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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Archimedes einer- und Nyky und Simkin anderer Seits zu sagen wußte. Wie viele Cäsars und Pompejuse, pflegte er zu sagen, haben nur in diesen Namen die Begeisterung gefunden, sich ihrer würdig zu machen. Und wie viele, setzte er dann hinzu, hätten ein wackeres, menschenwürdiges Dasein geführt, wäre nicht ihr Geist, ihr Charakter zu einem Nichts herabgedrückt worden, weil sie Nicodemusirt waren!
    Ich sehe an Ihrem Blick (oder wie es eben der Zufall gab), mein Herr, pflegte mein Vater zu sagen – daß Sie sich nicht recht mit meiner Ansicht einverstanden bekennen – und ich muß gestehen, pflegte er hinzuzusetzen, – daß sie für diejenigen, welche die Sache nicht gründlich erwogen haben – mehr wie eine Grille als wie eine solide, auf die Vernunft begründete Anschauung erscheint; – und doch, mein lieber Herr, wenn ich mir schmeicheln darf, Ihren Charakter zu kennen, so bin ich moralisch überzeugt, ich würde wenig riskiren, wenn ich Ihnen nicht als Partei – sondern als Richter, einen Fall vorführen würde, und dürfte gewiß Ihrem eigenen gesunden Verstand und Ihrer ehrlichen Untersuchung der Sache alles Vertrauen schenken. Sie sind frei von den vielen engherzigen Vorurtheilen der Erziehung der meisten Menschen – und wenn ich mir erlauben darf, tiefer in Ihr Wesen einzudringen – von einer Freiheit des Geistes, die darüber erhaben ist, eine Ansicht nur deshalb gering zu schätzen, weil es ihr an Anhängern fehlt. Würden Sie Ihren Sohn – Ihren lieben Sohn – von dessen holdem, offenem Gemüth Sie so große Hoffnungen sehen dürfen – ich frage Sie, würden Sie Ihren Billy, – Judas haben taufen lassen? – Würden Sie das, mein lieber Herr, pflegte er zu sagen, indem er Ihnen dabei mit der artigsten Bewegung die Hand auf die Brust legte – und sich mit jenem sanften, unwiderstehlichen Piano der Stimme an Sie wandte, das ein solches
argumentum ad hominem
durchaus erfordert – würden Sie, mein Herr, wenn ein Jude von Pathe diesen Namen für Ihr Kind in Vorschlag gebracht und Ihnen zugleich damit seine Börse angeboten hätte, würden Sie Ihre Zustimmung zu einer solchen Entweihung des Kindes gegeben haben? – O mein Gott! rief er dann und schaute nach oben, wenn ich Ihr Herz recht kenne, mein Herr, – so wären Sie dessen nicht fähig gewesen; – Sie würden jenes Ansinnen vielmehr mit Füßen getreten – würden dem Versucher die Mittel der Versuchung mit Abscheu an den Kopf geworfen haben.
    Ihre Seelengröße hiebei, die ich bewundere, jene edle Verachtung des Geldes, die Sie bei der ganzen Angelegenheit an den Tag legen, ist wahrhaft schön; und was sie noch schöner macht, das ist die Erwägung, aus der sie hervorgeht; – die väterliche Liebe machte die Hypothese zur überzeugenden Wahrheit, daß die Hypothese, wenn Ihr Sohn Judas genannt würde – der schmutzige, verrätherische Gedanken, der mit diesem Namen so unzertrennlich ist, ihn wie ein Schatten sein ganzes Leben hindurch begleitet und ihn schließlich trotz Ihrem guten Beispiel, mein Herr, zu einem habsüchtigen Schuft gemacht haben würde.
    Ich habe nie einen Mann gekannt, der im Stande gewesen wäre, gegen einen solchen Beweis etwas vorzubringen. – In der That, wenn ich meinen Vater schildern soll wie er war, so muß ich sagen: er war rein unwiderstehlich – in seinen Reden wie in seinen Disputationen – er war ein geborener Redner – Θεοδίδακτος – die Ueberzeugung hing an seinen Lippen, und die Elemente der Logik und Rhetorik waren in ihm so schön gemischt – und dabei besaß er ein so gefährliches Talent die Schwächen und Leidenschaften seines Gegners zu errathen – daß die Natur selbst sich erheben und sagen mußte: Dieser Mann ist beredt! – Kurz, mochte er die falsche oder die wahre Seite einer Sache vertheidigen, es war in beiden Fällen gefährlich ihn anzugreifen; – und doch hatte er merkwürdiger Weise weder Cicero gelesen, noch Quintilian de Oratore, noch Socrates noch Aristoteles noch Longinus unter den Alten – und ebenso wenig Vossius, Skioppius, Ramus und Farnaby unter den Neueren; und was noch weit staunenswerther ist, es war ihm nie in seinem Leben auch nur durch eine einzige Vorlesung über Crackenthorp oder Burgersdicius, oder irgend einen niederländischen Logiker, oder Commentator das geringste Licht aufgesteckt, oder auch nur ein Funken von Scharfsinn übermittelt worden; – er hatte nicht die leiseste Idee davon, worin der Unterschied zwischen einem Beweis
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