Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
soviel ich weiß, in Breisach befindet. – Mein Vater rieth aber meinem Onkel Toby alles Ernstes, sich nicht mehr mit Zugbrücken zu befassen – und da mein Onkel überdies voraus sah, daß dies die Erinnerung an Corporal Trim's Mißgeschick verewigen würde – so entschied er sich für die Erfindung des Marquis d'Hôpital, welche der jüngere Bernoulli so schön und gelehrt beschrieben hat, wie der geneigte Leser in
Act. Erud. Lips. an. 1695
lesen kann. Bei dieser Art Brücken wird durch ein Bleigewicht ein beständiges Gleichgewicht hergestellt, und jenes hält so gut Wache wie eine Doppelschildwache, indem diese Brücke in einer Curve construirt ist, die sie einer Cykloide (Radlinie) nähert, oder wirklich eine Cykloide bildet.
    Mein Onkel Toby kannte die Natur der Parabel, so gut als irgend ein Mann in England; – eine Cykloide hatte er jedoch nicht so gut los: – er sprach zwar alle Tage darüber – aber die Brücke machte darum keine Fortschritte. – Wir müssen Jemand darüber befragen, sagte mein Onkel Toby zu Trim.

70. Kapitel.
    Als Trim hereinkam und meinem Vater sagte,
Dr.
 Slop sei in der Küche und damit beschäftigt eine Brücke zu machen, – so nahm mein Onkel Toby – in dessen Gehirn die Geschichte mit den Stulpstiefeln eben eine Reihe militärischer Gedanken erweckt hatte – sofort für ausgemacht an, daß
Dr.
 Slop ihm ein Modell der Brücke des Marquis d'Hôpital herstelle. – Das ist sehr freundlich von ihm, sagte mein Onkel Toby; – sei so gut, Trim, und mache
Dr.
 Slop mein Compliment dafür und sag' ihm, ich lasse ihm herzlich danken.
    Wäre der Kopf meines Onkels Toby ein Savoyardenkasten gewesen, und hätte mein Vater die ganze Zeit über auf der einen Seite hereingesehen – so hätte er keine genauere Kenntniß von den Operationen gewinnen können, die in meines Onkels Toby Phantasie vor sich gingen, als durch diese Aeußerung. Trotz der Katapulte und des Widderbocks und seiner bitteren Verwünschung derselben wollte er daher eben wieder triumphirend beginnen, –
    Als ihm Trims Antwort in einem Nu den Lorbeer von der Schläfe riß und ihn in Stücke zerpflückte.

71. Kapitel.
    Eure unglückselige Zugbrücke, begann mein Vater. – Ich bitte um Entschuldigung, Euer Gnaden, sagte Trim, es ist eine Brücke für die Nase des jungen Herrn. Wie er ihn mit seinen schlechten Instrumenten zur Welt brachte, hat er ihm, wie Susanne sagt, die Nase so platt wie einen Pfannkuchen in das Gesicht gedrückt; deshalb macht er ihm jetzt eine Brücke oder einen falschen Nasenrücken aus einem Stückchen Baumwolle und einem Fischbein aus Susannah's Corset, um die Nase wieder aufzurichten. – Führe mich gleich auf mein Zimmer, Bruder Toby, rief mein Vater.

72. Kapitel.
    Von dem ersten Augenblick an, da ich mich niedersetzte, um mein Leben zur Unterhaltung der Welt und meine Meinungen zu ihrer Belehrung niederzuschreiben, hat sich allmählich eine Wolke über meinem Vater zusammengezogen. – Eine Flut von kleinen Uebeln und Widerwärtigkeiten hat sich gegen ihn in Bewegung gesetzt. Nicht ein einziges Ding ist, wie er selbst bemerkte, seinen gewiesenen Weg gegangen; und nun hat sich das Gewölk verdichtet, das Wetter ist am Losbrechen, um sich vollständig über seinem Haupte zu entladen.
    Ich beginne diesen Theil meiner Geschichte in der nachdenklichsten, schwermüthigsten Gemüthsverfassung, die je über eine sympathetische Seele kam. – Meine Nerven lassen nach, während ich sie erzähle. – Bei jeder Linie, die ich schreibe, fühle ich ein Schwächerwerden meines Pulses und zugleich jener sorglosen Heiterkeit, in Folge deren jeder Tag meines Lebens mich dazu drängt, tausend Dinge zu sagen und zu schreiben, die ich eigentlich nicht erwähnen sollte: – und eben jetzt, da ich die Feder in mein Tintenfaß tauchte, konnte ich nicht umhin zu bemerken, mit welch' behutsamer Miene betrübter Fassung und Feierlichkeit ich dies that. – Gott! wie verschieden von dem raschen Ruck und wildem Gespritz, womit du, Tristram, das sonst thatest, wenn du in anderer Laune warst – wo du deine Feder hinwarfst – deine Tinte über Tisch und Bücher kleckstest – als ob deine Feder und deine Tinte, deine Bücher und deine Möbel dich nichts kosteten!

73. Kapitel.
    Ich will nicht lange mit Ihnen darüber streiten: – aber es ist so; – und ich bin so sehr als möglich davon überzeugt, Madame, daß Mann wie Frau Schmerzen und Kummer (und soviel ich weiß auch ein Vergnügen) nirgends besser ertragen

Weitere Kostenlose Bücher