Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
spannte, – aber immerhin auf die Folter des Glücklichen! – in diesem Fahrwasser also bewegten sie sich lange, während jedes Jahr, bisweilen jeder Monat eine Erfindung des Einen oder Andern brachte, wodurch ihre Operationen eine neue Wendung oder Verbesserung gewannen, in deren Ausführung sich dann neue Quellen des Vergnügens eröffneten.
Der Feldzug des ersten Jahres wurde von Anfang bis zu Ende in der angeführten schlichten, einfachen Methode durchgeführt.
Im zweiten Jahre, wo mein Onkel Toby Lüttich und Roermonde eroberte, glaubte er sich die Ausgabe für vier schöne Zugbrücken erlauben zu dürfen. Von zweien derselben habe ich im ersten Theil meines Werkes eine genaue Beschreibung geliefert.
Gegen Ende desselben Jahres fügte er ein Paar Thore mit Fallgattern hinzu: – diese letzteren wurden später in sogenannte Orgeln als die besseren Thorgatter verwandelt. Im Winter des gleichen Jahres beschenkte sich mein Onkel Toby, statt mit einem neuen Anzug, den er sonst immer um Weihnachten anschaffte, mit einem schönen Schilderhaus, das er in der Ecke des Rasens aufstellte, zwischen welchem Punkte und dem Fuß des Glacis eine kleine Esplanade gelassen wurde, wo er und der Corporal miteinander Besprechungen und Kriegsrath abhalten konnten.
Das Schilderhaus sollte für Regentage dienen.
All diese Dinge wurden im nächsten Frühjahr drei Mal weiß angestrichen, so daß mein Onkel den Feldzug mit größerem Glanze eröffnen konnte.
Mein Vater pflegte oft zu Yorick zu sagen, wenn irgend ein Sterblicher außer seinem Bruder Toby so etwas angestellt hätte, so würde es von der ganzen Welt für eine der feinsten Satyren auf die parademäßige, prahlerische Art angesehen worden sein, wie Ludwig XIV. seit Anfang des Kriegs, besonders aber in gedachtem Jahre zu Felde gezogen war. – Aber es liegt nicht in der Natur meines Bruders Toby, dieser menschenfreundlichen Seele, irgend Jemand zu kränken, pflegte dann mein Vater hinzuzufügen.
Doch fahren wir fort.
184. Kapitel.
Ich muß bemerken, daß obschon im Feldzug des ersten Jahres das Wort »Stadt« öfters vorkommt, – sich doch damals noch keine Stadt in dem Polygon befand. Dieser Zusatz kam erst in dem Sommer, welcher auf den Frühling folgte, wo die Brücken und das Schilderhaus gemalt wurden, also im dritten Jahre der Feldzüge meines Onkels Toby. – Als nämlich um diese Zeit nacheinander Amberg, Bonn und Rheinsberg, Huy und Limburg erobert wurden, fuhr dem Corporal der Gedanke in den Kopf, daß es etwas sehr Unsinniges wäre von so vielen Städten zu sprechen, ohne daß man eine Stadt habe, die dafür gelten könne. Er schlug daher meinem Onkel Toby vor, eine kleine Musterstadt bauen zu lassen – die aus tannenen Latten aufgeschlagen und dann gemalt und in das innere Polygon gesetzt würde, wo sie dann für alle Fälle dienen könnte.
Mein Onkel Toby erkannte augenblicklich das Richtige dieses Vorschlags und genehmigte die Ausführung sogleich, fügte jedoch noch zwei eigene Verbesserungen bei, auf die er fast eben so stolz war, wie wenn er das Project selbst erfunden hätte.
Die eine bestand darin, daß die Stadt genau in dem Stile derjenigen erbaut werden sollte, die sie voraussichtlich vorzustellen haben würde; – also mit Gitterfenstern, die Giebel gegen die Straße gekehrt u. s. w. – wie in Gent, Brügge und den übrigen Städten in Brabant und Flandern.
Die andere ging dahin, daß die Häuser nicht in einem Stück aufgestellt werden sollten, wie der Corporal gemeint hatte, sondern jedes für sich, so daß sie dem Plane jeder einzelnen Stadt entsprechend, hingesetzt oder weggenommen werden konnten. – Die Sache wurde sogleich in Angriff genommen, und mein Onkel Toby und der Corporal tauschten zahlreiche Blicke gegenseitiger Beglückwünschung, als der Zimmermann ans Werk ging.
Die Vorkehrung entsprach im nächsten Sommer ihrem Zwecke auf eine wundervolle Art: – die Stadt war ein wahrer Proteus. – Sie stellte Landen und Trarbach, Santvliet, Drusen und Hagenau vor, – dann war sie wieder Ostende und Menin, Ath und Dendermonde.
Wahrlich seit Sodom und Gomorrah, hat niemals eine Stadt so viele Rollen gespielt, wie die Stadt meines Onkels Toby.
Im vierten Jahr meinte mein Onkel Toby eine Stadt sähe lächerlich aus ohne Kirche; er fügte daher eine sehr schöne mit einem Kirchthurm bei. Trim war für Glocken darin. – Aber mein Onkel Toby sagte, das Metall würde besser zum Guß von Kanonen verwendet.
Dies führte dazu, daß
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