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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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thun hat, geben und daran festhalten – es gewissermaßen wie eine Guinee in Scheidemünze umsetzen. – Wenn dies geschehen ist, – so möge der Vater der Verwirrung einen Untereinander drin machen, wenn er kann; oder in unsere oder des Lesers Kopf einen anderen Sinn hineinbringen, wenn er weiß wie?
    In Büchern strengster Sittlichkeit und schärfster Logik wie dasjenige ist, an dem ich schreibe – ist eine Vernachlässigung dieser Art gar nicht zu entschuldigen; und der Himmel ist mein Zeuge, wie sich die Welt schon dafür an mir gerächt hat, daß ich soviele Gelegenheiten zu zweideutigen Auflösungen gegeben, – und mich immer so sehr auf die reine Einbildungskraft meiner Leser verlassen habe.
    Hier ist ein Doppelsinn, rief Eugenius, als wir miteinander spazieren gingen, und zeigte dabei mit dem Zeigfinger der rechten Hand auf das Wort »Spalte« im 32. Kapitel dieses Buchs der Bücher, – hier steckt ein Doppelsinn, – sagte er. – Und hier sind zwei Wege, erwiderte ich, indem ich mich scharf gegen ihn kehrte, ein schmutziger und ein reiner – welchen wollen wir einschlagen? – Den reinen, natürlich! erwiderte Eugenius. – Eugenius, sagte ich zu ihm, indem ich vor ihn hintrat und ihm die Hand auf die Brust legte, – erklären – heißt mißtrauen. – So triumphirte ich über Eugenius; aber ich triumphirte über ihn wie ein Thor, wie ich immer thue. – Es ist jedoch mein Trost, daß ich kein eigensinniger bin: deshalb erkläre und bestimme ich jetzt eine Nase wie folgt: – wobei ich nur zum Voraus meine Leser, männliche wie weibliche, von welchem Alter, Temperament und Stand sie immer sein mögen, um der Liebe Gottes und ihrer eigenen Seelen willen bitte und ersuche, sich gegen die Verlockungen und Einflüsterungen des Teufels vorzusehen und nicht zu dulden, daß er durch irgend welche Kunst oder List ihnen andere Gedanken in den Kopf setze, als ich es durch meine Erklärung thue; – denn was das Wort Nase anbelangt, so erkläre ich, daß ich in diesem ganzen langen Nasenkapitel und in jedem anderen Theil meines Werks, wo das Wort Nase vorkommt, – mit diesem Wort eine Nase und nichts mehr oder weniger meine.

76. Kapitel.
    Weil, sagte meine Urgroßmutter und wiederholte die Worte, – Sie eine ganz kleine oder eigentlich gar keine Nase haben, mein Herr. Tod und Verdammniß! rief mein Urgroßvater, und schlug mit der Hand auf seine Nase – sie ist nicht so klein, wie Sie thun! sie ist um einen ganzen Zoll länger als die meines Vaters. – Nun war aber meines Urgroßvaters Nase gerade so wie die Nase aller Männer, Frauen und Kinder, welche Pantagruel auf der Insel Ennasin fand. – Wenn der geneigte Leser den seltsamen Weg kennen lernen will, wie man unter einem so flachnasigen Volke einen Schwager bekommen kann, so muß er eben das Buch lesen; – er selbst wird niemals darauf kommen. [Siehe
Rabelais, livre IV. chap. 9.]
    Sie hat eine Form wie das Kreuzaß, mein Herr.
    Um einen ganzen Zoll, fuhr mein Urgroßvater fort, indem er mit Daumen und Zeigefinger auf den Rücken seiner Nase drückte und seine Behauptung wiederholte – um einen ganzen Zoll ist sie länger als die meines Vaters, Madame.
    Sie müssen die ihres Onkels meinen, erwidert meine Urgroßmutter.
    Mein Urgroßvater war überzeugt. – Er band das Papier wieder auf, und unterschrieb den Artikel.

77. Kapitel.
    Was zahlen wir da für ein unverantwortlich großes Wittwengeding von unserem kleinen Vermögen, mein Lieber? sagte meine Großmutter zu meinem Großvater.
    Mein Vater, versetzte mein Großvater, hatte nicht mehr Nase, meine Liebe, als ich auf dem Rücken meiner Hand, – sie war nur markirt.
    Nun muß der geneigte Leser wissen, daß meine Urgroßmutter meinen Urgroßvater um 12 Jahre überlebte, so daß mein Großvater diese ganze Zeit über das Witthum mit 150 Pfund halbjährlich – an Michaelis und Mariä Verkündigung – zu bezahlen hatte.
    Niemand erledigte Geldverbindlichkeiten auf eine liebenswürdigere Art als mein Großvater; – und bis zu 100 Pfund pflegte er das Geld Guinee für Guinee mit jenem geistreichen Ruck ehrlicher Willfährigkeit auf den Tisch zu werfen, wie noble Seelen, aber nur noble Seelen zu thun im Stande sind; sobald er aber an die weiteren 50 kam – ließ er in der Regel ein lautes Hem! hören, rieb sich die Nase mit dem flachen Theil des Zeigefingers, – schob die Hand vorsichtig zwischen Kopf und Perrückennetz – betrachtete jede Guinee auf beiden Seiten, ehe er sich von ihr

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