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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Licht und Finsterniß oder sonst zwei höchst unfreundlichen Gegensätzen in der Natur besteht; – es ist vielmehr nur ein Kunstgriff der Schriftsteller ein gutes Einvernehmen zwischen den Worten zu unterhalten, wie die Politiker es unter Menschen thun – da sie nie wissen, wie bald die Nothwendigkeit an sie herantritt, sie zusammenbringen; – da dieser Punkt nunmehr gewonnen ist, und damit ich mir den meinigen genau zu Gemüth führe, schreibe ich hier nieder
    Spleen .
    Als ich Chantilly verließ, erklärte ich, dies (nämlich der Spleen) sei das beste Princip auf der Welt, um schnell zu reisen; ich gab es jedoch nur als Ansichtssache. Ich bin noch immer der gleichen Meinung – ich hatte damals nur noch nicht so viel Erfahrung über die Wirkung des Princips, um hinzufügen zu können, – daß man damit zwar mit einer rasenden Geschwindigkeit vorwärts kommt, aber zugleich sehr unbehaglich; weshalb ich diese Methode hier für immer verlasse; sie steht Jedermann herzlich gerne zu Diensten: – sie hat mir die Verdauung eines guten Nachtessens gestört und mir eine gallige Diarrhöe zugezogen, was mich wieder zu meiner ersten Methode zurückgebracht hat, nach welcher ich seiner Zeit auszog, – und nach welcher ich jetzt nach den Ufern der Garonne entfliehen werde.
    Nein; ich kann mich keinen Augenblick aufhalten, um dem Leser den Charakter des Volks zu schildern, – seinen Genius, – seine Sitten, – seine Gebräuche, – seine Gesetze, – seine Religion, – seine Regierung, – seine Manufacturen, – seinen Handel, – seine Finanzen nebst allen Mitteln und verborgenen Triebfedern, welche jene aufrecht halten; ungeachtet ich mich hiezu trefflich eigne, weil ich volle drei Tage und zwei Nächte dort zugebracht und diese Dinge die ganze Zeit über zum einzigen Gegenstand meiner Forschungen und Betrachtungen gemacht habe.
    Aber – aber ich muß fort, – die Straßen sind gepflastert, – die Poststationen kurz, – die Tage lang, – es ist erst Mittag – und ich kann noch vor dem König in Fontaineblau sein.
    Ging er denn dahin? Daß ich nicht wüßte.

221. Kapitel.
    Ich mag es nicht leiden, wenn Jemand, besonders ein Reisender sich beklagt, daß man in Frankreich nicht so rasch vorwärts komme wie in England; während man
consideratis considerandis
eigentlich viel schneller vorwärts kommt; worunter ich verstehe: daß, wenn man die Fuhrwerke mit den Bergen von Gepäck, welches man vorn und hinten aufschnallt, – und die kleinen Pferde und die schwachen Stationen, die sie diesen geben, in Betracht zieht, – es wirklich ein Wunder ist, daß man überhaupt vorwärts kommt. Das Leiden dieser Thiere ist höchst unchristlich; und es ist mir deshalb klar, daß ein französisches Postpferd auf der Gottes Welt nichts leisten könnte, wenn nicht die zwei Worte ††††† und †††† wären, die ebensoviel Nahrungsstoff zu enthalten scheinen, als wenn man ihnen eine Metze Hafer gibt. Da nun diese Worte nichts kosten, so sehne ich mich wirklich darnach sie dem Leser zu nennen; nun ist das aber eine kitzliche Sache – man muß sie dem Leser deutlich, in der genaueren Aussprache mittheilen, oder sie helfen nichts, – wenn sie aber deutlich gesagt würden – so würden Seine Hochwürden zweifellos in ihrem Schlafzimmer darüber lachen, aber ich wette, im Wohnzimmer darüber empört sein. Ich habe mich daher lange Zeit obwol ohne Erfolg hin und her besonnen, durch welchen geschickten Kunstgriff oder drollige Erfindung ich sie so modeln könnte, daß während ich das eine Ohr, welches der Leser mir leihen will, befriedige, – ich dem andern, das er für sich behält, nicht wehe thue.
    Die Tinte verbrennt mir die Finger, es zu versuchen; – und wenn ich's thue, – dann wird es noch schlimmer werden – ich fürchte, es verbrennt mir dann das Papier.
    Nein; – ich wage es wirklich nicht.
    Wenn der Leser aber zu wissen wünscht, wie die Aebtissin von Andouillets und eine Novize ihres Klosters über diese Schwierigkeit wegkamen (nur muß der Leser erst mir selbst allen denkbaren Erfolg wünschen) – so will ich es ihm ohne allen Scrupel sagen.

222. Kapitel.
    Die Aebtissin von Andouillets, – wenn der Leser die gegenwärtig zu Paris herauskommende Folge von Provinzialkarten zu Rathe zieht, so findet er den Ort in den Bergen, welche Burgund von Savoyen trennen, – war von einer Anchylosis oder Gelenkssteifigkeit bedroht (indem die Sinovia ihres Knies durch lange Frühmetten sich verhärtet hatte). Sie

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