durfte.
Nach wenigen Minuten war das Exlex endlich in meiner Sichtweite. Nun stieg wieder Angst in mir empor. Ich wusste weder den Namen des Mädchens noch wie sie aussah. Ich kannte sie nicht und kannte mich noch weniger im Umgang mit Menschen aus. Ich hatte zu lange in meiner eigenen Welt gelebt. Trotz allem stellte ich mich an die Ampel, betätigte den Knopf und wartete auf das Signal. Viele Bilder durchzogen meine Gedanken, während sich kalte Regentropfen ihren Weg über meine Wangen suchten.
Vorsichtig überquerte ich die Straße, blickte regelmäßig nervös nach rechts und links. Mein Kopf dröhnte. Vor dem besagten Café blieb ich weiterhin einige Sekunden stehen, bevor ich die Tür öffnete und in den warmen Raum trat. Zigarettenqualm ließ meine Augen tränen. Der stickige Rauch setzte sich sofort an meiner Kleidung fest. Ich blickte mich suchend um. An den verschiedenen Tischen saßen nur Pärchen, Gruppen oder ältere Männer. Ich entdeckte keine junge Frau im Alter von zweiundzwanzig. Ich hatte keine Uhr dabei und schielte somit auf die Armbanduhr eines neben mir sitzenden Mannes. Die Uhr zeigte an, dass es etwa halb acht sein musste. Wahrscheinlich war ich zu spät gekommen. Vielleicht war sie auch nur kurz auf Toilette oder sie war es, die später kommen würde.
Dennoch kramte ich all meinen in den letzten Monaten verloren gegangenen Mut zusammen, suchte mir einen abgelegenen Tisch und setzte mich. Dass ich mich unwohl fühlte, musste offensichtlich sein, da bereits drei Mädchen, die etwas entfernter von mir saßen, abwechselnd zu mir herüberblickten, tuschelten und kicherten. Sie schienen nicht älter als sechzehn Jahre alt zu sein. Trotzdem stärkte
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