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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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ich, griff nach einer Gabel und rückte ihm meinen Stuhl hin, damit er so lange, als ich damit beschäftigt wäre, am Feuer sitzen könnte. – Ich glaube, mein Herr, sagte er sehr bescheiden, es wird ihm von mir am besten schmecken. – Ich bin überzeugt, entgegnete ich, die Brodschnitte wird Seiner Gnaden nicht schlechter schmecken, wenn sie ihm ein alter Soldat geröstet hat. – Der Junge ergriff meine Hand und brach alsbald in Thränen aus. – Der arme Junge! sagte mein Onkel Toby; er ist von Kind auf in der Armee herangewachsen, und der Name eines Soldaten, Trim, klang ihm wie der Name eines Freundes ins Ohr! – Ich wollte, ich hätte ihn hier.
    Nach dem längsten Marsch, sagte der Corporal, hatte ich niemals eine solche Lust zu meinem Essen, als jetzt mit ihm in Gesellschaft zu weinen. Was war denn das mit mir, Euer Gnaden? – Nichts auf der Welt, Trim, sagte mein Onkel Toby, indem er sich schnäuzte, als daß du ein gutmüthiger Kerl bist.
    Als ich ihm die Brodschnitte gab. fuhr der Corporal fort, hielt ich es für passend ihm zu sagen, ich sei der Diener des Kapitains Shandy, und Euer Gnaden nähmen (obschon ein Fremder) großen Antheil an seinem Vater; und wenn er irgend etwas aus Euer Gnaden Haus oder Keller bedürfte – (du hättest auch wohl die Börse erwähnen dürfen, bemerkte mein Onkel Toby) – so würde es Euer Gnaden herzlich freuen, ihm dienen zu können. – Er machte eine sehr tiefe Verbeugung (die Euer Gnaden galt), gab aber keine Antwort; – sein Herz war zu voll; – dann ging er mit der Brodschnitte hinaus. – Seien Sie versichert, lieber Herr, sagte ich zu ihm, als ich ihm die Küchenthüre öffnete, Ihr Herr Vater wird wieder besser werden. – Herrn Yoricks Vikar rauchte am Küchenfeuer eine Pfeife, sagte aber kein Wort des Trostes zu dem jungen Menschen. – Das hielt ich nicht für recht, setzte der Corporal hinzu. – Ich halte es auch nicht dafür, sagte mein Onkel Toby.
    Als der Lieutenant sein Glas Sekt und die Brodschnitte zu sich genommen hatte. fühlte er sich etwas gestärkt und ließ mir in die Küche herunter sagen, es würde ihn freuen, wenn ich nach etwa zehn Minuten zu ihm heraufkäme. – Ich glaube, sagte der Wirth, er betet jetzt; denn auf einem Stuhl neben seinem Bett lag ein Buch, und als ich Thüre zumachte, sah ich, wie sein Sohn ein Kissen aufnahm.
    Ich glaubte, sagte der Vikar, ihr Herren von der Armee betetet niemals, Herr Trim. – Ich hörte den armen Herrn vergangene Nacht sein Gebet sehr fromm sprechen, bemerkte die Wirthin; wenn ich es nicht mit eigenen Ohren gehört hätte, würde ich es nicht glauben. – Sind Sie wirklich überzeugt davon? versetzte der Vikar. – Euer Hochwürden, sagte ich zu ihm, ein Soldat betet aus eigenem Antrieb so oft wie ein Pfarrer; und wenn er für seinen König, und für sein eigenes Leben und seine Ehre dazu kämpft, so hat er mehr als irgend Jemand Ursache zu Gott zu beten. – Das war schön von dir gesagt, Trim, sagte mein Onkel Toby. – Aber Euer Hochwürden, sagte ich, wenn ein Soldat seine zwölf Stunden bis an die Knie im kaltem Wasser in den Laufgräben gestanden hat – oder, sagte ich, Monate lang auf langen und gefährlichen Märschen begriffen ist; vielleicht heute im Rücken beunruhigt, morgen Andere beunruhigend; hierhin detaschirt; – dorthin durch Gegenbefehl abgerufen, – heute Nacht unter dem Gewehr, – morgen im Hemd alarmirt, – in seinen Gelenken ganz erstarrt, – vielleicht ohne Stroh in seinem Zelt, auf dem er knieen könnte; – ja dann muß er eben beten, wann und wo er kann. – Ich glaube, sagte ich, – denn ich war wegen des Rufs der Armee etwas gereizt, sagte der Corporal, – ich glaube, Euer Hochwürden, sagte ich, daß, wenn ein Soldat Zeit bekommt um zu beten, – er ebenso von Herzen betet wie ein Pfarrer, – wenn auch nicht mit so viel Wesen und Scheinheiligkeit. – Das hättest du nicht sagen sollen, Trim, sagte mein Onkel Toby, – denn Gott allein weiß, wer ein Scheinheiliger ist, – und wer nicht. – Bei der großen Generalmusterung, Corporal, am Tage des Gerichts, (und erst dann) – wird man sehen, wer seine Schuldigkeit auf dieser Welt gethan hat, – und wer nicht; und je nachdem, Trim, werden wir dann avanciren. – Ich hoffe, das werden wir, sagte Trim. – So steht es in der heiligen Schrift, sagte mein Onkel Toby; ich will es dir morgen zeigen. – Einstweilen können wir uns zu unserem Trost darauf verlassen, Trim, sagte mein Onkel Toby, daß Gott der

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