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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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erhielt, dankte er oft dem Himmel, daß er nicht schlimmer ausgefallen war. Andreas war eine Art negative algebraische Größe in seinen Augen; er sei geringer als nichts, sagte er, William stand ziemlich hoch, Numps dagegen tief, und von Nick sagte er, das sei ein Teufelsname.
    Vor keinem Namen auf der weiten Erde hatte er aber einen so unüberwindlichen Widerwillen als vor Tristram; – von ihm hatte er die niedrigste, verächtlichste Meinung von der Welt, und glaubte, er könne unmöglich
in rerum naturae
etwas Anderes als etwas ganz Gemeines und Erbärmliches zu Wege bringen, so daß er mitten in einem Disput über diesen Gegenstand, worin er beiläufig bemerkt nicht selten verwickelt ward – bisweilen mit einem plötzlichen, geistreichen Epiphonema oder richtiger einer Erotesis abbrach, dabei die Stimme um eine Terze, bisweilen um eine volle Quinte über die Tonart des Gesprächs erhob – und seinen Gegner kathegorisch fragte, ob er zu sagen wage, er erinnere sich – oder er habe einmal gelesen, – oder er habe jemals gehört, daß ein Mensch mit Namen Tristram etwas Großes oder Denkwürdiges ausgeführt habe? – Nein – setzte er dann hinzu – Tristram! – Das ist rein unmöglich.
    Es fehlte nichts mehr, als daß mein Vater ein Buch geschrieben hätte, um seine Ansicht über diesen Gegenstand der Welt mitzutheilen. Es macht ja dem scharfsinnigen Denker wenig, wenn er mit seiner Meinung allein steht – wenn er nur in der Lage ist, ihr gehörig Luft zu machen. – In der That machte es mein Vater auch so: – denn im Jahr sechzehen, also zwei Jahre ehe ich geboren wurde, ging er wirklich daran und schrieb eigens eine Dissertation über das Wort Tristram – worin er der Welt mit großer Ehrlichkeit und Bescheidenheit die Gründe auseinander setzte, weshalb er einen so tiefen Abscheu vor dem Namen hege.
    Wenn der geneigte Leser diese Geschichte mit dem Titelblatt des Buches vergleicht – muß er da nicht meinen Vater aus tiefster Seele bedauern! Daß einem so methodischen und gut gesinnten Mann, mit – wenn auch sonderbaren doch durchaus harmlosen Ansichten durch zufällige Querstriche so schändlich mitgespielt wurde! daß er in allen seinen kleinen Systemen und Wünschen so verhöhnt und mißhandelt werden mußte! daß eine ganze Reihe von Ereignissen eines ums andere gegen ihn ausfiel, und zwar auf eine so kritische und grausame Weise, als ob sie absichtlich in Scene gesetzt und gegen ihn aufgespielt worden wären, um seine Pläne und Absichten zu kränken! Mit einem Wort, daß ein Mann in seinem vorgerückten Alter, wo man derartige Widerwärtigkeiten nicht mehr gut erträgt, zehen Mal im Tag sich selbst einen Stich durchs Herz geben – zehen Mal im Tag das Kind seiner Gebete Tristram rufen mußte! – Melancholisch zweisylbiges Wort! in seinem Ohr gerade so viel wie Hansnarr oder jeder andere Schimpfname unter der Sonne. – Bei seiner Asche! ich schwöre es: wenn je ein boshafter Geist sich ein Vergnügen oder ein Geschäft daraus machte, die Absichten eines Sterblichen zu durchkreuzen – so muß es in diesem Falle gewesen sein; – und wenn es nicht nothwendig wäre, daß ich vorher geboren wurde, ehe ich getauft werde, so würde ich dem Leser die Sache gleich jetzt erzählen.

20. Kapitel.
    Wie konnten Sie so wenig Acht geben, Madame, als Sie das letzte Kapitel lasen! Ich erzählte Ihnen ja darin, daß meine Mutter keine Papistin gewesen sei. – Papistin! Sie sagten kein Worte davon. – Erlauben Sie, Madame, daß ich wiederhole: ich habe es Ihnen wenigstens so deutlich gesagt, als es Worte, aus denen sich Etwas klar folgern läßt, ausdrücken können. – Dann muß ich eine Seite überschlagen haben. – Nein, Madame, Sie haben kein Wort überschlagen. – Dann habe ich geschlafen, mein Herr. – Das kann mein Stolz nicht zugeben, Madame, – dann muß ich sagen, verstehe ich kein Wort von der ganzen Sache. – Das ist es ja gerade, was ich Ihnen zur Last lege, Madame; und zur Strafe muß ich darauf bestehen, daß Sie sofort wieder umkehren, das heißt sobald Sie bis an den nächsten Absatz gekommen sind, und dann das ganze vorige Kapitel noch einmal lesen.
    Ich habe der Dame diese Buße weder aus Muthwillen noch aus Grausamkeit, sondern in der besten Absicht auferlegt; und werde mich deshalb auch nicht bei ihr entschuldigen, wenn sie wieder kommt: – Es geschah um eine üble Gewohnheit zu rügen, welche sich auch bei tausend anderen Damen eingeschlichen hat – nämlich immer darauf los

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