Lebendig und begraben
Victor Eight, Antwort bleibt negativ. Gehen Sie vom Funkgerät weg. Over.«
Ich hängte das Mikro wieder auf die Gabel zurück.
»Großartig, Nick«, sagte Diana. »Einfach großartig.«
»Das SWAT-Team wird gleich stürmen.«
»Was bedeutet, dass die besten Leute vom FBI vierzig Meilen entfernt beschäftigt sein werden, während unser Mann seinen Job zu Ende bringt. Komm schon, lass uns von hier verschwinden.«
»Der Zugriff beginnt jeden Moment.«
»Komm mit mir! Ich brauche deine Hilfe.«
»Du weißt, dass ich meinen Posten nicht einfach verlassen darf. Man verlässt seine Position nicht ohne Genehmigung.«
»Man braucht dich hier nicht. Du bist nur eine Beobachterin. Du verschwendest deine Zeit und dein Talent.«
Diana sah gequält aus und wirkte hin- und hergerissen.
»Komm schon«, sagte ich und öffnete die Tür des Suburban.
»Heller!«
»Tut mir leid«, sagte ich und stieg aus.
»Nick, warte.«
Ich drehte mich um.
»Mach es nicht, Nick. Nicht alleine.«
Einen Moment lang schaute ich sie an. Diese faszinierenden, grünen Augen, die wilden Haare. Ich spürte, wie sich etwas in mir zusammenzog. »Ich muss los«, sagte ich.
»Mach es nicht, Nick.«
Vorsichtig drückte ich die Wagentür zu.
90. KAPITEL
Der Marsch zurück zu dem Parkplatz, auf dem ich in ungefähr einer Meile Entfernung meinen Wagen zurückgelassen hatte, war trostlos und zog sich in die Länge. Zuerst ging es über schmale Landstraßen, dann an einer dicht befahrenen Schnellstraße entlang. Aus dem Regen war ein Wolkenbruch von biblischen Ausmaßen geworden. Als ich endlich den Defender erreichte, war meine Kleidung trotz der Regenjacke völlig durchnässt.
Ich stellte die Wagenheizung auf die höchste Stufe und fuhr nach Norden Richtung Pine Ridge. Aus der Dämmerung würde bald Nacht werden, und es regnete immer noch in Strömen.
An dreihundertzwanzig Tagen im Jahr ist der Land Rover ein übermotorisiertes Ungetüm, aber bei den in dieser Nacht vorherrschenden, tückischen Straßenverhältnissen war er der König der Straße. Ich kam an zahllosen gestrandeten Autos vorbei, die an den Straßenrand gespült worden waren und deren Fahrer dort das Ende des Sturmes abwarteten.
Fünfzehn Minuten, nachdem ich losgefahren war, rief mich Diana an. »Sie haben eine Leiche gefunden.«
»Schon identifiziert?«, fragte ich.
»Ja. Der Name ist Kirill Chuzhoi. Mit Dauer-Arbeitserlaubnis in den USA. Lebte in East Rutherford in New Jersey. In Moskau geboren. Steht in Roman Nawrozows Holding ›RosInvest‹ auf der Gehaltsliste.«
»Und in seiner Tasche habt ihr ein gefälschtes Nokia-Handy gefunden«, sagte ich.
»Stimmt. Wahrscheinlich das von Schukow.«
»Nein, wahrscheinlicher ist, dass es sein eigenes Handy ist, mit Schukows SIM-Karte darin.«
»Was?«
»Er wusste, wenn er seine SIM-Karte in das Handy von dem anderen Kerl einlegt, wird bei eurer Suche seine Telefonnummer angezeigt. Ihr würdet denken, ihr hättet ihn endlich gefunden. Und er hatte recht.«
»Aber ich verstehe das immer noch nicht. Warum hat er nicht einfach die Handys getauscht?«
»Hör mal, der Kerl ist gerissen. Er wollte nicht das Risiko eingehen, dass in Chuzhois Handy vielleicht irgendeine Software gespeichert ist, mit der man seine Route nachverfolgen kann. Könntest du mir jetzt mal ein Foto von der Leiche schicken?«
»Bleib dran«, sagte sie. Ungefähr eine Minute später kam sie wieder ans Telefon. »Du solltest es inzwischen haben.«
Ich legte das Gespräch in die Warteschleife, schaute in meine E-Mails und fand das Bild.
Der falsche Justizattaché aus dem brasilianischen Konsulat. Der Kerl, der den Drogendealer im FBI-Büro in Boston umgebracht hatte. Roman Nawrozow hatte ihn wahrscheinlich hingeschickt, um sicherzustellen, dass Mauricio Perreira keine Informationen rausrücken konnte, die ihn mit Alexas Entführung in Verbindung brachten.
Als ich wieder zurück in die Leitung ging, bat ich Diana: »Schick das Foto an Gordon Snyder, okay?«
»Warum?«
»Weil es zeigt, dass Nawrozow in den Mord im FBI-Hauptquartier verwickelt ist.«
»Verstanden. Werde ich machen.«
»Wo bist du jetzt?«, fragte ich.
»Wieder auf dem Weg zum Tatort. Und du?«
»Zweiundzwanzig Meilen entfernt. Aber ich kann nur langsam fahren. Kannst du das Team hierher beordern?«
»Wohin?«
Ich las ihr die GPS-Koordinaten vor.
»Ist das die exakte Position, an der du ihn vermutest?«
»Nein. Das ist das Stadtzentrum von Pine Ridge. Der Bereich umfasst
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